Weniger Wochenstunden, gleichbleibendes Gehalt – eine 4-Tage-Woche klingt erstmal nicht schlecht. Die Gmunder Firma Lokale Stimme hat sich an die Umsetzung des Konzepts getraut. Personalmanagerin Sandra Niederberger erzählt von Herausforderungen und Chancen.
36 Stunden an vier Tagen in der Woche – dafür ein Tag frei. Ein modernes Konzept. Das Ziel: Zufriedenere Mitarbeiter, die am Montag nach einem langen Wochenende motiviert und erholt in die Arbeit kommen.
Auch die Lokale Stimme am Tegernsee probiert dieses Konzept aktuell aus. Wir haben mit Personalmanagerin Sandra Niederberger über die Herausforderungen und Chancen dieses Konzepts gesprochen.
Frau Niederberger, 4-Tage-Woche während Corona einführen – ergibt das Sinn?
Sandra Niederberger: Ja, davon waren und sind wir überzeugt. Über die Einführung haben wir schon länger nachgedacht. Und gerade Corona hat uns den letzten Anstoß gegeben, diese einzuführen. Auch wir als Unternehmen waren von der Pandemie betroffen und haben in den Monaten von April bis Juli Kurzarbeit angemeldet.
Gerade in dieser Phase konnten die Kollegen und Kolleginnen bereits erfahren, was es heißt, bei geringerer Arbeitszeit effizienter arbeiten zu müssen. Und dies ist ja auch eine der Ideen hinter der 4-Tage Woche: Wir sind nicht weniger produktiv, sondern deutlich effizienter.
Haben Sie die 4-Tage-Woche direkt komplett eingeführt?
Niederberger: Wir sind der Meinung, dass jede größere Veränderung im Unternehmen eine Testphase benötigt. Aus diesem Grund erproben wir aktuell die 4-Tage-Woche bis zum Ende des Jahres.
Was muss in dieser Zeit passen, damit Sie daran dauerhaft festhalten?
Niederberger: Grundsätzlich muss sich der überwiegende Teil der Mitarbeiter mit dem neuen Arbeitszeitmodell wohl fühlen und für die Firma eine klare Effizienzsteigerung bei mindestens gleichem Output erkennbar sein.
Und welche Idee steckt konkret hinter der Einführung?
Niederberger: Drei Schlagwörter: Work-Life Balance, Effizienz, Arbeitgebermarke. Mit einer besseren Work-Life Balance und somit mehr Zeit für Familie und Privatleben, soll die Zufriedenheit der Mitarbeiter gesteigert werden. Was sich wiederum auf die Motivation auswirkt.
Anwesenheit bedeutet nicht immer gleich Produktivität. Im Gegenteil, die 4-Tage-Woche zwingt zu einer besseren Organisation. Unproduktive Zeitfresser, wie beispielsweise unklare Abläufe und Zuständigkeiten, ständige Unterbrechungen durch Anrufe und Mails sollen aus dem Weg geräumt werden.
Dabei ist der Ansatz in Deutschland aktuell noch selten und hat sich insgesamt auf dem Arbeitsmarkt noch nicht durchgesetzt. Dennoch stehen flexible Arbeitszeiten ganz oben auf der der Wunschliste an den idealen Arbeitgeber. Um im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte an Attraktivität zu gewinnen, ist neben Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit, was wir bereits anbieten, die Einführung der 4-Tage-Woche eine große Chance für unser Unternehmen.
Wie genau sieht die 4-Tage-Woche denn genau aus?
Niederberger: Es gibt nicht “die” 4-Tage-Woche für das gesamte Unternehmen, sondern individuelle Vereinbarungen pro Bereich. Im Vertrieb beispielsweise wird von Montag bis Donnerstag gearbeitet und der Freitag ist frei, wohingegen im Bereich der Kundenbetreuung und auch der Redaktion jeder Mitarbeiter einen individuellen Tag in der Woche frei hat und somit die Erreichbarkeit weiterhin für 5 Tage gewährleistet wird. Für alle Vollzeitkräfte wird es aber eine Reduktion der Arbeitszeit von 40 auf 36 Stunden bei gleichbleibendem Gehalt geben. Und ganz wichtig, die 4-Tage-Woche ist für jeden eine Option und kein Muss.
Welche Herausforderungen gab es bei der Einführung?
Niederberger: Die größte Herausforderung liegt in der Unterschiedlichkeit der einzelnen Bereiche. Wir haben festgestellt, dass es die eine Lösung nicht gibt.
Gibt’s dann weniger Geld?
Niederberger: Nein, das Gehalt bleibt trotz Stundenreduzierung gleich.
Wie haben die Mitarbeiter auf die Neuigkeiten reagiert?
Niederberger: Überwiegend sehr positiv. Einige wenige Mitarbeiter hatten anfangs Bedenken aufgrund der gestiegenen täglichen Arbeitszeit innerhalb der 4 Tage.
Was würden Sie anderen Unternehmen sagen, die über die Einführung nachdenken?
Niederberger: Ich würde jedem empfehlen sich im Vorfeld mit Firmen, die ähnliche Strukturen aufweisen und bereits eine 4-Tage-Woche eingeführt haben, auszutauschen. So können die Vor- und Nachteile besser abgewogen und das richtige Modell für die eigene Firma gefunden werden. Darüber hinaus ist eine frühzeitige Kommunikation, beziehungsweise der aktive Austausch mit den Mitarbeitern ein weiterer Schlüssel für eine erfolgreiche Einführung. Austausch schafft emotionale Nähe und ist somit ein positiver Treiber.
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