Lohnt sich Protest beim Straßenbau?

Bis 2. Mai konnten die Bürger zu den drei Großprojekten in Holzkirchen, Waakirchen und Gmund Stellung beziehen. Sie sind Teil von 1.700 Einzelprojekten bundesweit, die 16.000 Einwände hervorriefen. Dies sei ein Erfolg, sagt Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Doch stimmt dies? Inzwischen hagelt es auch Kritik vom Bundesrechnungshof.

Alexander Dobrindt bei der Vorstellung des Bundesverkehrswegeplans im März 2016 / Quelle: dpa
Alexander Dobrindt bei der Vorstellung des Bundesverkehrswegeplans im März 2016 / Quelle: dpa

Lange wurde um die drei Ortsumgehungen gerungen. Und das Thema bleibt heiß. Mit Ablauf der Frist für die Stellungnahmen zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP) am 2. Mai ist die Kuh noch nicht vom Eis, wie es ein Kommunalpolitiker formulierte. Die Einwände würden nun ausgewertet und „in einem Beteiligungsbericht“ dokumentiert werden, teilt Dobrindts Ministerium auf Anfrage mit.

Dabei wird auch dargestellt, welche Änderungen am BVWP-Entwurf vorgenommen werden. Anschließend wird er vom Bundeskabinett beschlossen. Auf dieser Grundlage berät und verabschiedet der Bundestag Ausbaugesetze, mit denen dann finanziert und gebaut werden kann.

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Voller Stolz verkündete der CSU-Verkehrsminister vergangene Woche: „Online haben wir bislang schon mehr als 16.000 Stellungnahmen erhalten, die nun geprüft und ausgewertet werden.”

Drei umstrittene Großprojekte

Schnell werden die 16.000 Wortmeldungen relativiert, denn sie beziehen sich auf 1.700 Straßenprojekte im BVWP. Wie viele Stellungnahmen es zu den drei Brennpunkten im Landkreis Miesbach gibt, konnte Dobrindts Pressesprecher nicht mitteilen, da die Frist erst vergangene Woche zu Ende gegangen sei.

Auch bei uns pressiert’s!  Gmund, Waakirchen und Holzkirchen sind weit vorn in der Warteschlange der Baumaßnahmen. Für die einen eine gute, für viele andere eher eine schlechte Nachricht: Im „vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes“ (BVWP) 2030 stehen die Südspange zur Umgehung Holzkirchens, die Nordumfahrung von Waakirchen und die Westtangente Gmunds. Sie soll von der B 318 zwischen Moosrain und Dürnbach abzweigen und über Wiesen in Richtung Finsterwald verlaufen. Bei Kaltenbrunn würde die 3,8 Kilometer lange Neubaustrecke wieder in die B 318 Richtung Bad Wiessee einmünden. 47,9 Millionen Euro sind für den Bau eingeplant.

Deutlich weniger ist für Waakirchen veranschlagt. Dort soll die projektierte 2,1 Kilometer lange Südspange nur 6,6 Millionen Euro kosten. In Holzkirchen ist das Gesamtprojekt für 25 Millionen Euro umfassender. Bislang geplant sind die Südspange und der vierspurige Ausbau der B 318.

Werden alle Stellungnahmen ausgewertet?

Angenommen werden darf, dass die jeweiligen Bürgerinitiativen zahlreiche Stellungnahmen initiiert haben. Doch was passiert damit? Das Ministerium (BMVI) hat hierfür offensichtlich einen genauen Fahrplan. Doch wie transparent dieser ist, lässt sich nicht daraus ablesen.Läuft es nach dem Prinzip, alle sagen, was sie wollen, doch am Ende machen wir es, wie der Bund es will?

„Alle Stellungnahmen werden durch das BMVI ausgewertet. Dabei wird das BMVI durch die externen Gutachter unterstützt, die das BMVI auch bei der Erarbeitung des BVWP-Entwurfs fachlich-inhaltlich beraten haben. Sofern aufgrund einer Stellungnahme aus fachlich-inhaltlichen oder rechtlichen Gründen geboten bzw. sinnvoll, wird das BMVI den BVWP-Entwurf überarbeiten“, heißt es auf der Homepage des CSU-geführten Ministeriums.

„Schöngerechnet“

Im nächsten Schritt werde die überarbeitete Fassung des BVWP dem Bundeskabinett vorgelegt. Das Kabinett entscheide zeitgleich nicht nur über den BVWP, sondern auch über die Ausbaugesetze, die auf dem BVWP aufbauen. Nach Kabinettsbeschluss folge dann das parlamentarische Verfahren zu den Ausbaugesetzen. Bevor ein Projekt umgesetzt werden könne, muss es aber ein eigenständiges Planungsverfahren durchlaufen, etwa ein Planfeststellungsverfahren.

Es muss z.B. die genaue Streckenführung festgelegt und Baurecht erteilt werden. Dabei werden öffentliche und private Interessen abgewogen. Betroffene Bürgerinnen und Bürger können dabei ihre Interessen und Hinweise konkret in die Planungen einbringen.

Spätestens hier kommt es wieder zur Bürgerbeteiligung. Doch fraglich ist, ob es soweit kommt. Denn bereits jetzt hagelt es nach Informationen des Bayerischen Rundfunk interne Kritik vom Bundesrechnungshof am BVWP. Alexander Dobrindts Kostenschätzungen seien unrealistisch und die einzelnen Projekte nicht miteinander vergleichbar.

Damit sei das Ziel, eine plausiblere Planung vorzulegen, wieder nicht erreicht worden. Die Kosten und damit auch der Nutzen bestimmter Straßen seien nicht verlässlich ermittelt worden, so die Kritik des Bundesrechnungshofes. „Damit besteht der Verdacht, dass einige Projekte schön gerechnet wurden“.

Auch die Bürger durften sich äußern - doch wieviel ist das bei der endgültigen Entscheidung wert?
Auch die Bürger durften sich äußern – doch wieviel ist das bei der endgültigen Entscheidung wert?

Im Klartext: Viele Straßen dürften wieder viel teurer werden, wenn sie tatsächlich gebaut würden. Das durfte der Bund erst kürzlich in Warngau erleben, wo sich die veranschlagten Kosten für die Tieferlegung der Bundesstraße mal eben fast verdoppelt haben. Werden Kosten künstlich niedrig veranschlagt, hat das einen hübschen Nebeneffekt.

Damit könnten Straßen, deren Nutzen in Frage steht, zu Unrecht als “wichtig und sinnvoll” in die höchste Priorität der Planung gerutscht sein. Aus Sicht des Rechnungshofs müssten auch die Planungen für den Ausbau von Bundesstraßen noch einmal komplett auf Plausibilität überprüft werden. Ob und wie der Landkreis Miesbach davon betroffen ist, war aus dem Ministerium nicht zu erfahren.

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