„Da läuten bei mir sämtliche Alarmglocken“

Ein Landschaftspflegeverband soll das Landratsamt als Naturschutzbehörde unterstützen. Vertreter werben dafür derzeit in den einzelnen Kommunen. Doch bisher hält sich die Begeisterung in Grenzen. Sowohl in Gmund als auch in Rottach-Egern ist man zunächst eher skeptisch.

Soll ein Landschaftspflegeverein für den Landkreis Miesbach gegründet werden? / Bild: Florian Ziereis

Josef Faas und sein Kollege Florian Busl von der Naturschutz-Abteilung des Landratsamts Miesbach hielten am Dienstag-Abend zeitgleich Vorträge über die Gründung eines Landschaftspflegeverbandes – Busl in Rottach und Faas in Gmund. Dabei wollten die Gemeinderäte vom Nutzen eines solchen Verbandes überzeugen.

Landschaftspflegeverbände (LPV) gibt es bereits auf zweidrittel der Fläche Bayerns. Nun soll auch im Landkreis Miesbach einer gegründet werden. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um einen eingetragenen Verein mit Mitgliedern, Vorstand und Fachbeirat. Aufgebaut wird dieser auf der sogenannten Drittel-Parität, sprich der Vorstand besteht aus 12 Personen aus drei verschiedenen Gruppen: Landwirte, Naturschützer und Kommunen.

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Der Vorstand stellt dann einen fachkompetenten Geschäftsführer ein. „Die Aufgaben sind unterschiedlich: Das wichtigste ist die praktische Umsetzung von Landschaftspflegemaßnahmen. Außerdem kann er Fördermittel aus verschiedenen staatlichen Programmen im Sinne des Naturschutzes akquirieren“, erklärt Faas. Konkrete Aufgaben wären unter anderem die Mahd, Beweidung, Pflanzungen und Artenschutz.

Verband wird durch Kommunen und Landkreis finanziert

„Der Landschaftspflegeverband würde in Miesbach beispielsweise die Erstpflege brachgefallener Streu-Wiesen, die Landwirte nicht mehr bewirtschaften, übernehmen. Das würden wir als Landratsamt dem Verband übertragen. Damit hätte er von Anfang an bereits ein gewisses Aufgabenvolumen“, erklärt Faas weiter. Wichtig zu betonen sei für ihn, das die Maßnahme kostenneutral bleibt – egal, ob der Auftrag von einer Privatperson (Landwirt), einer Gemeinde oder dem Landratsamt kommt.

Denn finanziert wird der Verein hauptsächlich durch Beiträge vom Landratsamt und den Kommunen. Für den Anfang wurde ein Betrag von 35 Cent pro Einwohner in einer Gemeinde als Jahresbeitrag vorgeschlagen. In Gmund wären das zum Beispiel rund 2000 Euro pro Jahr. Damit fallen jedoch keine Extra-Kosten mehr an, sollte die Gemeinde den Verein für eine Maßnahme beauftragen. Faas ist sich sicher:

Ich bin mir sicher, dass der Landschaftspflegeverband bei uns von Anfang an funktionieren kann.

Landwirte können daraus sogar einen Vorteil ziehen. Sollte ein Landwirt eine Fläche pflegen oder wieder bewirtschaftbar machen, kann er vom Pflegeverband dafür bezahlt werden. Busl und Faas stellen das Projekt derzeit in allen Gemeinderäten vor. In Waakirchen stand man dem Vorhaben eher kritisch gegenüber und vertagte die Entscheidung.

Doch andere Kommunalpolitiker sind bereits überzeugt, wie Faas erklärt: „Mir ist sehr wichtig gewesen, wer aus den Kommunen im Vorstand sitzt. Da kann ich schon mal verraten, dass Warngaus Bürgermeister Klaus Thurnhuber und Bayrischzells Bürgermeister Georg Kittenrainer mitmachen würden. Auch Landrat Wolfgang Rzehak würde den Verband persönlich unterstützen.“

Gmund:

In Gmund war man ebenfalls eher skeptisch. Vor allem Gmunds Bürgermeister Georg von Preysing erklärte seine Zweifel. Bereits bei der Bürgermeisterdienstbesprechung, als das Projekt erstmalig vorgestellt wurde, habe er einige Bemerkungen gemacht. „Uns muss klar sein, dass der Verband selbst keine Arbeiten durchführt.“

