Warum die große Lösung warten muss

Der Verkehr im Tegernseer Tal ist extrem. Nicht nur an Wochenenden und Feiertagen. Alleine auf der Bundesstraße von Holzkirchen Richtung Kreuth sind täglich gut 18.000 Fahrzeuge unterwegs, viele der Autos und Lastwagen landen am Ende bei uns im Tal. Allzu oft leider im Stau.

Das nervt, macht Lärm und sorgt für gehörigen Stress bei den Verkehrsteilnehmern.

Außerdem kostet es jeden Einzelnen richtig viel Geld: Bei einem Kilometer Staulänge mit 800 passierenden Fahrzeugen pro Stunde verbraucht jedes Fahrzeug im Schnitt rund 0,1 Liter mehr Sprit. Das sammelt sich. Neben dem Geldbeutel geht das Rumstehen im Auto auch auf die Umwelt: Die Mehremissionen bei Kohlendioxid betragen dabei 150 Kilo, bei Kohlenmonoxid elf Kilo und bei Stickoxiden 0,5 Kilo. Pro Stunde.

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Das oft angeführte Argument, dass die starke Verkehrsbelastung vor allem dem Durchreiseverkehr in Richtung Österreich geschuldet sei, lässt sich so auch nicht ungeprüft unterschreiben: der Landkreis Miesbach ist nahe der Sättigungsgrenze von Kraftfahrzeuge pro Einwohner. Dieser Wert lag 2008 bereits bei 706 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner.

Das starke Verkehrsaufkommen im Tegernseer Tal ist also, zumindest teilweise, sehr wohl hausgemacht. Die Gemeinden im Tegernseer Tal sind sich der Problematik durchaus bewusst. Gmund versucht seit Jahren, eine Umgehungsstraße zu errichten, und auch in Tegernsee gibt es die Idee der Stadt, den Verkehr entlang der Hauptstraße mittels einer Unterführung zu beruhigen.

Gmund: Seit 2004 ist nichts mehr passiert

Wir haben uns einmal angeschaut, wie es ganz aktuell mit den Schubladenplänen aussieht. Die Pläne zum Bau einer Umgehungsstraße in Gmund existierten bereits seit Jahrzehnten und wurden im Jahr 2004 konkretisiert. Ziel der Gemeinde war damals die Aufnahme der „Ortsumfahrung Gmund am Tegernsee“ in den Verkehrswegeplan des Deutschen Bundestages zum Ende des Jahres 2004.

Schönes Wochenende und Baustelle - da ist der Kollaps im Zentrum von Gmund bis spät in den Abend vorprogrammiert

Zur Ermittlung der möglichen Trassenführung wurde hierfür eine Raumempfindlichkeitsanalyse bei der Planungsgruppe Strasser und Partner unter der Projektleitung von Diplom-Ingenieur Peter Rubeck in Auftrag gegeben. Das Ziel dabei: die Belastungen einer Umgehungsstraße für Mensch, Natur und Landschaft sowie Klima und Luft zu ermitteln.

Das Fazit damals: der Bau einer Umgehungsstraße hätte erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt. Als Streckenverlauf mit den geringsten Auswirkungen kristallisierte sich eine Umgehung über Finsterwald heraus. Die Wälder im Bereich Moosrain sollten weitestgehend verschont bleiben – auch um das Grundwasser zu schützen.

Im Bereich Finsterwald wurde außerdem eine Untertunnelung in Erwägung gezogen, um die Belastungen für die Anwohner zu minimieren. Unklarheit herrschte derweil über eine geeignete Stelle für den Ausgang des Tunnels. „Ein Tunnelausgang am Tegernsee-Nordufer würde das Landschaftsbild maßgeblich negativ beeinflussen“, machte Diplom-Ingenieur Rubeck damals klar.

Da der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages das Projekt „Umgehungsstraße Gmund“ im Mai 2004 nicht mit der notwendigen Dringlichkeitsstufe in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen hat, liegen die Pläne seither im Schrank. Geschäftsleiter Alfons Besel bestätigte der Tegernseer Stimme auf Nachfrage, dass das Projekt „Umgehungsstraße Gmund“ derzeit nicht weiter verfolgt werde, da der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages erst 2015 wieder über die Aufnahme von Projekten entscheiden wird.

Tegernsee: Tunnellösung zwischen Seestraße und Schlossplatz?

