“Mein Schatz!”

Nachdem wir uns in mehrfacher Form dem Typus des Zugezogenen widmeten, schauen wir uns heute jene an, die gern wüten und austeilen, aber dabei das Nehmen nicht vergessen. Es ist eine kleine, aber laute Minderheit der Talbewohner.


Ein Kommentar von Peter Posztos:

Eine spezielle Unterspezies der Gattung der Tal-Insassen ist das Jammern über den Zuzug jedweder Art eigen. Diesen Personenkreis zeichnen zwei Dinge aus: er ist überschaubar klein, dafür übermäßig laut. Man nimmt alles gerne ein wenig ernster und zeichnet ein zuweilen dämonisches Bild von dem, was da in das Tegernseer Tal hineinschwappt. Sei es die exotische Pflanze im Kurgarten, der Schraubenfabrikant mit Hang zur Ruhe oder der schwarzhäutige Flüchtling. Das trötet man dann in Kommentarspalten, an Stammtischen und bei allerlei Festivitäten in die Welt hinaus.

Zarte Hinweise auf jene Dystopien, in die unsere Gesellschaft heute ohne Zuzug steuern würde, werden ignoriert. „Ich bin bayerisch-bigott und stolz darauf“, könnte das Motto jener sein, die von Isarpreissn, Touri-Schmocks oder Fremden schwadronieren. Allen Angesprochenen scheint eigen, dass der kulturelle Horizont gefühlt an der A8 kurz nach Holzkirchen endet. Dass diese Anderen da draußen es auch noch anders machen, und dass das dann irgendwie auch funktioniert, befremdet den Tal-Insassen eher und macht ihn nur noch misstrauischer.

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Das wäre nicht weiter schlimm, wenn es nicht auf die Stimmung all jener schlüge, die sich als stille Mehrheit das bräsige Kirchturmdenken anhören müssen. Gut, es ist ein alter Hut, dass Einheimische Grundstücke an Zugezogene verkaufen. Auch nicht neu ist der Hinweis auf die Kaufkraft jener, ja auch der Touristen, die heimischen Handwerkern und Pensionswirten ein bekömmliches Leben ermöglichen. Völlig abgefahren ist auch nicht die Binse von den Möglichkeiten, die ein kleines Tal mit fünf Gemeinden und 27.000 Einwohnern nur deswegen hat, weil es genügend Gäste anzieht.

Doch zum Dank kübelt der professionelle Tal-Insasse seine Feindseligkeit in Gieskannen-Manier über alle aus, die hier sein wollen. Denn davon ist er überzeugt: Das Wasser im See hat er eigenhändig mit Eimern hergebracht, die Berge über Jahre mit Meißeln gestaltet. Kurz: Das Tegernseer Tal ist sein Schatz, und nur seiner.

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