Am Wochenende waren wir in der alten Heimat – das heißt im Großraum Düsseldorf und Köln – unterwegs. Alle günstigen Züge waren ausgebucht und die Zeit für die über einen Tag dauernde Regionalbahnreise mit dem 9-Euro-Ticket fehlte. Auch das Flugzeug für die Kurzstrecke bietet weder ökologisch noch preis-technisch eine Alternative. Uns blieb also nichts anderes übrig als die kleine Dreckschleuder zu nehmen: unser Auto. Zwar braucht der Kleine nur wenig Diesel, doch auch das ist nicht sonderlich toll.
Positiver Tankschock im Westen
In der persönlichen Tankhistorie dieses Wochenende sind wir in Weyarn an der Tankstelle an der Autobahnauffahrt gestartet. Dort zahlten wir 2,06 Euro für den Liter Diesel. Ortsüblicher Preis im Landkreis. Für den Rückweg ins Oberland haben wir den Tank in Ratingen in NRW erneut gefüllt. Dort zahlten wir für den Liter schlanke 1,86 Euro. Da konnte ich die 20 Euro, die bereits in der Zahlhand bereit lagen, wieder zurück in den Geldbeutel stecken. Beim letzten Tankstopp im heimischen Miesbach hatte uns die teure heimische Tankwirklichkeit wieder. 2,10 Euro. Schlappe 24 Cent Differenz zwischen Nordrheinwestfalen und unserer bayerischen Heimat.
Das ist schon mal eine Ansage. Und keine erfreuliche. Die Differenz erklärt sich auch nicht am Feiertag oder der unterschiedlichen Tageszeit. Denn: In Ratingen haben wir etwa um die gleiche Uhrzeit und an einem Sonntag, vergleichbar mit einem Feiertag, getankt. Bei der Suche nach dem Grund für diesen wirklich markanten Preisunterschied zwischen den Tankstellen im Westen und dem äußersten Süden der Republik stößt man sofort auf das Stichwort: Niedrigwasser des Rheins. Aufgrund der klimabedingten anhaltenden Trockenheit einer der meistfrequentierten Wassertransportwege Deutschlands, ist der Verkehr auf dem Fluss nur noch bedingt möglich. Die Beladung der Schiffe müsse daher reduziert oder teilweise der gesamte Schiffsverkehr eingeschränkt werden.
Der Rhein läuft leer – aber erklärt das die markante Differenz?
Nur das allein kann die starke Preisdifferenz noch nicht erklären. Denn 2018, als ebenfalls ein starkes Preisgefälle bei den Spritpreisen zwischen dem Norden und dem Süden der Republik beobachtet wurde, war die größte bayerische Raffinerie durch einen Unfall nicht oder nur bedingt in Betrieb.
Etwas kryptisch heißt es in einer Meldung Anfang August des Bundeskartellamtes, „eingeschränkte Produktionskapazitäten bei Raffinerien in Bayern und Österreich“ und das Niedrigwasser des Rheins führten zu den hohen Spritpreisen in Bayern.
Ein im Vergleich relativ höheres Preisniveau ist vor allem in Bayern zu erkennen. Am 1. August 2022 lag der durchschnittliche E5- bzw. E10-Preis dort bei bis zu 1,94 Euro bzw. 1,88 Euro; in günstigeren Regionen hingegen je 21 Cent darunter.
Zudem ließen entsprechende Branchenberichte den Schluss zu, heißt es in der Pressemeldung weiter, dass einzelne Raffinerien in Bayern sowie dem grenznahen Ausland, wie zum Beispiel Raffinerien in Österreich, ihre Kapazität nicht voll ausnutzen könnten. Als Grund werden Ausfälle und technische Probleme genannt, ohne diese „Probleme“ im Detail zu benennen.
Markt- und Kostenstrukturen sowie Gewinnmargen werden geprüft
Das Bundeskartellamt führt in diesem Zusammenhang seit Mai eine Ad-Hoc Sektorüberprüfung durch (weiterführende Statistiken). Dazu Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes:
Im Rahmen der Untersuchung legen wir ein besonderes Augenmerk auf die Marktstruktur, die Kostenstrukturen und die tatsächlichen Gewinnmargen der Unternehmen.
Bei der Sektorprüfung der Kontrollbehörde der Raffinerie-Branche handle es sich jedoch ausdrücklich nicht „um ein Verfahren gegen bestimmte Unternehmen“, wird in der Meldung betont. Gleichwohl seien besondere Umstände erfüllt, die die Vermutung nahe legen, dass der Wettbewerb im Inland „möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht“ sei. Erste Zwischenergebnisse der Überprüfung sollen im Herbst vorliegen.
Wir starten am kommenden Wochenende wieder in den Norden. In Niedersachsen soll das Tanken sogar noch preiswerter werden. Natürlich werden wir am Freitag den Kofferraum nicht mit leeren Kanistern vollpacken. Dennoch: Das Kopfschütteln werden wir uns an der Zapfsäule sicher nicht verkneifen können. Ob wir auch in den bayerischen Schlauch beißen, lassen wir an dieser Stelle mal offen.
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