Scheitern ist wichtig!

Mobbing, Leistungsdruck, psychische Störungen – die Liste der Probleme, mit denen sich Schüler aller Altersstufen sowie deren Eltern heutzutage beschäftigen müssen, ist lang. Dabei ist es vor allem wichtig, auch mal zu scheitern.

Leistungsdruck schon in der Grundschule? /Quelle: Archiv HS
Leistungsdruck schon in der Grundschule? / Archivbild HS

„Bayern ist das einzige Bundesland, in dem Schulpsychologen auch gleichzeitig als Lehrer tätig sind“, erklärte Alfred Orendt im vergangenen Jahr, selbst Schulpsychologe und Koordinator sowie Beratungsrektor sämtlicher Schulpsychologen für die Grund- und Mittelschulen im Landkreis Miesbach.

Die Lehrer haben sogenannte Anrechnungsstunden, die sie zusätzlich zum normalen Unterricht zur psychologischen Beratung von Schülern, Eltern und Kollegen einsetzen.

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Ein Schulpsychologe kann, muss aber nicht zwingend bei Problemen hinzugezogen werden. „Es gibt allerdings Ausnahmen“, erklärt Orendt, „Bei der Diagnostik von Legasthenie, bestimmten Ordnungsmaßnahmen – wie beispielsweise Schulausschluss – sowie frühzeitiger Einschulung ist die Beratung durch einen psychologisch ausgebildeten Lehrer unabdingbar.“

Lehrer brauchen auch Hilfe

Das Angebotsspektrum der Schulpsychologie ist breit gefächert und hat sich in den vergangenen Jahren erweitert. Schüler seien meist mit Verhaltensauffälligkeiten, familiären Problemen oder Mobbing belastet, berichtet Orendt. „Lehrer nehmen unsere Hilfe auch in Anspruch“. Oft handelt es sich dabei um Probleme innerhalb des Kollegiums. Hier muss der Schulpsychologe dann als Mediator fungieren. Ein weiteres Thema ist die Gesundheitsprophylaxe.

Pädagogen kämpfen oft mit Burnout-Symptomen. Da versuchen wir mit Gesprächen und psychologischer Beratung gegenzusteuern.

Aber auch die Eltern werden nicht allein gelassen. Alfred Orendt und seine Kollegen kümmern sich ebenso um Mütter und Väter, die beispielsweise mit Erziehungsproblemen überfordert sind. Im Zuge der Flüchtlingskrise stehe sein Team allerdings zunehmend vor neuen Herausforderungen. „Neben der Sprachentwicklung und teilweise kulturell bedingten Bildungsdefiziten müssen wir uns mit schwer traumatisierten Kindern auseinandersetzen“.

Besonders schwierig werden es für die Schulpsychologen, wenn es um gravierende Probleme wie Todesfälle von Schülern oder Eltern geht. Orendt selbst hat während seiner über 20-jährigen Berufszeit schon einige Krisen erlebt, die ihn weit über die berufliche Ebene hinaus berührt haben. „Ich bin bei den Amokläufen in Winnenden und Ansbach hinzugezogen worden und auch beim Einsturz der Eishalle in Bad Reichenhall war ich als Betreuer vor Ort. So etwas kann man nicht einfach am Ende des Tages abschütteln.“

Leistungsdruck schon in der Grundschule

Grundsätzlich hätten psychische Störungen bei Kindern in den vergangenen Jahren stark zugenommen, sagt Orendt. Für ihn liegen die Gründe hauptsächlich im immer schnelleren Wandel und der zunehmenden Digitalisierung unserer Gesellschaft. Oft beginnt schon ab der ersten Grundschulklasse ein unverhältnismäßig hoher Leistungsdruck, der sich bis zum Ende der Schulzeit fortsetzt.

Man hat das Gefühl, immer ganz vorn dabei sein zu müssen, und das übertragen manche Eltern vielleicht unbewusst auf ihre Sprösslinge.

Verunsicherten Eltern rät er zu mehr Gelassenheit im Umgang mit den schulischen Leistungen ihrer Kinder. Denn davon ist der Psychologe überzeugt: „Wer lernt, Niederlagen zu meistern, hat gute Vorrausetzungen, im Leben erfolgreich zu sein.“

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