Der Kaiwiplärrer vom Ringsee

Neben den historisch klar belegbaren Fakten, die die Geschichte des Tegernseer Tals beschreiben, existieren auch zahlreiche Mythen und Sagen rund um den See. Im vierten Teil unserer Serie geht es um den Kaiwiplärrer vom Ringsee.

Die Ringseeinsel – früher ging es am Ufer hoch her.

Dieser südwestlichste Bereich des Tegernsees, nahe dem Ortsteil Ringsee der Gemeinde Kreuth, macht der Größe nach den Gegensatz zum großen Tegernsee deutlich. Nomen es omen: der Name Ringsee kommt von dem kleinen Wörtchen „gering“. Am Ufer eben dieser Bucht soll Erzählungen zufolge früher ein sogenannter „Kaiwiplärrer“ sein Unwesen getrieben haben.

Ein verwunschener böser Abt soll es gewesen sein, der als grausige Spukgestalt umherlief – mit einem Kalbskopf aus einer schwarzen Mönchskutte herausschauend, Arme und Beine als Kälberfüße, hinten mit einem Schwanz versehen. Und das soll gar nicht allzu lange her gewesen sein. Noch im vorigen Jahrhundert soll man das unheimliche Brüllen gehört haben, dass es einem durch Mark und Bein ging.

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Zum Hergang sind folgende Aufzeichnungen überliefert: Zu damaligen Zeiten wurden Steuern und Abgaben auch schon als drückend empfunden. Die Bauern waren verpflichtet, das erste Kalb einer jeden Kuh an das Tegernseer Kloster abzugeben. Ein ausnehmend harter Abt ließ sich ganz besondere Gebühren einfallen. So musste man während dessen Amtszeit bei der Hochzeit des Bauern die schönste Kuh abgeben. Auch im Todesfall des Hofvorstandes verlangte der Klostermann die „Besthaupt-„Steuer.

Ungerechter Kirchendiener wird zum Kaiwiplärrer

Doch eines Tages lehnte sich die Witwe eines armen Kleinbauern gegen diese Ungerechtigkeit auf. Als die Helfershelfer des Klosters ihr eine schmucke Kalbin – die sie eigentlich verkaufen und davon leben wollte – entzerrten, verwünschte sie den Abt. Kaum ausgesprochen, so starb der unbarmherzige Mann und musste ab da selber als Kalb umgehen und „plärren wie ein Kaiwi.“

Man erzählt sich die wildesten Geschichten, die sich im Sterbezimmer des Kirchenmannes zugetragen haben sollen. So sollen immer wieder die Fensterscheiben zerbrochen und in die Steinplatten der Abdruck eines Kälberfußes eingepresst gefunden worden sein. Auch das laute Getrappel einer Kälberherde will man gehört haben. Doch am schlimmsten und lautesten soll der „Kaiwiplärrer“ – also der verwunschene Abt – am Ringseeufer gewütet haben. Besonders in der Gegend um das „Grüne Wasserl“, die manche noch als kleines, nettes Skigebiet kennen.

Einem neugierigen Knecht, der es einmal live sehen wollte, spielte das Gespenst übel mit. Es saß auf einer Zaunsäule und plärrte ihn laut an. Als der Erschreckte weglief, verfolgte ihn der Geist bis ans Ende des Ringseeufers. Nur mit Mühe konnte der Arme nach Hause entkommen, wurde jedoch krank und starb alsbald.

Ende gut, alles gut ….

Doch dann kamen bessere Zeiten: der neue Kirchenmann war ein Gutmensch. Er wies seinen Vorgänger in die Schranken, indem er ihn in eine gut verschlossene Flasche presste und ihn auf dem Guffert – drüben in Tirol – aussetzte. Heute macht die rund 14 Hektar große Ringseebucht einen recht friedlichen Eindruck. Und kein verwunschener Abt plärrt mehr.

Ende gut, alles gut. Aber nicht alle der unheimlichen Erzählungen, die um den See herum kursieren, gingen so gut aus. Ob diese einen wahren Kern haben oder gänzlich im Reich der Mythen und Sagen zu verorten sind, lässt sich nicht genau sagen.

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