Hetzen ja –­ aber bitte mit Smiley

Unser Staat schützt uns. Uns und unsere Werte. Das ist gerade jetzt besonders wichtig. Denn sie werden bedroht, die Werte. Dazu zählen die freie Meinungsäußerung – und das unverrückbare Recht auf Hetze, so dieses mit dem richtigen Zeichen versehen ist. Glaubt man nicht?

Ein Kommentar dieser Art reicht offenbar nicht aus, um strafrechtlich belangt zu werden.
Dieser Kommentar stellt laut Staatsanwaltschaft keine Hetze dar. Der Grund: das Emoji am Ende.

Ein Kommentar von Martin Calsow:
Vor vier Monaten hat ein Holzkirchner zu unserem Artikel „Asylbewerber wollen umsiedeln“ bei Facebook Folgendes gepostet: „Erschießt sie halt einfach alle“. An das Ende dieser Aussage hat er ein Smiley gesetzt, ein sogenanntes Emoji. Gut, dieses Smiley lächelt nicht, es schaut traurig, vielleicht hat es den Namen Smiley also gar nicht verdient. Aber egal. Wir wollen nicht kleinlich sein oder gar buchhalterisch. Die Staatsanwaltschaft in München ist es ja offenkundig auch nicht.

Fest steht, dass dieses Smiley unter anderem dazu geführt hat, dass der bayerischen Staatsanwaltschaft der Fall kein Ermittlungsverfahren wert ist. Die Holzkirchner Stimme hatte den Post an die Polizei weitergeleitet und bekam nun von besagtem Staatsdiener die Antwort: Die Tatbestandsmerkmale „zu Hass aufstacheln“ und „zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen auffordern“ seien nicht nachweisbar. Der Holzkirchner habe sich nur geärgert und auch nicht damit gerechnet, ernst genommen zu werden.

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Soll er doch weitermachen

Das glaubt man ihm bei der Staatsanwaltschaft – zumindest sieht man sich außerstande, dies mit „objektiven Beweismitteln zu widerlegen“. Strafrechtlich sei der Mann bislang auch nicht durch flotte Erschießungen aufgefallen. Und dann ist da eben noch das Smiley, das dafür spräche, dass er eigentlich nur zu scherzen beliebte. Soll er doch weitermachen.

Es ist diese Sorglosigkeit im Umgang mit Verbal-Zündlern, die den Nährboden für den nächsten Schritt legen. In Magdeburg werden Asylbewerber mit Baseballschlägern gejagt, wahrscheinlich waren die Täter auch nur verärgerte – oder euphemistisch ausgedrückt: „besorgte“ – Bürger, die man nicht ernst nehmen sollte. In Deutschland brennen nahezu jeden Tag Flüchtlingsunterkünfte. Schmiert man vorher ein Smiley an die Hauswand, geht das vielleicht auch klar. Schon klar, das ist etwas anderes. Etwas Handfestes.

Tag für Tag kämpfen Helferinnen und Helfer, ehrenamtlich und hauptberuflich, mit dem Zustrom der Flüchtlinge. Oft sind sie privat wie auch im öffentlichen Raum Anfeindungen ausgesetzt. Die Staatsanwaltschaft macht es diesen Menschen mit ihrer Untätigkeit nicht leichter, den Alltagshass zu ertragen. Ab sofort gilt also: Hetzen ja, aber bitte nicht das Smiley vergessen.

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