„Wir lassen uns das nicht mehr gefallen“

Levent Kocamaz und Alessandro Pinto wollen am Gmunder Stachus eine Wettannahmestelle eröffnen. Gemeinde und Landratsamt machten ihnen bisher einen Strich durch die Rechnung. Doch die Wut der beiden ist groß.

Die Eingangstür ist eines der Hauptprobleme. Wenn alle Strick reißen, wollen Kocamaz und Pinto den Eingang auf die Ostseite des Gebäudes versetzen.

Levent Kocamaz ist Wettvermittler. Er will gemeinsam mit Alessandro Pinto neben dem neuen Lokal Shakes Beer am Gmunder Stachus eine Wettannahmestelle eröffnen. Pinto ist Pächter und Betreiber des Ladens. Doch obwohl das Geschäft eigentlich seit 1. März geöffnet ist, mussten die beiden ihre Wettannahmestelle schon nach drei Tagen wieder schließen.

Der Grund: Auf Wunsch der Gemeinde Gmund führte das Landratsamt Miesbach eine Kontrolle durch. Auf Nachfrage bestätigte Pressesprecherin des Landratsamts Sophie Stadler damals: „Die Gemeinde Gmund hat eine Gewerbeanmeldung vorliegen. Eine solche muss die Gemeinde annehmen.“ Doch muss von Gesetzes wegen zwischen einem Sportwettbüro und einer Wettannahmestelle unterschieden werden. Für beides ist eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung nötig.

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Was, wenn aus der Wettannahmestelle ein Wettbüro wird?

Zuletzt beschäftigte sich der Gmunder Ortsplanungsausschuss in einer Sitzung im April mit dem Thema. Zwar beteuerten Kocamaz und Pinto immer wieder, dass sie nur eine Wettannahmestelle betreiben wollen, doch wie sich herausstellte, lässt die Softwareeinstellung der Wettmonitore anderes vermuten. Die Ausschussmitglieder befürchten, dass per Knopfdruck Live-Wetten angeboten werden und die Wettannahmestelle so zum Wettbüro wird. Genau das schließt der Bebauungsplan für das Areal grundsätzlich aber aus.

Für Kocamaz ist diese Angst jedoch unbegründet: „In anderen Landkreisen, wie beispielsweise Weilheim-Schongau, hatte ich nie solche Probleme. Ich habe schon mehrerer solcher Wettannahmestellen und habe niemals Live-Wetten angeboten – warum sollte ich das jetzt hier in Gmund anfangen?“ Er und Pinto kämpfen weiter dafür, ihr Geschäft zu eröffnen. Doch langsam geht ihnen die Geduld aus.

Insgesamt vier Monitore und vier Stühle befinden sich in dem Raum.

Laut Kocamaz habe der Ärger mit dem benachbarten Schreibwarenladen angefangen. Dort werden Lotto-Wetten über Oddset angeboten. „Die haben Angst vor der Konkurrenz. Und das ganz zurecht, da Sportwetten, wie ich sie anbieten will, wesentlich bessere Quoten haben.“ Das habe allerdings den Stein ins Rollen gebracht: „Die Gemeinde hat Angst, dass ich per Knopfdruck Live-Wetten anbieten könnte, aber im Schreibwarenladen kann ich das mit deren Wettprogramm genauso.“ Kocamaz kann die Argumente der Gemeinde daher nicht verstehen:

Ich habe die gleichen Rechte wie andere auch. Die Ortsplanungsausschussmitglieder kennen die Gesetze nicht, aber reden einfach. Sie haben den Laden einfach zusperren lassen – dabei ist das nicht einfach so erlaubt.

Kocamaz legt einen Zettel vor. Darauf zu lesen sind in roter Farbe die verschiedenen Anforderungen, die er laut Landratsamt erfüllen müsse. „Eine Dame vom Landratsamt war damals hier, hat die Punkte einfach handschriftlich auf ein Blockblatt geschrieben und mit diesem Zettel dann angeordnet, den Laden zu schließen. Es kann mir keiner erzählen, dass das legal war. Es gab keine ordentliche Abmahnung, nichts.“ Er habe die Anweisungen dennoch befolgt, um Ärger zu vermeiden. „Ich habe alle Auflagen erfüllt.“

Verhärtete Fronten in Gmund

Doch nicht nur die Live-Wetten sorgen für Skepsis im Ortsplanungsausschuss, sondern auch die Eingangstür. Diese befindet sich direkt neben dem Schreibwarenladen und vor einem privaten Gehweg. Die Gemeinde fordert, dass dieser besagte Gehweg aus Haftungsgründen öffentlich umgewidmet werden soll. „Der Gehweg gehört dem Hausbesitzer Dr. Bleicher, doch der will sich in diese Angelegenheit nicht einmischen“, so Kocamaz.

Die Gemeinde fordert, dass der private Gehweg vor der Eingangstür öffentlich gewidmet wird.

Seiner Meinung nach hätte die Gemeinde schlichtweg ein Problem mit Sportwetten. „Würde hier ein Nagelstudio oder ein Klamottenladen reinkommen, wäre die Eingangstür beziehungsweise der Gehweg auch kein Problem.“ Die Tür habe er ja nicht eingebaut, die war schon da.

Von mir aus verlege ich die Tür auch gerne auf die östliche Seite des Hauses – dort ist der schmale Gehweg öffentlich. Aber dann laufen die Leute von meinem Laden direkt auf die Straße zu. Wenn dann da grad ein Kind oder eine alte Dame entlang läuft, dann kann das echt gefährlich werden. Und das will ich eigentlich vermeiden, ich will niemanden in Gefahr bringen.

Kocamaz und Alessandro seien nach eigener Aussage jederzeit zu einem Gespräch bereit gewesen, „aber ab jetzt läuft eben alles nur noch über meine Anwältin. Irgendwann reicht es.“

Eine Wettannahmestelle sei keine Vergnügungsstätte – “ich biete hier keine Getränke, keine Live-Übertragung von Sportsendungen oder Sonstiges an, es gibt ja nicht mal Sitzplätze.“ Die Leute würden an den vier Wettmonitoren ihre Tipps abgeben und wieder gehen. Kocamaz und Alessandro sind mittlerweile ihrer Geduld am Ende: „Wir machen am 1. Mai auf. Trotz allem.“

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