Wenn Banken kreativ werden und warum es lukrativ ist den Tegernsee leertrinken zu wollen

Alice im Oberland: Eine Kolumne von Gesina Stärz
Ist es möglich sich zu einer bestimmten Uhrzeit an den Schreibtisch zu setzen und kreativ zu sein, sozusagen auf Abruf? Das fragen mich manchmal Leute. Ich sage ja.

Denn für mich besteht Kreativität vor allem in der neuen Kombination von bereits vorhandenen Informationen. Kreativität ist also eine Art Kombinationsspiel. Ein Prozess. Und natürlich ist es möglich auch auf Abruf mit Informationen zu spielen.

Wir blockieren uns nur oft selbst, wenn wir ohne Prozess sofort ein grandioses, einzigartiges Ergebnis aus uns heraus zaubern wollen, wie der Zauberer das Kaninchen aus dem Hut.

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Kreativität ist überall willkommen

Kreativ ist übrigens jeder Mensch. Kreativität gehört zur Natur des Menschen. Sie ist eine der zehn psychischen Widerstandskräfte, die uns Krisenzeiten und Belastungssituationen überleben lassen. Das haben Forscher bereits in den 70er Jahren festgestellt.

Wir finden neue Wege, um beispielsweise eine schwierige Lebenssituation zu meistern. Allerdings wird nicht in jedem Bereich unserer Lebens- und Arbeitswelt Kreativität als willkommene Human Ressource gesehen. In der Banken- und Finanzwelt galt bisher als ungeschriebenes Gesetz, dass das Wort Kreativität nicht ausgesprochen werden darf.

Das Wort „kreativ“ war gleichbedeutend mit unseriös. Doch heute ist das Finanzsystem in einer Krise und in der dürfen, ja müssen, Ressourcen aktiviert werden. Warum nicht die Ressource Kreativität? Wen wundert es also, dass neuerdings die Commerzbank eine Wette auf den eigenen Untergang anbietet. Fällt die Aktie der Commerzbank unter einen Euro, dann kann der Anleger mit zwei Optionsscheinen, die die Commerzbank herausgibt, Gewinne machen.

Das klingt nach den skurilen Geschichten des Barons Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen haben soll. Auch wenn das nach den physikalischen Gesetzen nicht möglich ist, glauben wir doch irgendwie daran, dass dies möglich sein könnte, oder?

Wetten auf die eigene Niederlage – ein todsicheres Geschäft

Vielleicht sollten alle dem Untergang geweihten Kreditinstitute, Staaten und Unternehmen und vielleicht sogar Menschen wie du und ich solche Untergangswetten anbieten. Wetten, dass die Gewinne gigantisch wären.

Untergänge haben doch gerade Hochkonjunktur, warum daraus nicht ein Geschäft machen? Der Kreativität wären keine Grenzen gesetzt: Wetten, dass der Umsatz meines Geschäftes im kommenden Jahr unter 20 000 Euro rutscht. Wetten, dass ich im kommenden Jahr mehr Geld ausgebe, als ich einnehme. Wetten, dass ich es bis Weihnachten nicht schaffe, zwanzig Kilogramm abzunehmen. Wetten, dass ich es nicht schaffe den Tegernsee leerzutrinken.

Je wahrscheinlicher es ist, dass die Wette verloren wird, umso höher sind die Gewinnaussichten. Es lebe der Untergang, oder?

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