Helfen für den Moment

Schnee und eisiger Wind. Mit jedem Wintereinbruch in Rumänien verschärft sich die Lage der eingefangenen Straßenhunde in ihren notdürftigen Zwingern. Claudia Hummel aus Kreuth hatte die Bilder der „vergessenen Hunde“ auf Facebook gesehen. Sie gingen ihr so nahe, dass sie eine Hilfsplattform gründete.

Man nennt sie die "vergessenen Hunde" - in Rumänien haben sie wenig Chancen auf eine frohe Zukunft
Man nennt sie die „vergessenen Hunde“ – in Rumänien haben sie wenig Chancen auf eine frohe Zukunft.

Mit zitternden Hunden fing alles an. Der Winter war in Rumänien vergangenes Jahr heftig hereingebrochen. Die Tierschutzorganisationen bekamen ein Problem. Im offenen Zwinger lag der Schnee zwei Meter hoch. Die Vierbeiner, die sie von der Straße gerettet hatten, konnten nirgendwo Unterschlupf finden. Deutsche Tierhelfer in Rumänien hatten zwar ein Auffanglager für Straßenhunde bereitgestellt, doch es war nicht überdacht.

Spender und Empfänger werden personifiziert

Claudia Hummel saß in Schärfen an ihrem PC und traute ihren Augen kaum. Auf Facebook sah die Unternehmerin die Fotos der fast erfrorenen Hunde. Sie gingen ihr so nahe, dass sie das Gefühl hatte, sofort etwas unternehmen zu müssen. Kurzerhand klemmte sie sich ans Telefon und kontaktierte alle Speditionen, die sie finden konnte.

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Sie bat um aussortierte Lastwagen-­Planen. Ihre Idee war es, daraus ein provisorisches Dach für die Hundeunterkunft zu bauen.

Ich hätte nie gedacht, wie viele Firmen bereit sind, sich zu engagieren.

Ein Drittel ihrer Gesprächspartner bot Hilfe an. Sie waren just in dem Moment für die Notleidenden da, als sie gebraucht wurden. Am Ende konnten die LKW-Planen nach Rumänien gebracht und zweitausend Quadratmeter Fläche mit wasser-­ und windfesten Planen bedeckt werden. Die Tiere waren nun vor dem heftigen Schnee, der ihr Leben bedroht hatte, geschützt.

Die Hilfsbereitschaft erstaunte Claudia Hummel. Als Unternehmerin erkannte sie schnell die Zusammenhänge. Hilfsbereite helfen dann besonders gerne, wenn sie wissen, wofür ihr Engagement verwendet wird und später möglichst ein Ergebnis sichtbar ist. Zudem wünschen sich Spender häufig auch, dass ihre Spende anerkannt wird, also so etwas wie ein kleines „Dankeschön“.

Von Merseburg über Wiessee nach Scherfen

„Es gibt so viele unterschiedliche Hilfsprojekte – und so viele Leute, die bereit sind, sich sozial zu engagieren. Egal, ob das jetzt die LKW-Planen für die Hunde sind. Oder das Kleidungsstück, das man einem Hilfstransporter spendet. Wenn man dann ein Mädchen mit dem Kleid herumlaufen sieht und es hat Freude dran, dann ist das doch ein schöner Erfolg, so Hummel.

Wie kann ich unbekannte Hilfsvereine und Spender zusammenbringen?

So überlegte die 41-Jährige, die in ihrer Scherfener Wohnung mit zwei Perserkatzen zuhause ist. Ursprünglich gebürtig in Merseburg, zog es sie vor dreizehn Jahren über Bad Wiessee und Dürnbach nach Schärfen. „Ich war noch nie ein Stadtmensch“, gibt die Tierfreundin zu.

Auf Facebook testete sie ihre Idee und bat Personen, zu veröffentlichen, wenn sie Futter, Decken, Baumaterialien oder sonstige Sachspenden übrig hätten. Menschen, die bei Hilfsprojekten arbeiten, konnten die Einträge sehen und die gewünschten Güter bei den Spendern abholen. Innerhalb kürzester Zeit hatte die Gruppe 500 Mitglieder – ein beachtlicher Erfolg. Das einzige Problem: Auf Facebook kann man nicht ordnen. „Man findet nichts“, sagt Hummel.

Deshalb entschied sie sich kurzerhand, eine eigene Plattform zu schaffen. www.spendenmarktplatz.de – so lautet die Adresse des Portals für Sachspenden, auf dem sich die Anbieter von Spenden einen Überblick verschaffen können, was wo gebraucht wird. Hilfsorganisationen können sich schnell und einfach registrieren. Die Plattform ist für beide Seiten vollkommen kostenfrei.

Überfluss wird besser verteilt

Für Unternehmen ist das Ganze eine Imageplattform. Für Privatpersonen eine Gelegenheit, helfen zu können und zu wissen, wie die Spenden verwendet werden, wo alles ankommt. Eine große Chance ist die Plattform gerade für kleinere, regionale Hilfsvereine, die nicht so bekannt sind. „Wer helfen will, musste sich bisher durch viele Websites klicken, um die Organisation zu finden, die zu einem passt – jetzt geht das einfacher.“ Der Spendenmarktplatz ist für Vereine, Hilfsorganisationen als auch Privatpersonen kostenlos nutzbar. Jeder der um Hilfe bittet, soll Hilfe erhalten. Humanitäre Hilfe als auch der Tierschutz werden so aktiv unterstützt.

"Soziale Plattformen sind zu unflexibel" meint Claudia Hummel
„Soziale Plattformen sind zu unflexibel“, meint Claudia Hummel.

Claudia Hummel selbst verbindet mit ihrem Spendenmarktplatz den Trend der „Sharing Economy“. Laut Wikipedia wurde dieser Begriff von dem Harvard-Ökonomen Martin Weitzman geprägt und besagt im Grunde, dass sich der Wohlstand für alle erhöht, je mehr unter allen Marktteilnehmern geteilt wird. „Der Überfluss wird besser verteilt“, davon ist Hummel überzeugt.

Im Keller, auf dem Speicher, in der Garage – jeder hat bestimmt viele Sachen herumliegen, die nicht mehr gebraucht werden. „Es ist so leicht, mit Sachspenden zu helfen“, findet Sie. Jeder, der sich gerne sozial engagieren möchte – sei es mit Geld, Gütern oder Zeit – findet hier die passenden Hilfsprojekte in seiner Umgebung.

Hummel plant unterdessen schon die Weiterentwicklung ihrer Plattform. Diese möchte sie auf eine neue Ebene heben. Mit mehr Funktionen und einem erweiterten Wirkungskreis. „Bisher ist nur Deutschland hinterlegt, jetzt sollen Österreich und Schweiz folgen“, wünscht sie sich. Dazu sucht sie nun Investoren, die sich beteiligen.

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