Wenn der Hang ins Rutschen kommt: So gehen die Gemeinden im Tal mit der Erosionsgefahr um

Wenn Regen über Stunden auf die Hänge der Region prasselt, reicht schon ein kleiner Moment aus und der Boden beginnt zu wandern. 

In einigen Teilen des Tegernseer Tals besteht darin nicht nur ein theoretisches Risiko. Mit jedem Starkregen steigt die Gefahr von Erdrutschen, überfluteten Straßen und instabilen Böschungen. 

Doch statt in blinden Alarmismus zu verfallen, setzen die hiesigen Gemeinden auf Prävention, Planung und Erfahrung.

Wo der Boden nachgibt

Die Hänge beginnen zu rutschen, wenn sich Wasser in den tieferen Bodenschichten staut und dadurch die Haftung zwischen Erde und Gestein verloren geht. 

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Besonders gefährdet dafür sind steile, bewaldete Hänge, auf denen die Vegetation bereits durch Baumaßnahmen oder Starkregen geschwächt wurde. In der Region Tegernsee gab es in den vergangenen Jahren mehrfach kleine Erdrutsche nach Unwettern, auch entlang von Forstwegen oder Straßenrändern.

Der Erosionsatlas Bayern weist solche Lagen als sensible Zonen aus. Die Gefährdung hängt nicht nur von der Steilheit des Hanges ab, sondern auch von der Bodenart, der Vegetationsdecke und der Nutzung. Besonders im Alpenvorland werden die Risikoflächen regelmäßig erfasst und in digitale Karten eingetragen, um gefährliche Gebiete frühzeitig zu erkennen.

So beugen die Gemeinden vor

Viele Orte im Tal haben ihre Gefahrenzonen inzwischen ebenfalls detailliert erfasst. Im Rahmen der bayerischen Programme zum Sturzflut- und Erosionsmanagement wurden in mehreren Kommunen Gefahrenkarten erstellt und geeignete Maßnahmen priorisiert. 

Diese umfassen unter anderem Entwässerungsrinnen, Rückhaltebecken, bepflanzte Böschungen oder auch kleinere Erdarbeiten mit Geräten wie einem Minibagger. Dieser kommt beispielsweise zum Einsatz, wenn punktuell Boden stabilisiert oder Drainagen angelegt werden müssen.

Solche Eingriffe erfolgen heute bereits wesentlich gezielter als früher: Stützmauern werden begrünt, um das Landschaftsbild zu erhalten. Grasnarben, Wurzelgeflechte und standortangepasste Pflanzen stabilisieren die Oberfläche zusätzlich. Die Fachstellen empfehlen außerdem, erosionsgefährdete Flächen durch Querstreifen oder raue Bodenstrukturen zu sichern, damit das Wasser langsamer abfließt.

Überwachung und Pflege sind unverzichtbar

Die Sicherung der Hänge ist jedoch kein einmaliger Akt, sondern ein laufender Prozess. Eine Mauer, die nach Jahren durchfeuchtet oder unterspült wird, verliert ihre Wirkung. 

Deshalb führen viele Gemeinden regelmäßige Kontrollen, Drainagespülungen und Vegetationspflege aus. In steileren Lagen kommen inzwischen auch Sensoren zur Überwachung der Bodenfeuchte zum Einsatz. Diese Technik liefert frühe Warnsignale, bevor größere Schäden entstehen können.

Solche Systeme gehören mittlerweile zu den Standardinstrumenten in gefährdeten Regionen des Alpenraums. Neben kommunalen Initiativen beteiligen sich auch Fachbehörden an Schulungen, um Bauhöfe und Forstbetriebe für die Problematik zu sensibilisieren. 

Die Erfahrung vor Ort ist jedoch nach wie vor entscheidend. Kein Modell ersetzt die Beobachtung von Menschen, die ihre Hänge seit Jahrzehnten kennen.

Klimafaktor Regen muss ernst genommen werden

Die Klimawirkungs- und Risikoanalyse des Umweltbundesamts stuft den Anstieg von Starkregen als eine der zentralen Herausforderungen in Süddeutschland ein. 

In alpinen Tälern wird erwartet, dass die Niederschläge künftig kürzer, aber dafür intensiver ausfallen. Für die Gemeinden bedeutet das, dass sie sich an den früheren Ausnahmezustand als neue Normalität anpassen müssen.

Planung, Renaturierung und Schutzbauten werden damit zu einer Daueraufgabe. Zugleich wächst das Bewusstsein, dass der beste Schutz im Kleinen beginnt, nämlich mit durchlässigen Böden, einer gesunden Vegetation und der konsequenten Pflege der bestehenden Infrastruktur.

Die Menschen lernen von den Hängen

Die Landschaft rund um den Tegernsee lebt von dem Wechselspiel aus Steilhang, Wald und Wasser. Diese Schönheit ist zugleich die Verletzlichkeit der Region. 

Wer hier baut, forstet oder Wege anlegt, bewegt sich in einem sensiblen Gefüge. Gemeinden, Fachleute und Bürger:innen haben in den letzten Jahren jedoch gelernt, diese Balance ernst zu nehmen.

Erdrutsche lassen sich nie vollständig verhindern, sie lassen sich allerdings beherrschen. Dafür sind Geduld, Wissen und Respekt vor dem Gelände nötig. Das Tal bleibt in Bewegung, aber es lernt, mit dieser Bewegung umzugehen.

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