Unfall oder fahrlässige Tötung?

Gestern stand ein 63-jähriger Mann aus Gmund vor dem Amtsgericht in Miesbach. Dieser war wegen fahrlässiger Tötung angeklagt.

Vor anderthalb Jahren war einer seiner Mitarbeiter während der Arbeit auf einer Baustelle an einem Stromschlag gestorben. Grund dafür war eine defekte Kabeltrommel. Die Verhandlung sollte klären, ob der Angeklagte eine Mitschuld trägt.

In der Hirschbergstraße in Bad Wiessee ereignete sich vor rund 1,5 Jahren der schwere Unfall
In der Hirschbergstraße in Bad Wiessee ereignete sich vor fünfzehn Monaten der schwere Unfall.

Zwischenzeitlich fühlte man sich wie in einer Physikstunde. Strom, Leiter, Kabel, Steckdosen – im Fall des angeklagten Gmunders ging es um viele technische Detailfragen. Vor allem aber ging es um eine Kabeltrommel. Denn die war der Grund allen Übels.

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Aufgabentausch zwischen Brüdern

Vor circa anderthalb Jahren war ein Mitarbeiter des Angeklagten verstorben. Der Angeklagte ist Geschäftsführer einer Baufirma, die seiner Frau gehört, und hatte ursprünglich dem Bruder des Verstorbenen den Auftrag erteilt, einen mit Wasser gefüllten Schacht in Bad Wiessee auszupumpen. Da beide Brüder für die Firma tätig waren und die Aufträge untereinander absprachen, kam es schließlich zum Aufgabentausch untereinander. Dies sei nichts Unübliches gewesen, so der Angeklagte.

Um den Schacht zu leeren, waren eine Pumpe, sowie zur Stromversorgung eine Kabeltrommel notwendig. Im Schacht selbst befand sich bereits eine fest montierte Pumpe. Im Zuge der Arbeit kam es zu einem Zusammenspiel unglücklicher Zufälle: Sowohl die Kabeltrommel als auch die im Schacht installierte Pumpe, die an die Kabeltrommel angeschlossen war, waren defekt.

Der Mitarbeiter erlitt aller Wahrscheinlichkeit nach einen tödlichen Stromschlag und wurde, so ein Zeuge, von der Kabeltrommel regelrecht weggeschleudert, hatte Schaum vor dem Mund und aufgerissene Augen. „Ich war fix und fertig“, so der Zeuge, der sofort den Notruf verständigte.

Stromschlag als Todesursache nicht sicher

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, die Kabeltrommel nicht vorschriftsgemäß gewartet zu haben. In der Kabeltrommel hatten sich eine Schraube und eine Mutter gelöst – was man, so der Vorwurf, hätte hören müssen. Folge: die Schutzleiste der Trommel erfüllte nicht mehr ihren Zweck. Diese ist eigentlich dafür da, Unfälle genau dieser Art zu vermeiden: Wird ein defektes Gerät an eine intakte Kabeltrommel angeschlossen, wird durch diese Schutzleiste ein Stromschlag verhindert.

In diesem Haus verstarb der 48-Jährige Mann an dem Stromschlag aus der Kabeltrommel
In diesem Haus verstarb der 48-jährige Mann an dem Stromschlag aus der Kabeltrommel.

Inzwischen wurden alle Geräte von einer Sicherheitsfirma kontrolliert. Ausführlich zu Wort kamen auch die Sachverständigen. Ein Mediziner konnte ein deutlich „überkritisches Herzgewicht“ von über 500 Gramm feststellen, was prinzipiell auch Grund für eine natürliche Todesursache hätte sein können. Einen Stromschlag schloss der Sachverständige nicht aus, räumte aber ein: „Ein Stromschlag ist aufgrund des Obduktionsberichts nicht sicher.“

Der Sachverständige für die technischen Angelegenheiten bestätigte, dass der Unfall aufgrund eines unglücklichen Zusammenspiels der beiden defekten Geräte – Kabeltrommel und festinstallierte Pumpe – passierte. Der Richter fasste zusammen:

Es sind viele unglückliche Umstände zusammengekommen. Es besteht ein hohes Mitverschulden des Opfers.

Aufgrund dieser Tatsache sei es „ein geeigneter Fall für eine Verfahrenseinstellung.“ Gegen eine Auflage von 3.500 Euro wurde das Verfahren sodann vorläufig eingestellt. Der Angeklagte muss die Summe in monatlichen Raten, von Oktober bis Mai nächsten Jahres, an die Witwe des Opfers zahlen. Erst wenn die eingegangene Zahlung bestätigt ist, wird das Verfahren vollständig eingestellt.

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