Auch die Stadt Tegernsee hat sich in der Vergangenheit stets bemüht, den Ortskern in den Bereichen Haupt- und Seestraße zu entlasten. Im Zuge des 1993 vom Verkehrsexperten Prof. Kurzak erstellten Gutachtens „Verkehrsentlastung Tegernseer Tal – Maßnahmen zur Verbesserung der Situation“ wurde ebenfalls über eine Tunnellösung im Bereich zwischen Seestraße und Schlossplatz nachgedacht. Diese Variante wurde jedoch relativ schnell aus Umwelt und Kostengründen wieder verworfen.

Tegernsee: Adelhofstraße in Richtung Seestraße

Konkreter wurden die Bemühungen dagegen ebenfalls im Jahr 2004, als sich der Stadtrat mehrheitlich für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie für eine Tunnellösung im Bereich zwischen Adelhofstraße und Seestraße in Höhe Ausfahrt Zentralparkplatz entschieden hat.

Diese vom Münchner Planungsbüro Schmitt, Stumpf, Frühauf und Partner durchgeführte Studie beleuchtete die Rahmenbedingungen für die insgesamt 310 m lange Umgehung mit einer geplanten Tunnellänge von 160 Metern. Die Kosten des gesamten Projekts wurden damals auf 6,7 Millionen Euro beziffert.

Auch dieses Projekt scheiterte an der Nichtaufnahme in den aktuellen Bundesverkehrswegeplan und an gescheiterten Verhandlungen mit Grundstückseignern in den betroffenen Bereichen.

Auf Nachfrage bestätigte auch die Stadt Tegernsee, dass aktuell keine Bemühungen unternommen würden, die Tunnellösung erneut auf die Tagesordnung zu bringen. Eine grundsätzliche Durchführung des Tunnelprojekts ist aber auch heute noch möglich: Der Bau der Kreissparkassen-Tiefgarage ist damals bewusst unter Berücksichtigung der Tunnelpläne erfolgt, wie Bettina Koch vom Bauamt Tegernsee uns gegenüber bestätigt.

Wenn der große Wurf unrealistisch ist, sind kleine Lösungsansätze gefragt

2015 geht es dann sowieso mit den großen Plänen weiter. Dann wird im Bundestag wieder über die nächsten Projekte entschieden. Bis dahin wünscht sich so mancher die eine große Lösung, bei der alle mitziehen. Franz Hafner spricht sich schon jetzt für eine von den Gemeinden gemeinsam koordinierte Tunnellösung aus, die Autos von Gmund aus in den Untergrund bringt und über Ausfahrten an die einzelnen Talgemeinden anbindet.

Jede andere Lösung bringe letztlich nur punktuelle Entlastungen für eine einzelne Gemeinde und gehe zulasten einer anderen, führt Hafner weiter aus und verweist auf Gemeinden in Österreich, in denen sich eine Tunnellösung bewährt habe. Eine Umgehungsstraße des gesamten Tegernseer Tals hält Hafner aufgrund der heutigen Umweltauflagen für nicht mehr durchführbar.

Auf die große Tunnellösung im Tegernseer Tal muss also erst noch gewartet werden. Der Bund wollte bisher nicht zahlen, und die Talgemeinden können nicht zahlen. Bleibt folglich noch die kleine Lösung. Und die ist eigentlich gar nicht so schlecht und vor allem günstig umzusetzen – wenn denn alle Gemeinden zusammenarbeiten.

Anton Grafwallner

Es geht um die Verbesserung der Ampelschaltungen im Tal und vor allem um eine Abstimmung der Ampeln untereinander, um den Verkehr besser regulieren und so Staus vermeiden zu können.

Ein Ansatz, für den sich der Gmunder Verkehrsexperte Anton Grafwallnerschon schon lange einsetzt. Das gute, die Maßnahmen wären relativ kurzfristig umsetzbar und würden laut Grafwallner zu einer effizienteren Verkehrsabwicklung führen.

Die Kosten hätten dabei der Bund und der Freistaat Bayern zu tragen, da sie für den Betrieb und den Unterhalt der Ampelanlagen zuständig sind. Auch der Ausbau von Radwegen und die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs können sich entspannend auf die Verkehrssituation auswirken.

Doch auch dafür braucht es die Zusammenarbeit aller Talgemeinden. Bisher kann man sich noch nicht mal auf die einheitliche Steuerung der Ampeln im Tal einigen. Da ist der eine große Tunnel wohl noch in ziemlich weiter Ferne.

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