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Eine Metzgerfamilie erbaute das Anwesen am Ufer der Mangfall im Jahr 1793. Im Kellergewölbe zeugen die Schlachthaken noch vom bürgerlichen Beruf der Hausherren. 1822 erwarb der königliche Revierjäger Johann Baptist Mayer das Anwesen, welches seitdem als „Jagerhaus“ bekannt ist. Der neue Eigentümer verlieh dem Haus nicht nur einen neuen Namen, sondern befleckte seine Geschichte mit einem grausigen Vorfall, der „Jägerschlacht im Gmund“.
Hinter der Fassade steckt mehr als erwartet
Jäger Mayer war damals dem Hof in München unterstellt und pflegte im Tegernseer Tal ein großes Revier. Seine Grenzen reichten von Gmund aus bis zu Schlierseer und Lenggrieser Flur und nördlich bis zur Miesbacher Stadtgrenze. „Er stand schon damals in dem Ruf, grausam zu sein“, erklärt Priska Büttel vom Verein Heimatfreunde Gmund.
Die Geschichte handelt von einem grauenvollen Todesfall eines jungen Bauernburschen, an dem Mayer beteiligt gewesen war. Dieser zog einen Racheakt nach sich, der dem Jäger das Leben kostete.
Vieles ist nicht mehr nachzuvollziehen. „Durch Nacherzählungen unter anderem von Ludwig Thoma können die Geschehnisse zwar rekonstruiert werden, doch was davon wirklich wahr ist, weiß keiner genau“, so Büttel.
Nur so viel ist zu sagen: Relikte aus dem Racheakt sind im Heimatmuseum ausgestellt. Außerdem wurde bei der Recherche zu Mayer seine Personalakte in der Staatsbibliothek entdeckt- so konnte man nun die Geschehnisse rund um die „Jagerschlacht“ sowohl von der literarischen als auch von der offiziellen Seite aus beleuchten. Die Ergebnisse sind in einer umfassenden Veröffentlichung zusammengefasst, die im Jagerhaus zu erwerben ist.
Nicht nur ein Museum…
Nicht nur Objekte aus dem Leben und der Zeit des Jägers Mayer können die Besucher begutachten. Heute ist das Heimatmuseum in verschiedene Schwerpunkte gegliedert. Das frühere Leben an der Mangfall, den Anfang der Papierherstellung im Tal oder die langjährige Trachtentradition sind nur wenige Beispiele. „Unser enormer Fundus an Textilien ist der größte Bereich“, erklärt Büttel.
Die Anfänge des Museums gehen auf das Jahr 1997 zurück als damals Rektor Waldemar Rausch und seine Mitstreiter das Haus eröffneten. Zuvor sammelten sie alle Objekte, die etwas mit der Heimatgeschichte zu tun hatten. „Das Haus ist voller und voller geworden und wurde immer wieder um weitere Bereiche erweitert.“, berichtet Priska Büttel.
Die Vereinsmitglieder der Heimatfreunde Gmund haben dann angefangen die rund 2350 Objekte zu zählen, zu inventarisieren und ein Museumskonzept aufzubauen. Mithilfe von Sponsoren konnten so die verschiedenen Ausstellungsbereiche geschaffen und auch mit modernen Elementen, wie mediale Informationstafeln, ausgestattet werden. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, vor allem spezifische Themen der Gemeinde Gmund aufzugreifen und dem Museum dadurch ein Alleinstellungsmerkmal zu verschaffen.
Stolz sind die Mitglieder vor allem auf ein besonderes Stück, erklärt Büttel: „1977 hat man am Steinberg einen spektakulären Fund gemacht. Es wurden Scherben eines Tongefäß gefunden, das auf das Jahr 1500 vor Christus datiert ist.” Damals, im Jahr 1988, sei es einer der ersten Beweise für die Besiedlung im nördlichen Alpenraum in dieser Gegend gewesen. “Von diesem Tongefäß haben wir im Heimatmuseum ein Replik ausgestellt.“
Mehrere Standbeine, viele Facetten
Der verantwortliche Verein hat dem Gmunder Heimatmuseum mehrere kulturelle Facetten gegeben. So finden in den Räumen im Erdgeschoss jährlich bis zu sechs Ausstellungen statt. Das Haus präsentiert die Werke von Kunsthandwerkern, Fotografen oder Malern. Peter Rummel, Zweiter Vorsitzender des Vereins, berichtet:
Die wohl größte und bekannteste Ausstellung ist die ‚Gmundart‘, die sich im Haus etabliert hat.
Besucher können im Jagerhaus aber auch musikalische Veranstaltungen besuchen oder an verschiedenen Vorträgen der Volkshochschule teilnehmen. Auf die Frage, weshalb sich Priska Büttel mit so viel Engagement dem Heimatmuseum widmet, antwortet sie: „Ich sehe die Notwendigkeit. Wenn man die Geschichte nicht festhält, wird sie einfach vergessen.“
Die Tätigkeit im Museum lenkt ihren Blick auf neue und interessante Dinge, erklärt sie weiter. „Man profitiert auch selbst davon: Es ist erstaunlich, was man selbst für sich hier alles entdecken kann. Außerdem ergeben sich immer wieder neue und spannende Begegnungen.“
Rummel betont, wie wichtig es sei, diesen geschichtlichen Schatz an die Jugend weiterzugeben. Es kämen zwar auch junge Menschen ins Heimatmuseum, aber der Verein selbst leidet an akutem Nachwuchsmangel und ist über jede Hilfe dankbar. Wer wissen möchte, wie die Menschen früher im Tal lebten, woher Tradition und Brauchtum stammt, kann das Gmunder Jagerhaus kostenlos besuchen. Und dabei gleich die dunklen Geschehnisse um den Jäger Mayer herausfinden.
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