Der Verband vergebe diese nur an Dienstleister. Deshalb sei er so erstaunt gewesen, dass einige seiner Bürgermeister-Kollegen „mit olle vier Haxn auf den Landschaftspflegeverband aufgsprunga san.“ Die Gemeinde Gmund habe bisher alle Arbeiten an einheimische Landwirte übergeben und „nur beste Erfahrungen gemacht.“ Er sei überzeugt, dass der Verband so oder so begründet werde. Daher wolle er die Entscheidung an seinen Gemeinderat weitergeben, ob auch Gmund dabei ist. Johann Huber (CSU) – selbst Landwirt – sieht es positiver als der Rathaus-Chef:


Das Ganze geht ja jetzt schon seit einigen Jahren. Bisher kam der Naturschutz immer auf dem hohen Ross daher und die Landwirte haben alles machen müssen, was der Naturschutz sagt. Aber so gefällt es mir ganz gut, dass in dem Verband der Naturschutz, Landwirte und die Kommunen mit dem gleichen Gewicht entscheiden können.

Wichtig sei für ihn in erster Linie, „dass Ausschreibungen weiter an Hiesige gehen.“ Während sich für Vize-Bürgermeister Georg Rabl (FWG) der Mehrwert für die Gemeinde nicht ganz erschloss, wurde Dritter Bürgermeister Herbert Kozemko (CSU) noch deutlicher: „Ich bin der Meinung, dass es dabei weniger um die Sache geht, als vielmehr um’s Geld – und profitieren wird der Geschäftsführer.“ Bei ihm läuten sämtliche Alarmglocken:

Ein Landwirt pflegt seine eigene Flächen und bekommt dann auch noch Geld dafür? Da frag ich mich: geht’s eigentlich noch? Erst lässt er die Wiesen verkümmern, dann richtet er sie wieder her und bekommt dann auch noch öffentliche Gelder. Da stellt’s bei mir die Haare auf.

Da man in Gmund davon ausgehe, dass der LPV gegründet wird, entschied sich der Gemeinderat nach langer Diskussion für die Gründung und die Beitreten am LPV – mit 12 zu Vier Stimmen. Mit Blick auf Faas sagte Preysing abschließend, „Aber ich verlass mich da auf euch. Ich weiß schließlich, wo du wohnst.“

Rottach-Egern:

In Rottach sprach sich Bürgermeister Christian Köck in diesem Zusammenhang das Suttengebiet an. Bei der Pflege der Landschaft sei in Rottach das Problem die Sutten. „Dort wuchert
das Indische Springkraut.“ Dies würden zwar seit 15 Jahren Ehrenamtliche entfernen, „die dies in aufopferungsvoller Arbeit machen“. Doch sie stoßen an ihre Grenzen, weil das Kraut auch an schwer zugänglichen Stellen heimische Pflanzen verdrängen würde.

Die Helfer bräuchten dringend Unterstützung.

Es sei mit der Gruppe im Kontakt, so Busl vom Landratsamt. Doch der LPV kann nicht auf jeden Anruf reagieren, „Springkraut hier, Springkraut da“. Hier müsse man mehr die Ursache bekämpfen, die ungepflegten Flächen. Nur dort könne es sich ausbreiten. „Eine gepflegte Fläche ist kein Quell für das Springkraut“. Hier könnte der LPV langfristig gesehen eingreifen.

Vize-Bürgermeister Josef Lang (CSU) warb vor einer Abstimmung, ob Rottach-Egern den LPV mitgründen soll, dafür, sich auch in anderen Landkreisen wie Traumstein und Ebersberg umzuhören, welche Erfahrungen dort bereits mit dem Verband gemacht
werden. „Inzwischen hätten sich etliche Landkreise diesem Verband angeschlossen“, warb dagegen Köck.

Obwohl laut Rathaus-Chef zunächst ein gewisses Misstrauen vorhanden gewesen sei, habe man auf Dauer gemerkt, dass eine Mitgliedschaft auch Vorteile bringe. Klärungsbedarf sieht man in Rottach trotzdem, ob der LPV dann in Konkurrenz zur Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts tätig werde. Busl, selbst in Miesbach tätig, stellte klar, wenn man der Landschaftspflege in der Gemeinde „mehr Gewicht“ geben wolle, dass man dann beitreten müsste. Vorherrschende Meinung am Ratstisch war, eine Entscheidung über den Beitritt auf 10. Oktober zur nächsten Gemeinderatssitzung zu verschieben. „Dann wird ein Beschluss gefasst“ so Köck.

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