Raser in Bayerwald: Eine Situation – zwei Meinungen

Freitagmittag auf der B307 in Kreuth-Bayerwald. Wir sind auf dem Weg zu Familie Tischler, die einen Gasthof direkt an der Hauptstraße betreibt. Vor uns fährt ein Wohnwagen mit überhöhter Geschwindigkeit. Trotzdem überholen gleich zwei Autos hintereinander an einer unübersichtlichen Stelle.

Laut den Tischlers sieht so der Alltag aus. Das Landratsamt und die Polizei behaupten etwas anderes.

70er-Zone um 150 m erweitert
Die 70er-Zone wurde um 150 m erweitert, um das Rasen vor Ort einzuschränken

Im August letzten Jahres lehnte das Landratsamt den Antrag der Familie Tischler ab. Darin hatten die Kreuther eine Herabsetzung der Höchstgeschwindigkeit oder ein komplettes Überholverbot in Bayerwald gefordert. Die B307 führt direkt an ihrem Gasthaus vorbei, von wo sie täglich die, so wörtlich, „Raserei von Motorrädern und Autos“ beobachten können. Peter Tischler hat auf die Ablehnung seiner Forderung damals mit Empörung reagiert: „Muss es denn noch mehr Tote geben, bis sich hier etwas ändert?“

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Das Landratsamt war jedoch der Meinung, dass es an dieser Stelle bisher zu wenige Unfälle nach Überholmanövern gegeben hat. Trotzdem erklärten sich die Verantwortlichen bereit, Geschwindigkeitsmessungen vorzunehmen und Maßnahmen zu ergreifen.

Maßnahmen mit Wirkung?

So wurde Anfang des Jahres die 70er-Zone um 150 Meter erweitert und wurden zusätzliche Schilder aufgestellt, die auf Radarkontrollen hinweisen. Zudem hat die Polizei zwischen Februar und März die Straße während vier Tagen jeweils eine Stunde lang überwacht und scheinbar nichts Gravierendes feststellen können. Laut Martin Pemler vom Landratsamt Miesbach seien die Überschreitungen im einstelligen Bereich geblieben.

Seit dieser Woche ist auch die Langzeitkontrolle abgeschlossen, die das Landratsamt durchgeführt hat. Nach diesen Messungen liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit der Autofahrer bei 80 km/h. In den letzten Jahren wäre diese noch bei 85 km/h, teilweise sogar bei 90 km/h gewesen, so Peter Schiffmann vom Landratsamt. Scheinbar auch hier eine deutliche Verbesserung. Weiter ist Schiffmann der Meinung: „Keiner hält sich exakt an diese Vorgaben. Man ist immer ein wenig über dem Erlaubten.“

Anwohner sehen keine Veränderungen

Überraschend ist nach diesen Angaben des Landratsamtes aber doch, dass genau an den Tagen, an denen wir in den letzten Wochen nach Bayerwald gefahren sind, einige Auto- und Motorradfahrer wohl deutlich über den erlaubten 80 km/h lagen. Der gleichen Meinung ist auch Peter Tischler, den wir mit den Maßnahmen des Landratsamtes konfrontiert haben. Er sagt, dass sich nur an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten werde, wenn der rote Caddy der Verkehrsüberwachung offensichtlich am Straßenrand steht.

Parkpkatz vor dem Gasthof der Familie Tischler
Vor der Einfahrt zum Parkpkatz des Gasthof der Familie Tischler kommt es offenbar immer wieder zu gefährlichen Situationen.

Den Tischlers geht es in erster Linie um die Ausfahrt ihres Hauses. Da ohne Schwierigkeiten herauszukommen, sei nicht immer möglich. „Bei älteren Gästen stelle ich mich sogar auf die Straße, damit sie rauskommen“, so Tischler.

Und er betont noch einmal, dass es ihm nur um die Sicherheit seiner Gäste und um die der Kinder gehe, die tagtäglich am Bushäuschen auf den Bus warten. Bei der Ausfahrt sind vor allem die überholenden Fahrzeuge eine große Gefahr, die leicht übersehen werden kann.

Landratsamt zufrieden ‒ Anwohner resignieren

Für Polizei und Landratsamt ist die Sache erst mal erledigt. „Die Maßnahmen haben Wirkung gezeigt“, sagt Peter Schiffmann vom Landratsamt. Die Anwohner sind aber ganz anderer Meinung und wissen nicht, was sie noch machen sollen.

„Mit der Polizei brauche ich mich nicht anzulegen. Da bekomme ich nur noch mehr Schwierigkeiten“, sagt Peter Tischler resigniert. Eines scheint unterdessen klar. Zwischen den Zahlen des Landratsamtes und der Wahrnehmung der Anwohner in Bayerwald herrscht eine große Diskrepanz.

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