Den Nerv der Wiesseer getroffen

Das gestrige Ortsgespräch zum Badehaus brachte es an den Tag, Thuns Projekt brennt den Wiesseern unter den Nägeln. Dabei entzweit das Vorhaben, statt die Bürger hinter dem Architekten und seinen Befürwortern im Rathaus zu versammeln.

Beim gestrigen CSU-Ortsgespräch kamen rund 100 Zuhörer nach Bad Wiessee.

Was die Orts-CSU Peter Höß hier vormachte, hätte auch ihm gut angestanden, ein Meinungsaustausch mit Bürgern. Dann würde er vielleicht mitbekommen, wie die Wiesseer wirklich ticken. Stattdessen vertraut Bürgermeister Peter Höß lieber darauf, was er an Kritik in Internet-Foren und Leserbriefen mitbekommt oder eben nicht. Zumindest ist er dort nicht unmittelbar mit den Sorgen seiner Bürger konfrontiert. Denn die sparten gestern Abend nicht mit Vorwürfen, zumal beim Ortsgespräch beileibe nicht alles CSU-Gefolgsleute waren.

Deutlich wurde, dass etliche Vermieter mit der Rathauspolitik hadern: kaum Werbung für das Jodbad, ein aus der Zeit gefallener Badepark und kein Architektenwettbewerb für das inzwischen über neun Millionen Euro teure Badehaus samt Nebenkosten von Matteo Thun. Was jeder Wohnungsbesitzer bei einer anstehenden Reparatur macht – verschiedene Angebote einzuholen – unterließ Höß sträflich. Nun ist er auf Gedeih und Verderb Thun ausgeliefert. Der diktiert das Geschehen, ob optisch oder pekuniär. Friss oder stirb, wie es in der Versammlung schallte.

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Taktik des Bürgermeisters?

Sie offenbarte aber auch, dass selbst Gemeinderäte im Unklaren darüber gelassen werden, welche Summen für die bisherigen Planungen ausgegeben wurden. “Weißt du das?” – fragten sich Rainer Kathan (FWG) und Versammlungsleiter Florian Sareiter (CSU). Entsprechend war das Geraune unter den Zuhörern, die über die Informationspolitik im Rathaus nur noch den Kopf schüttelten.

Manche vermuten dahinter eine Taktik des Bürgermeisters. Denn Höß beharrt immer wieder darauf, dass zwar die Gesamtsumme einschließlich notwendiger Quellensanierung bereits bei 9,5 Millionen Euro angelangt sei, er aber die reinen Baukosten nur mit knapp unter fünf Millionen Euro angibt. Wären es mehr, müsste das Vorhaben EU-weit ausgeschrieben werden. Ob dann noch Thun zum Zug käme, dürfte fraglich werden.

Eines machte das Ortsgespräch jedenfalls deutlich, dass es noch viel Gesprächsbedarf im Kurort gibt, damit dieser auch in Zukunft noch Bad genannt werden darf. Ob es damit getan ist, zum besseren Informationsaustausch einen weiteren Arbeitskreis zu gründen, wie Höß ankündigte, darf bezweifelt werden. Noch sind die Gräben zwischen Befürworten und Gegnern des neuen Jodbads tief.

Festzuhalten bleibt, dass es der CSU gestern Abend weitaus besser gelungen ist, die Wiesseer für das Thema Badehaus zu mobilisieren, als der SPD zum gleichen Thema Ende November. Während bei den Christsozialen die Zuhörer den kleinen Saal im Gasthof Zur Post füllten, waren sie bei den Genossen im Stüberl an zwei Händen abzuzählen. Vielleicht war aber auch einfach nur der Zeitpunkt günstiger. So oder so – manchmal macht sich eben eine rege Bürgerbeteiligung bezahlt.

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