Nicht für jeden Notfall gerüstet

Der Arbeitsunfall im Gymnasium Tegernsee sorgt für Diskussionen. Aus zwei Metern Höhe fiel der 54-Jährige und erlitt dabei schwere Verletzungen.

Auf einen Rettungswagen wartete er allerdings vergeblich. Und das ist offenbar keine Seltenheit.

Der gestriege Arbeitsunfall  offenbart Engpässe im Tegernseer Tal. Archivbild.
Ein Arbeitsunfall offenbart Engpässe im Tegernseer Tal / Archivbild.

Die medizinische Versorgung des gestürzten Elektroinstallateurs verlief auf Umwegen. Weder konnte ihn das Krankenhaus in Agatharied aufnehmen, noch war ein Notarzt zur Erstversorgung des Schwerverletzten vor Ort. Stattdessen fungierte die Feuerwehr als „First Responder“.

Anzeige

Der Zweite Kommandant, unterstützt von zwei Feuerwehr-Kameraden, übernahm die Maßnahmen zur Ersthilfe. „Dass die Freiwillige Feuerwehr die Erstversorgung übernimmt, ist Usus“, betont der Leiter der Einsatzzentrale in Rosenheim, Thomas Vogl, auf Nachfrage. Eine optimale Versorgung ist offenbar nicht immer gewährleistet.

Zahlreiche Einsätze – wenige Rettungswägen

Die Rettungsleitstelle Rosenheim koordiniert und lenkt unter anderem die örtlichen Einsätze der Feuerwehr und des Rettungsdienstes. Wer die 112 wählt, landet dort. 64 Gemeinden werden so betreut. Das sind gut 410.000 Einwohner und eine Fläche von 2.340 Quadratkilometern. Somit hat die Zentrale einiges zu tun: Rund 77.000 Rettungsdiensteinsätze koordinierte sie bereits im letzten Jahr. Keine leichte Aufgabe, schließlich kommt es auch zu Engpässen.

Für das Tegernseer Tal sind ein Fahrzeug in der Rettungswache Dürnbach sowie eines am Standort in Rottach-Egern vorgesehen. Sind die bereits im Einsatz, werden Rettungsteams aus der Umgebung angefordert. Etwa aus Agatharied, Bad Tölz, Holzkirchen oder Fischbachau. Andernfalls wird bis zum Eintreffen der Sanitäter die Feuerwehr als Erstversorger gerufen.

Und das passiert offenbar regelmäßig. „Bei der Disposition muss oftmals auf die Feuerwehr zurückgegriffen werden“, so Vogl weiter. Die Verteilung der Rettungswägen ist aus seiner Sicht nicht optimal. „Die Anzahl der Wägen ist spitz berechnet.“ Lediglich fünf Sankas hat der Landkreis insgesamt zur Verfügung.

Die Leitstelle in Rosenheim koordiniert auch den Einsatz der Rettungswägen.
Die Leitstelle in Rosenheim koordiniert auch den Einsatz der Rettungswägen.

Wie viele Rettungswägen ein Landkreis benötigt, legt das Innenministerium fest. Auch die Krankenkassen haben erheblichen Einfluss. In deren Interesse solle die Anzahl bezahlbar bleiben, wie Vogl erklärt. Schließlich müssen die Kassenbeiträge niedrig gehalten werden. Doch sind die Rettungswägen gegenüber der Anzahl der Notfälle überhaupt ausreichend? Darauf möchte Vogl keine Antwort geben. Eine diesbezügliche Aussage sei von zu hoher politischer Brisanz, so der Leiter der Einsatzzentrale weiter.

Gleichzeitig betont er: „Man kann nicht für jeden Fall gerüstet sein.“ Wann es wie viele Notfälle gibt, kann niemand vorhersagen. Im Fall des gestürzten Arbeiters war das Ausweichen auf die Hilfe durch die Feuerwehr die einzige Möglichkeit. Dass der Patient danach noch den langen Weg zur Rosenheimer Klink zurücklegen musste, ist auf das defekte Röntgengerät in Agatharied zurückzuführen.

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner