Das Wirtshaus: Ein Ort der Begegnung, des Austauschs, der Unterhaltung und früher desöfteren der lokalen Politik. Eine Institution mit langer Tradition und Geschichte in Bayern, ein Teil gelebter Kultur. Auch hier im Tegernseer Tal legen Einheimische und Wirte Wert auf den Erhalt dieses “Lebensgefühls”. Doch immer wieder fällt der Begriff Wirtshaussterben.
Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband gab dazu vor einiger Zeit Zahlen bekannt, die diesen scheinbaren Trend zunächst bestätigen. So besitzen rund 500 bayerische Gemeinden kein Wirtshaus mehr, das entspricht knapp 24 Prozent aller Kommunen im Freistaat. Doch hat dieses Phänomen auch das Tal erreicht?
Wohnraum statt Wirtshaus
Auf den ersten Blick scheint es so: Viele Traditionsgasthäuser haben in den vergangenen Jahren geschlossen, manche stehen sogar schon seit Jahrzehnten leer. So zum Beispiel der Bichlwirt im Kreuther Ortsteil Reitrain. Seit über 25 Jahren verfällt das denkmalgeschützte Wirtshaus nach und nach.
Früher hatte der Trachtenverein D’Hirschbergler dort seinen Stammtisch, doch nachdem das eigene Vereinsheim gebaut wurde, gab es einige Pächterwechsel und letztendlich musste das Wirtshaus geschlossen werden. Aber es gibt Hoffnung: Vor drei Jahren wurde der Gasthof ersteigert. Der neue Besitzer will namentlich nicht genannt werden, aber nach eigener Aussage, „soll da wieder was reinkommen.“ Wann ist allerdings unklar.
Anders sieht es in Rottach aus: Neben dem Gasthof Glasl im Jahr 2014 wurde nun auch das Café Kreuz geschlossen. Beide Traditionsgaststätten wurden vor über 130 Jahren erbaut. Die Rottacher Ortsteile Oberach und Berg verlieren damit zwei bedeutende Gastronomiebetriebe. Sowohl im Glasl als auch im Café Kreuz sollen künftig Wohnungen und Einfamilienhäuser entstehen.
Einen ähnlichen Fall gibt es in Hauserdörfl. 2012 hat das Gasthaus Knabl wegen Insolvenz dicht gemacht, das Gebäude wurde wenig später abgerissen. Hier ist bereits neuer Wohnraum entstanden. In Tegernsee gab es im vergangenen Jahr einen weiteren „Wirtshaus-Trauerfall“: Die Pächter des Gasthof Schandl mussten nach eigener Aussage nach Einführung des Mindestlohns aufgeben. Einen Nachfolger gibt es auch hier nicht. Wohnungen sind derzeit nicht geplant – noch nicht.
Auf und Ab in der Gastronomie
All diese geschlossenen Traditionsgaststätten sind zwar ein Hinweis auf das sogenannte „Wirtshaussterben“. Doch es gibt auch eine positive Entwicklung, so zum Beispiel der Maximilian in Gmund: Über 30 Jahre lang war es der Schandfleck der Gemeinde. Doch neben einem REWE-Markt, einer Tiefgarage und Büros soll nun auch eine neue Gaststätte entstehen – ganz in bayerischer Tradition. Betreiber wird das Brauhaus Tegernsee.
Und auch in Tegernsee gibt es Lichtblicke. Anfang 2015 wurde überraschend bekannt, dass der damalige Pächter Robert Dolejsi die Schießstätte am Eisplatz verlässt. Doch nur wenige Monate später wurde ein neues Pächterpaar gefunden. Das Haus wird nun als gutbürgerlich-bayerische Gaststätte fortgeführt.
Auch die Gemeinde Kreuth kann zwei Erfolge im Erhalt “altehrwürdiger” Häuser vorweisen: Sowohl die Riedler Stub’n als auch das Batznhäusl konnten nach einer Schließung wieder eröffnen. Neben diesen Gaststätten gibt es in den jeweiligen Gemeinden noch weitere Wirtshäuser, die die bayerische Tradition erhalten. Die Wirtshauskultur im Tegernseer Tal ist also nicht vom „Aussterben bedroht“ – auch wenn es manchmal den Anschein hat.
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