Zu viele Privatstege im Tal?

Badestege am Tegernsee waren bisher Teil eines jeden Badeausflugs. Die öffentlichen könnten bald Geschichte sein. Bei den privaten sieht es anders aus. Aber haben wir davon schon zu viele?

Öffentliche Stege können zur Gefahr für Gemeinden werden

Erst kürzlich kam am Tegernsee die Diskussion auf, ob öffentliche Badestege künftig gesperrt oder gar abgebaut werden sollten. Der Grund: Die Haftung. 2017 fällte der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil mit weitreichenden Folgen. Von jetzt an haften Gemeinden für etwaige Badeunfälle an ihren Seebädern. So zum Beispiel am Strandbad Hubertus in Bad Wiessee oder am Strandbad in Seeglas in Gmund.

In allen Orten rund um den See wurden deshalb heuer zunächst schwimmende Kreuze und Inseln, die im Wasser vor allem für die Kinder angebracht waren, entfernt. Auch hier wird die Gemeinde zur Verantwortung gezogen, sollte es zu einem Unfall kommen.

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Gemeinden haften bei Unfall

Grund für das Urteil des BGH ist ein Fall aus dem Jahre 2010. Damals hatte sich ein 12-jähriges Mädchen unter Wasser in einer Boje verfangen und drohte zu ertrinken. Das Kind war minutenlang unter Wasser, bis die Badeaufsicht es bemerkte und das Kind aus dem Wasser zog. Das Mädchen überlebte, trug jedoch irreparable Hirnschäden davon. Die Familie des Mädchens verklagte daraufhin die Gemeinde auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Am Ende stellte der Bundesgerichtshof einen grob fahrlässigen Pflichtverstoß der Badeaufsicht fest und konkretisierte daraufhin die Pflichten.

Laut dieser herrscht bei Badeunfällen eine sogenannte “umgekehrte Beweislast”. In der Praxis bedeutet das, dass nicht die Schuld eines Angeklagten nachgewiesen wird, sondern dass der Beschuldigte seine Unschuld beweisen muss. Die Gemeinden müssen also beweisen, dass sie nichts hätten tun können, um den Unfall zu vermeiden. Noch ist nicht entschieden, ob im kommenden Sommer dann auch die Stege dran glauben müssen.

Zwei Stellen müssen zustimmen

Anders gestaltet sich die Sache allerdings mit privaten Stegen. Ganze 101 gibt es davon am Tegernsee. Sie gehören meist Eigentümern von Seegrundstücken. Zuständig für die Genehmigung solcher Stege ist zunächst das Landratsamt.

„Stege bedürfen einer sogenannten Anlagengenehmigung nach dem Bayerischen Wassergesetz. Diese Genehmigung wird vom Fachbereich 32 „Wasser, Abfall und Bodenschutz“ erteilt, wenn alle öffentlich-rechtlichen Vorschriften, also insbesondere auch die des Naturschutzes, eingehalten werden“, erklärt die Pressesprecherin des Landratsamts Miesbach Sophie Stadler. Darüber hinaus brauche der Inhaber aber auch die privatrechtliche Genehmigung des Gewässereigentümers. In unserem Fall der Freistaat Bayern vertreten durch die Schlösser und Seenverwaltung.

Keine weiteren Privatstege am Tegernsee

Die führen auch in regelmäßigen Abständen Kontrollen durch. Trotzdem betont Pressesprecherin des Seenverwaltung Franziska Wimberger: „Den Stegeigentümern obliegt die Haftung für ihre Stege in Eigenverantwortung.“ Mehr Privatstege werden am Tegernsee jedenfalls wohl nicht mehr dazu kommen. „Grundsätzlich werden seit vielen Jahren keine neuen privaten Anlagen am Tegernsee mehr genehmigt, weil die Nutzung nach Ansicht aller Fachstellen und Gemeinden bereits vor vielen Jahren das maximale Maß erreicht hat“, so Stadler vom Landratsamt.

Insgesamt 101 Privatstege gibt es am See

Darauf habe man sich behördenübergreifend verständigt. Es sind damit nur noch Reparaturen oder Ersatzbauten genehmigungsfähig. „Auch das Baurecht steht Neubauten entgegen, weil die Seefläche als Außenbereich zählt, in dem nur sogenannte privilegierte Vorhaben entstehen dürfen“, erklärt Stadler. Wer es trotzdem versucht und denkt keiner merkt’s: „Schwarzbauten werden verfolgt, gegebenenfalls muss zurückgebaut werden“, betont Stadler abschließend.

Übrigens. Ein Steg ist nicht umsonst. “Für sogenannte Seeeinbauten (wie z.B. Stege, Boots- oder Badehütten, Plattformen etc.) fällt ein Nutzungsentgelt für die Überbauung des staatlichen Seegrunds nach den Entgelttabellen für Seenutzungen und Überlassung von Uferflächen der Bayerischen Schlösserverwaltung an”, so Pressesprecherin Wimberger.

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