Traglufhallen sind “prekär”

Das Landratsamt wollte die Traglufthallen als Notunterkünfte behalten. Doch die Regierung von Oberbayern lehnte sie als „prekär“ ab, hieß es im Kreistag. Damit ist auch die Belegung von Turnhallen vom Tisch.

DIe Holzkirchner Traglufthalle kommt weg – und es sollen auch keine neuen Norunterkünfte geschaffen werden / Archivbild

Es war eine kurze aber heftige Zeit, als Flüchtlingen für gut ein Jahr nur Traglufthallen in Holzkirchen und Rottach-Egern zur Verfügung standen. Ständig sorgte die drangvolle Enge in den Notunterkünften mit Hunderten von Menschen zu Auseinandersetzungen. „Wir werden nahezu jeden Tag zu den Unterkünften gerufen“, sagte kürzlich Oberbayerns Polizeipräsident Robert Kopp bei der Vorstellung seiner Kriminalstatistik. Bei den Körperverletzungen habe es einen Zuwachs von 15,2 Prozent gegeben. Dieser stehe im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik. Diese entspannt sich nun offenbar im Landkreis etwas.

Derzeit gibt es seitens der Regierung keine Zuweisungen. Bestenfalls werden frei werdende Plätze, die der Landkreis meldet, nachbelegt, so Asyl-Fachbereichsleiterin Maria Grünwalder vom Landratsamt jüngst im Kreistag. 891 Asylbewerber gebe es aktuell Landkreis, davon seien 267 abgelehnt. Wiederum 95 Prozent davon aber sind im Klageverfahren. So lange bleiben sie in den Unterkünften und beziehen Leistungen. Damit ändere sich für den Landkreis vorerst wenig, so Grünwalder.

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Wer eine Wohnsitzauflage als anerkannter Bleibeberechtigung hat, müsse ab 1. Januar 2016 im Landkreis verbleiben. Derzeit seien es 103 Personen einschließlich Familienangehörigen. „70 Personen sind noch in der Warteschleife“, so Grünwalder, aber deren Verfahren würden über die jeweiligen Botschaften betrieben werden. Die Asyl-Fachfrau ist sich nicht sicher, „wie sich das entwickelt“.

Asylbewerber kommen meist ohne Ausweise

Miesbachs Bürgermeisterin Ingrid Pongratz (CSU) interessierte, ob bei den abgelehnten Asylbewerbern auch welche dabei seien, die nicht wieder zurückgeführt werden, weil sie keine Ausweise bei der Einreise hatten. Dies sei überwiegend der Fall, erwiderte Grünwalder, denn die Beschaffung von Ersatzpapieren sei äußert schwierig. Problematisch seien auch die Zuständigkeiten hierzulande.

Inzwischen werden nur noch „sehr ausgewählte Fälle von der zentralen Ausländerbehörde bearbeitet“. Der Rest verbleibe bei den Ausländerbehörden vor Ort. „Wenn die Klagen dann einmal entschieden werden, müssen wir sehen, wie wir mit den Fällen umgehen“, sagte Grünwalder. In ihrem Amt würden sich derzeit „28 Köpfe“ mit Asylbewerbern befassen, vom der Verwaltung, den Hausmeistern bis zu Objektbetreuern.

Josef Bichler (CSU) wollte wissen, wie viele junge Flüchtlinge in die Volljährigkeit wachsen? Wenn sie in der Jugendhilfe bleiben sei dies sehr kostenträchtig. Etwa 70 junge Erwachsene würden es demnächst sein, so Grünwalder. In der Jugendhilfe als „unbegleitete Jugendliche“ bleiben 27. Wie lange die Klageverfahren der 267 Asylbewerber dauern, bis eine Entscheidung getroffen wurde, fragte Bichler noch. Erfahrungswerte über die Hauptsacheverfahren konnte Grünwalder nicht auftischen, „da kann man noch nichts sagen“. Das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) „ist wirklich schneller geworden“, so Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne), aber jetzt hängen die Verfahren, die einfach weitergeschoben wurden, bei den Gerichten“.

Bei den Räumungen habe es „sehr geknistert“

Die Auflösung der Traglufthallen in Rottach-Egern (Birkenmoos) und Holzkirchen (Moarhölzl) war nach den Worten von Grünwalder „sehr aufwändig“. Mehr als 330 Personen wurden umverteilt. Dabei mussten Nationalitäten und Beschäftigungsverhältnisse berücksichtigt werden, „um friedliche Strukturen reinzubringen“. Für Grünwalder sei die sehr „emotional“ abgelaufen, denn in Holzkirchen mussten 48 Personen den Landkreis verlassen.

Dies den Flüchtlingen klarzumachen, sei sehr schwierig gewesen, ebenso die Umverteilung in den Containern. Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) ergänzte: Bei der Räumung der Traglufthalle habe es „sehr geknistert“, da waren auch „einige Polizeieinsätze dabei“.

Künftig keine Belegungen von Turnhallen

Ursprünglich wollte das Landratsamt die Verankerungen für die beiden Traglufthallen im Boden belassen, um im Ernstfall wieder mit Traglufthallen gewappnet zu sein. Doch nach dem Machtwort der Regierung von Oberbayern, künftig sowohl auf die Belegung von Turnhallen als auch Traglufthallen zu verzichten, wurden in Rottach-Egern bereits die Erdanker gezogen. In Holzkirchen soll der Abbau der Traglufthalle durch den Hersteller Paranet in den nächsten sechs Wochen erfolgen.

In Rottach-Egern steht noch der Rückbau der Fläche aus, wie Bürgermeister Christian Köck (CSU) berichtete. Dieser müsste laut Pachtvertrag bis spätestens 30. Juni erfolgen. Köck erwähnte auch die „haarige Situation“, die es offenbar zwischen seiner Verwaltung und dem Landratsamt in den zurückliegenden Monaten gegeben haben muss. Doch wichtig sei „immer die Kommunikation“ gewesen.

Übersicht über die Verteilung in den verschiedenen Gemeinden:

Die aktuelle Belegungssituation

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