Was scheren mich die Schafe?

Leohard Mück steht gebückt. Den Körper gegen das Schaf gebogen. Wie auf einem Friseurstuhl sitzt ein weißes Bergschaf mit seinem wolligen Hintern auf einer Holzbühne vor ihm.

Den Kopf leicht hochgebogen, scheint es fast zu meditieren. Die Schermaschine surrt. Der Mann im schwarzen Muskelshirt ist die Ruhe selbst. In vier Minuten wird das Tier vier Kilo leichter sein.

Leonhard Mück erleichtert das Tier um vier Kilo Wolle
Leonhard Mück erleichtert das Tier um vier Kilogramm Wolle.

Vier Kilogramm – so viel wiegt die Wolle eines Tiers im Durchschnitt. Leonhard Mück weiß das genau. Schließlich ist er Schafscherer. An die 2.000 Tiere kommen jedes Jahr unter seine Maschine. Werktags ist Leonhard als Wasserwart bei der Gemeinde Uffing angestellt. Die meisten Wochenenden widmet er sich seinem Hobby – dem Schafe scheren. So wie an diesem Einheitstag am Tegernseer Kohlhauf-Hof.

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Gefallen hat ihm der Umgang mit Schafen schon immer. Hat er doch selbst 45 Mutterschafe zuhause. Dank eines Scher-Lehrgangs in Regensburg kann er sich sicher sein, alle Grundgriffe perfekt zu beherrschen. Mit dem regelmäßigen Scheren kam längst die Routine. Als Scherhilfe dienen dem Jüngling seine Schermaschine, ein Scherkamm und ein sogenannter „worry“ – eine Scherhilfe fürs Kreuz. Sie hält sein Körpergewicht, während er die ganze Zeit gebückt dasteht.

Spinnen als Meditation – und um das alte Handwerk zu erhalten

Seinen Körper drückt er gegen das Schaf. Dessen Kopf ist gegen seinen Oberschenkel gelehnt. Die bernsteinfarbenen Augen des Tiers blicken gelassen. „Man muss halt richtig mit den Schafen umgehen“, erklärt Leonhard den Umstand, dass das Schaf die Prozedur fast zu genießen scheint. Die Schermaschine surrt. Ein breiter Zackenkamm klemmt das Haar ein, ein zweiter schneidet es summend ab.

Übertönt wird das leise Surren von einem Klackern von nebenan. Dort, wo die Spindeln von Kathi und Lotti fröhlich auf- und abhüpfen. „Das Spinnrad muss man füttern“, erklärt Kathi. Eigentlich hat die Lenggrieserin einen Vollzeitjob. Doch in dem alten Handwerk – dem Spinnen von Schafwolle – geht sie voll auf:

Schön, dass das alte Handwerk nicht untergeht.

So erklärt sie ihre Leidenschaft. Werktags ist Kathi vollzeit berufstätig. In ihrer Freizeit geht sie dem Wollespinnen nach. „Das ist fast wie Meditation für mich“, lacht sie. Gut, dass ein gemeinsamer Bekannter Kathi mit Lotti bekanntgemacht hat. Die pensionierte Lehrerin besitzt zwanzig eigene Schafe und hat Kathi gezeigt, wie man Wolle spinnt.

Altes Handwerk weiterzugeben, macht Lotti (li.) augenscheinlich Spaß
Altes Handwerk weiterzugeben, macht Lotti (li.) augenscheinlich Spaß.

Eines Tages kam Kathi mit einem defekten Spinnrad an. Lotti konnte helfen, es wieder in Schuss zu bringen. Ab da traf man sich regelmäßig zum Spinntreff. Vier Frauen zählt die Runde bereits. Sind die Schafe geschoren, so kann man die Wolle gleich weiterverarbeiten, wie Lotti erklärt.

Aussortieren, waschen, trocknen, kardieren – also das strähnenweise Kämmen der Wolle in Stilrichtung – und schließlich das Spinnen der Wolle. So reihen sich die Arbeitsschritte aneinander. Lotti verspinnt dabei nur die Wolle ihrer eigenen Schafe. Die Fuchsschafe werden nur einmal im Frühjahr geschoren. Die Bergschafe zweimal im Jahr.

Schafprämierung am Tegernseer Kohlhauf-Hof

15 Tiere hatte Leonhard Walch an diesem 3. Oktober schon „in seinen Armen“. Ungefähr 14 schafft er pro Stunde, erzählt er. Eines entlässt er gerade, um vier Kilo leichter, in die Freiheit. Es gehört Agnes und Michael Winterle. Wie jedes Jahr haben die beiden am Tag der Deutschen Einheit einen wichtigen Termin in ihrem Kalender eingeschrieben: Die Schafprämierung am Tegernseer Kohlhauf-Hof – ausgerichtet von der Schafhalterbereinigung Miesbach-Tegernseer-Tal e.V.

Stolze Jungzüchterinnen (Kategorie bis 8 Jahre): Anna-Lena (8 Jahre, li.) und Verena (3 Jahre, re.), mit Vater Michael Winterle
Stolze Jungzüchterinnen: Anna-Lena Erlacher (8 Jahre, li.) und Verena (3 Jahre, re.), mit Vater Michael Winterle. Nicht mit auf dem Bild ist Anian Schösser

Ein Jungzüchter-Cup, eine Ausstellung der unterschiedlichen Schafrassen, die Verlosung eines lebenden, kleinen Lämmchens sowie natürlich allgemeiner Informationsaustausch standen auf dem Plan. Zahlreiche Betriebe waren der Einladung gefolgt und hatten ihre Tiere – hauptsächlich weiße, schwarze, braune und gefleckte Bergschafe – mitgebracht.

Ein eigens angereister Richter nahm die Bewertungen in den einzelnen Kategorien vor. Bewertet wurden Bemuskelung, Wolle sowie äußeres Erscheinungsbild. Bei den Jungzüchtern von 9 bis 15 Jahren gewannen 1. Leon Würfel 2. Katharina Walter und 3. Hannah Pirchmoser. Der Gesamtsieger war auch heuer wieder Franz Leitner jun. mit dem Tiroler Steinschaf. Er stellte die ausgewogenste Gruppe mit einem Widder (Bock) und drei Mutterschafen. Insgesamt waren 24 Aussteller mit 103 Schafen und zehn Ziegen mit dabei. Sieben Jungzüchter stellten sich der Prämierung.

Hier ein paar weitere Bilder vom Treffen der Schafzüchter:

scheren_schafpraemier_teg

kardieren_schafpraemier_teg

kathi_spinnen_schafpraemier_teg

schafpraemierung

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