Was wäre Tracht ohne den passenden Huad?

Die Woidfest-Zeit steht bevor. Das Wichtigste? A scheene Tracht. Dazu gehören aber nicht nur Dirndl, Lederhosn und gscheide Schuah, sondern auch der richtige Hut. Wir waren bei Martin Wiesner im Voitlhof in Rottach-Egern zu Besuch, haben mit ihm über seinen traditionellen Beruf gesprochen und ihm bei seiner Arbeit über die Schulter geschaut.

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A gscheide Tracht ohne richtigen Hut? Eigentlich undenkbar. Das wichtigste Merkmal: Der Hut sollte der Trägerin oder dem Träger in jedem Fall richtig passen. Am besten sitzt natürlich deshalb ein maßgefertigter Hut vom Hutmacher, wie zum Beispiel von Martin Wiesner im malerischen Voitlhof in Rottach-Egern. Viele Arbeitsstunden ziehen ins schöne Oberland. Zahlreiche gelernte Handgriffe geben dem Velours Schritt für Schritt seine Form, bis der Hut schließlich fertig ist.

In Deutschland gibt es keine Lehrstelle mehr für einen Hutmacher – dafür aber in Österreich. Und dort, bei der Hutmanufaktur Bittner in Bad Ischl, machte Martin Wiesner nach seinem Hauptschulabschluss eine Lehre zum Hutmacher. „Scho ois gloana Bua, hom mi d´Hiad fasziniert. Zuerst warn’s de Hiad vo meim Opa, der a leidenschaftlicher Huadträger war, die i gern aufgsetzt hob. Spader warns de verreckten Hiad der Danzlmacher, de ma so guad gfoin hom“, erklärt Martin Wiesner den Ursprung seiner Leidenschaft.

„Des Lerna und still sitzen war no nie meins; daher war klar, dass i nach der Hauptschui an Beruf lerne werd“, so Wiesner weiter. Damals schnupperten die Hauptschüler in der achten Klasse zwei Wochen in verschiedene Berufe hinein, die sie interessieren. Wiesner machte zuerst ein Praktikum bei einem Schreiner, da sein Vater Schreiner ist. Die zweite Praktikumswoche verbrachte er bei seinem späteren Lehrmeister Franz Bittner in Bad Ischl. Diesen hat seine Mutter, eine Schneidermeisterin, kurz zuvor auf einer Messe kennengelernt und ihrem Sohn den Vorschlag gemacht, sich das anzuschauen, da er Hüte doch so spannend findet. Wiesner erinnert sicht:

Des hod ma dann so guad gfoin, dass i glei nach der Schui nach Österreich ganga bin und mit meiner Lehre o’gfanga hob. Damals war i erst 15 Jahr oid.

Die Lehre dauerte zwei Jahre. Parallel zu seiner Ausbildung in der Werkstatt besuchte Wiesner die Berufsschule in Wien. Im Anschluss an seine Lehre, die er mit dem Gesellenbrief abschloss, hing er noch eineinhalb Jahre eine duale Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann dran und blieb noch etwas länger bei seinem Meister und in Österreich. Doch dann zog es ihn zurück in die Heimat. Bereits neben seinem Dienst bei der Bundeswehr, wo er als Tenor-Horn-Spieler beim Musikkorps war, machte sich Wiesner mit seinen ersten eigenen Hüten selbstständig. Dabei kam ihm sein Verdienst als Soldat zugute. Die ersten Kunden waren Freunde und Bekannte.

Nach seiner Bundeswehrzeit, mit 20 Jahren, und mit Hilfe seiner Familie eröffnete er am 2. April 2005 seine eigene kleine Hutmacherei in Kreuth am Tegernsee. Der Papa baute die Ladeneinrichtung, die Mutter nähte die Hutgarnierungen. Mit seinem Gspür für d´Leid und seiner Leidenschaft für den Huad wuchs das Geschäft und der Kundenstamm. Schon bald halfen auch seine Schwester und Cousine im Laden mit. Schließlich wurde die alte Hutmacherei zu klein.

Als sein Freund, der Bogner Seppi, den Voitlhof in Rottach aufbaute, zog Wiesner mit seinen mittlerweile acht fleißigen Mitarbeiterinnen ins Obergeschoß. Dort fertigt er heute nicht nur seine begehrten Trachtenhüte an, auf welche der Kunde schon mal zwei Jahre warten muss. In seinem „Heimatwerk” des Tegernseer Tals verkauft er zusammen mit seiner Frau Susanne zudem ausgewählte Trachtenmode samt Accessoires sowie schöne Dinge und sonstige Entdeckungen, die den beiden gefallen und die zu ihnen und ihren Kunden passen.

Wie entsteht ein Hut

Am Anfang eines Hutes ist der sogenannte Stumpen. Der Rohling, zum Beispiel aus verfilztem Hasenhaar, kommt bei Martin Wiesner etwa aus Portugal und wird in Augsburg gefärbt und veredelt. Diesem Rohling macht der Hutmacher dann erstmal ordentlich Dampf unter den Hintern, damit der Stoff weich und elastisch wird. Der heiße Stumpen wird mit viel Kraft über den Holzkopf seines späteren Besitzers, eine Art Holzschablone, gezogen und anschließend mit der Hutschnur abgebunden. Auf diese Weise bekommt der Hut seine Form. Wenn der Hut wieder getrocknet ist, was schon eine Nacht lang dauern kann, geht es an den Rand.

Dieser wird zuerst flachgebügelt, dann „gerampfelt“ und erneut auf die gewünschte Form gebügelt. Zum Schluss wird der Rand auf seine endgültige Breite zugeschnitten. Jetzt ist der Hut fast fertig und Wiesner mit seinem Teil der Arbeit auch. Denn jetzt übernehmen seine Damen und verpassen dem Hut mit geschickten Händen sowie Nadel und Faden den letzten Feinschliff, sprich Bänder, Schleifen, Kordeln, Federn und so weiter. Den allerletzten Handgriff übernimmt Wiesner wieder selbst: Wenn er der Kundin oder dem Kunden den Hut auf den Kopf anpasst und zurecht zieht, damit er wirklich perfekt sitzt. Das ist für Wiesner der schönste Teil an seiner Arbeit:

Wenn d´Leid dann mit enam neien Huad nausgengan und si gfrein.

Der Hutmacher
Der Hutmacher ist ein alter Handwerksberuf, belegt bereits für 1363 durch eine Hutmacherzunft in Nürnberg. Wie der Name schon sagt, stellt ein Hutmacher Hüte und andere Kopfbedeckungen her. Dazu verwendet er in der Regel Filz, Stoff, Leder, Pelz oder Stroh. Seit der Novellierung der Ausbildungsordnung in Deutschland im Jahr 2004 ist die offizielle Berufsbezeichnung des zulassungsfreien Handwerks „Modist“. Bis in das 20. Jahrhundert hinein beschränkten sich Modisten auf weibliche Kundschaft, während Hutmacher die Kopfbedeckungen für Männer herstellten.
Modisten fertigen heute Kopfbedeckungen aller Art zur allgemeinen Bekleidung und Kostümherstellung. Zur Ausbildung zählen Fächer wie Modellplanung, Gestaltung und Konstruktion. Dabei wird gelehrt, wie die unterschiedlichen Werkstoffe richtig behandelt und zugeschnitten werden. Auch Allgemeinbildung zählt zum Unterrichtsstoff, in Form von Fächern wie Sozialkunde, Religionslehre oder Deutsch. International bekannte Hutdesigner sind zum Beispiel Philip Treacy, Fiona Bennett und Rachel Trevor-Morgan.

 

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