Die Anklage lautet auf Fischwilderei. Der 32-jährigen Tegernseerin wird vorgeworfen, sie habe drei Forellen gefischt, die auch noch im Schonmaß waren. Die Tiere waren also noch zu klein, als dass sie hätten gefangen werden dürfen. Einen Angelschein hat die Angeklagte auch nicht.
Es war am Ostermontag vergangenen Jahres. Die Angeklagte wanderte zusammen mit ihrem Freund, ihrem Halbbruder und der damals zwölfjährigen Tochter am Alpbach oberhalb von Tegernsee. Heute vor dem Amtsgericht erklärte die Beschuldigte, sie habe nur die Angel der Tochter zum Spielen dabei gehabt.
Spiel- oder Tatwerkzeug
„Die Angel hatten wir für meine Tochter gekauft, damit sie im Urlaub angeln kann“ erklärt die Beschuldigte dem Amtsgericht. „Aber der Urlaub musste ausfallen und meine Tochter wollte einfach nur mit ihr spielen.“ Richter Walter Leitner wundert sich sehr, dass das Mädchen im Wald nur mit der Angel spielen wollte, zumal die anderen beiden Männer und die Mutter tatsächlich gefischt hatten.
Denn genau das hatten die Männer bereits in einem separaten Verfahren zugegeben und die Strafe auch akzeptiert. Auch die drei gefundenen Fische sprachen nicht für einfaches Nur-so-tun-als-ob. Richter Leitner:
Ich bin ja gewillt, mir wilde Geschichten anzuhören. Aber erzählen Sie mir bitte doch nicht so einen Schmarrn.
Doch die Angeklagte beharrt auf ihrer Geschichte. Die Kleine habe nur den Faden ins Wasser gehalten. Ein Haken sei an der Angel gar nicht dran gewesen. „Fische hatte ich auch keine.“, fährt sie in ihrer Aussage fort. „Die Polizei hat alles durchsucht: meinen Rucksack, mein Auto. Nichts!“
Trotzdem sind aber Forellen gefunden worden. Ein als Zeuge geladener Rentner, Mitglied des Fischereiverein Tegernsee, war an dem Tag zum Alpbach gegangen, um dort unerlaubterweise zu fischen. Er hatte die Personen beobachtet.
Tiere quälen sich im Todeskampf
„Ich habe die zwei Männer, eine Frau und ein Mädchen mit der Angel gesehen“, berichtet er. „Ein Mann hat schnell etwas von der Schnur abgeschnitten – wahrscheinlich den Haken.“ Das Mädchen sei mit einer Tüte zum Bach hinunter unter die Brücke gelaufen. Er habe die Personen angesprochen und sie darauf hingewiesen, dass sie nicht fischen dürften.
Die Angeklagte hätte sofort protestiert und gesagt, dass ihn das nichts angehe. Daraufhin habe er ihr seinen Fischereiausweis gezeigt und gesagt, wenn es ihn nichts angehe, dann aber vielleicht die Polizei. Die drei Erwachsenen und das Mädchen seien daraufhin zurück zum Parkplatz gegangen. Er sei hinterher und am Parkplatz stieß man auf die Beamten. Während diese die Personalien der Beschuldigten klärten, sei er noch einmal zurückgegangen, um nach der Tüte zu sehen:
Da waren dann die Fische darin. Nicht getötet und nicht betäubt, einfach hinein geschmissen. Die sind darin elendig verreckt.
Der Verteidiger hat Zweifel an der Aussage des Zeugen. „ Wie konnten Sie denn auf 30 Meter Entfernung sehen, was da von der Leine geschnitten wurde?“, will er wissen. „Und wieso schickt die Polizei Sie zum Recherchieren zurück?“ Der Zeuge beharrt auf seiner Aussage.
Richter schützt ungehörten Zeugen
Vor den Türen des Sitzungssaals sitzt auch der Mann, der die Angel gehalten haben soll und der zuvor in einem separaten Verfahren auch schon seine Strafe akzeptiert hatte. Die Verteidigung hat ihn eigentlich als Entlastungszeugen geladen. Richter Leitner widerstrebt es, ihn trotzdem zu vernehmen.
„Ich würde eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldzahlung anstreben“ erklärt er, „Wenn wir den Zeugen hören, befürchte ich, dass er Gefahr läuft, ein Strafverfahren wegen Falschaussage zu riskieren.“ Denn, so erklärt Leitner weiter, der Zeuge erschien ihm glaubwürdiger.
Und die Strafe, die ihr Freund riskiert, sind die drei Fische nicht wert.
So einigen sich die Prozessbeteiligten auf eine Zahlung von 500 Euro zugunsten des Tierschutzvereins Tegernsee.
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