Experte hält nichts von Tegernseer Parkhaus

Gestern stellte Parkexperte Rainer Schneider auf Einladung der Geschäftsleute Tegernsee einige Ideen und Visionen vor, wie das Parkplatzangebot in der Stadt verbessert werden könnte.

Dabei plädierte er dafür, zunächst ein Grundkonzept zu erarbeiten und sich dann um die Parkplätze zu kümmern. Wichtig sei es vor allem, die Rosenstraße aufzuwerten. Ein Parkhaus lehnt Schneider allerdings ab. Zumindest oberirdisch.

Rainer Schneider und Peter-Friedrich Sieben machen sich Gedanken über die Parkplatzsituation in Tegernsee
Rainer Schneider und Peter-Friedrich Sieben machen sich Gedanken über die Parkplatzsituation in Tegernsee.

Rainer Schneider hatte bereits vor knapp zwei Jahren ein Gutachten zu der Parkplatzsituation in Tegernsee durchgeführt. Darin kam er zu dem Schluss, dass die Stadt eigentlich nicht mehr Parkplätze brauche, als es derzeit bereits gibt. „An einem beispielhaften und meistbesuchten Tag, einem Samstag im Sommer gegen 15 Uhr, besitzt die Stadt im entscheidenden Bereich um Haupt- und Rosenstraße 75 Parkplätze zu viel“, heißt es in der damaligen Bedarfsanalyse.

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Grundsatzentscheidungen treffen

Und so zeigte sich Schneider auch gestern davon überzeugt, dass man zunächst den vorhandenen Parkraum maximal ausnutzen muss, ehe man an weitere Maßnahmen denken sollte. „Das müsste eigentlich jedem ökonomisch denkenden Menschen einleuchten.“

Generell plädierte er dafür, dass man beim Thema Parken mit einem Konzept an die Sache herangehen soll. Dafür müssten in erster Linie von politischer Seite gewisse Grundsatzentscheidungen getroffen werden. Beispielsweise, welche Art von Tourismus man in der Stadt haben will:

Wenn ich zum Beispiel mehr auf Seniorentourismus setze und hier alles möglichst barrierefrei gestalte, brauche ich keine Parkplätze, weil diese Leute alle mit dem Bus kommen. Will ich aber die „hippen“ Münchner mit ihren Cabrios, brauche ich hingegen sehr viele Parkplätze. Am besten noch mit allerlei elektronischen Hilfsmitteln wie Parkplatz-Apps.

Das Parkkonzept müsse also in das Gesamtkonzept eingebettet werden. Denn diese Maßnahmen können nur unterstützend wirken. Nichtsdestotrotz sei es wichtig, dass Konzept und Parkplatzsituation miteinander in Einklang gebracht werden, zeigte sich Schneider überzeugt.

Unterschiedliche Interessen

Dabei gebe es in der Innenstadt von Tegernsee grundsätzlich drei Personengruppen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Zum einen die One-Stop-Shopper. Diese wollen zum Beispiel schnell zum Bäcker und fahren dann wieder weg. Durchschnittliche Parkdauer rund zehn Minuten. „Für diese Leute braucht es Parkplätze in direkter Nähe der Geschäfte, da es sonst heißt, die Innenstadt wäre nicht erreichbar“, so Schneider.

Anders sieht es bei den anderen beiden Gruppen aus. Diejenigen, die zum Shoppen oder sogar für einen Tagesausflug in die Stadt gehen, seien seiner Meinung nach auch bereit, auf weiter entfernten Parkplätzen zu parken und dann ein paar Minuten zu laufen. „Parken hat sehr viel mit subjektivem Empfinden zu tun. Und dieses definiert sich mehr durch Entfernungen als durch Tarife.“

Die One-Stop-Shopper brauchen also viele Parkplätze direkt bei den Geschäften mit einem hohen Umschlag an Fahrzeugen pro Tag. Die anderen Gruppen weiter entfernte Plätze, an denen auf Dauer das Parken aber günstiger ist. Dies lasse sich mit der Gebührenordnung und der Höchstparkdauer schnell regeln, meint Schneider.

Gäste entschleunigen

Tatsächlich sei es sogar gut, wenn sich die Langzeitparker weiter weg von ihrem Auto befänden. So sei die Hemmschwelle größer, wieder wegzufahren. „Ziel ist es, die Menschen zu entschleunigen und in der Stadt zu behalten. So trinken sie vielleicht noch einen Kaffee oder gehen in ein weiteres Geschäft“, so der Parkexperte.

Dies bekräftigte in der anschließenden Diskussion auch Petra Berger von der TTT. Man solle aufhören, den Verkehrsstrom immer als Problem zu sehen, sondern vielmehr als Chance. So hätten Statistiken der TTT ergeben, dass der durchschnittliche Tagestourist mehr als 120 Euro im Tal lasse. „Es ist unsere Existenz, die hier durchs Tal fährt“, bekräftigte Berger.

Ähnlich sah das auch der Vorsitzende der Tegernseer Geschäftsleute, Peter-Friedrich Sieben. Tegernsee müsse an seiner Willkommenskultur arbeiten. So sei beispielsweise ein Hinweis auf die Rosenstraße wichtig, der diese als Einkaufsstraße ausweist. „Bevor man heute etwas bemerkt, ist man schon in Rottach-Egern“, zeigte sich Sieben überzeugt.

Rosenstraße aufwerten

Generell gelte es, die Rosenstraße aufzuwerten. Denn durch die vielen parkenden Fahrzeuge sieht diese derzeit nicht besonders ansprechend aus. „Ebenerdiges Parken ist einfach hässlich“, findet auch Experte Schneider. Sein Vorschlag wäre hier für den Anfang ein sogenannter Shared-Space. Sollte das nicht funktionieren, könne man diesen mit wenig Aufwand auch wieder zurückbauen.

Die Rosenstraße als Fußgängerzone? Thomas Müller brachte diese Idee schon beim Arbeitskreis Ortsmitte ein / Quelle:  M. Königsbeck, Th.Müller
Die Rosenstraße als Fußgängerzone? / Quelle: M. Königsbeck, Th.Müller

Als Ausgleich allerdings ein Parkhaus zu bauen, hält Schneider für wenig sinnvoll. „Ich finde, in einem touristisch geprägten Ort müssen wir nicht mit so einem Tanker das Ortsbild verschandeln“, so Schneider. Wenn man ohnehin schon so viel Geld in die Hand nehme, wie beim Hornparkplatz gedacht, könne man auch die Sparkassen-Tiefgarage ausbauen und damit weiter „Parkplätze unter die Erde buddeln“. Eine erweiterte Lösung inklusive Ausfahrt am Zentralparkplatz hätte, so Schneider, am meisten Charme.

Von Bürgermeisterkandidat Thomas Mandl auf kurzfristige Lösungen angesprochen, erklärte er, dass man zunächst neue Schilder aufstellen sollte, um so die Gäste auf vorhandene Parkplätze hinzuweisen. Gleichzeitig sollte man vor allem überlegen auch die Park-Tarife nach dem vorher angesprochenen Konzept zu ordnen.

Zum Abschluss der Veranstaltung dankte Stadtrat Andreas Obermüller den Geschäftsleuten und Schneider für seinen Vortrag, ärgerte sich aber auch über die damalige Entscheidung des Stadtrats, Schneider nicht einzuladen. „Das war eine klare Fehlentscheidung. So viele Informationen wie heute haben wir nie bekommen“, so Obermüller mit Blick auf die vielen Diskussionen im Tegernseer Gremium.

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