Kein „Tsunami“ in Wiessee

Oft musste die Feuerwehr anrücken, zuletzt im Juni 2014. Wieder einmal überflutete der Zeiselbach das Wiesseer Ortszentrum. Angeschwemmte Baumstämme versperrten den Durchfluss. Dies wird sich ändern. Ein neues Rückhaltebecken soll entstehen.

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Ein Bild vom letzten Zeiselbach-Hochwasser im Ortszentrum von Bad Wiessee im Juni 2014 / Bild: Tobias Massin

Am 13. Juni 2014 schrillen gegen 1:40 Uhr die Alarmglocken. Die ersten Hinweise auf überschwemmte Keller in Bad Wiessee laufen bei der Feuerwehr ein. Doch zu ihrer Überraschung treffen die Einsatzkräfte nur wenige Minuten später auf einen in Teilen überfluteten Ortskern.

Grund für die Überschwemmung ist zwar ein schweres Unwetter über dem Tegernseer Tal, das vor allem Bad Wiessee trifft. Doch in Wiessee selber ist der Zeiselbach der Hauptversursacher. Der normalerweise kleine Bach führt in der Nacht – zum wiederholten Male – eine große Menge Treibholz und Gestein mit sich. Die Folge: an einer Engstelle am Parkplatz nahe der ehemaligen Schlecker-Filiale tritt der Zeiselbach über seine Ufer und verteilt Schlamm und Treibgut im gesamten Ortszentrum.

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500 Kubikmeter Holz und Geröll

Das ständige Hochwasser des Zeiselbachs und die damit verbundenden Schäden will die Gemeinde nun nicht mehr länger hinnehmen. Man wolle dies künftig verhindern, erklärte Bürgermeister Höß (Wiesseer Block) in der gestrigen Sitzung des Gemeinderates. Das Wasserwirtschaftsamt in Rosenheim weiß Rat, da es einen ortskundigen Mitarbeiter in seinen Reihen hat. Josef Hamberger hat seine Diplomarbeit über den Zeiselbach geschrieben. So war er bei der Sitzung auch in seinem Metier, als es um Zahlen ging:

Rund 500 Kubikmeter Holz und Geröll können bei einem Jahrhundertereignis am Zeiselbach mobilisiert werden, denn sein Einzugsgebiet umfasst etwa fünf Quadratkilometer.

Daher brauche es eine Stahlbetonsperre mit Rechenelementen und einem Rückhaltevolumen von 750 Kubikmetern. Notwendig dafür sei eine Weitung des Bachbettes. „Betonflügelelemente“ würden dann das Rückhaltebecken einrahmen. Gedacht ist auch an eine „Optimierung“ des Gewässerlaufs und eine „Ausweitung“ des Querschnitts. Keinesfalls aber soll der Bach eingeengt werden.

Stabrechen sollen Holz abfangen

Erforderlich sei dies zum Schutz des Ortes, weil bei Starkregen wegen des bröselnden Gesteins im Einzugsgebiet nicht nur Geröllmassen daherkämen, sondern durch die rutschenden Hänge auch große Mengen an Hölzern. Dafür brauche es diesen Wildholzrückhalt, der am Schluchtende vor der Wohnbebauung errichtet werden soll. Kurz danach beginnt der Sportplatz. „An der vorgesehenen Stelle kann das gesamte Wildholz mit einem querstehenden Stabrechen zurückgehalten werden“, so Hamberger.

So sieht die Wildholzverbauung am Söllbach aus. Etwas Ähnliches ist auch für den Zeiselbach geplant.
So sieht die Wildholzverbauung am Söllbach aus. Etwas Ähnliches ist auch für den Zeiselbach geplant.

Dadurch verringere sich die Stockungsgefahr für den ganzen Ort. Dieses Bauwerk könne aber nicht den kompletten Hochwasserschutz für Bad Wiessee gewährleisten, „es ist aber ein Baustein dafür. Denn damit kann der Stau von angeschwemmten Hölzern im Ort an den zahlreichen Brücken deutlich reduziert werden“, verdeutlichte Experte Hamberger.

„Notfalls Enteignung“

Unmittelbar nach Eingang aller Genehmigungen soll mit dem Bau begonnen werden. Hamberger sprach vom Herbst, „im Frühjahr 2017 könnte die Sperre dann fertig sein“. Derzeit sei, so Höß, „der notwendige Erwerb von Grundstücken zweier Landwirte noch nicht in trockenen Tüchern“. Doch die Gespräche mit ihnen seien recht konstruktiv gewesen. Denn die Gemeinde konnte ihnen dafür angrenzende Tauschgrundstücke anbieten, so dass man dies bei einer Einigung problemlos lösen könnte.

Sollte dies nicht gelingen, wusste Klaudia Martini (SPD) Rat: „Notfalls wäre sogar eine Enteignung möglich, weil das öffentliche Interesse an dieser Hochwasserschutzmaßnahme vordringlicher ist“. Parteifreund Robert Huber hatte Sorge vor einem möglichen Tsunami, „wenn die Abrutschungen von den Hängen die Wassermengen in dem Rückhaltebecken dann zum Überschwappen bringen könnten“.

Doch Hamberger war gewappnet, denn das Rückhaltevolumen sei entsprechend dimensioniert, damit so etwas nicht passieren könne. Das Bauwerk sei so konzipiert, dass das Wasser selbst bei vollem Becken immer noch gefahrlos über den Rand in das Bachbett abfließen könne, ohne seitlich „auszuufern“.

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Aufräumarbeiten nach der letzten Zeiselbach-Flut.

Doch umsonst bekommt Bad Wiessee seinen Hochwasserschutz nicht. Von den 362.000 Euro Kosten ist der Ort mit 100.000 Euro dabei. Dies müsse aber noch in einer Finanzierungsvereinbarung des Freistaates mit der Gemeinde festgeschrieben werden. Die Kosten von 10.000 Euro für eine zu ersetzende Brücke gehen auch zu Lasten der Gemeinde.

Doch im Vergleich zu den Schäden, den die Überflutungen des Zeiselbachs immer wieder anrichten, ist dieser Betrag von gut 100.000 Euro sicher gut angelegt. Schließlich plant Wiessee im Überschwemmungsgebiet die Neugestaltung des Ortszentrums. Überflutete Keller und nasse Füße wären keine gute Werbung für eine Gemeinde, die Großes vorhat.

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