Wir haben jüngst über die Baustelle der Wiesseer Ortsmitte geschrieben. Investor Marcel Dittrich plant ein Schaugerüst und auch am Seegut ist eines zu sehen.
Einmal Ortsmitte, einmal Seegut: Beide Baustellenbetreiber fanden die Idee eines Perspektivwechsels durchaus spannend: Deswegen können Zuschauern im neuen Jahr die Baustellen Ortsmitte und Seegut in Bad Wiessee von oben besichtigen. Gerade für die Kleinen durchaus spannend!
Ursprünglicher Artikel, 1. Dezember 2023
Anfang der Woche schlug die Tegernseer Stimme eine Tribüne für Interessierte an der Ortsmitte-Baustelle vor. Gestern verkündete Bürgermeister Robert Kühn dann Erfreuliches. Investor Dittrich wird eben genau so ein Gerüst für Interessierte (ob Jung oder Alt) aufbauen lassen. Und – der Vorschlag wird auch an die Macher der Seegut-Bausteller herangetragen. Wir finden: Statt nörgeln, lieber mit neuen Ideen kommen.
Ursprünglicher Artikel, 27. November 2023
Dort rammen gigantische Maschinen Metall in den matschigen Tonboden. Hier füllen Bagger die Ladeflächen zahlloser LKW. Ein kleiner See zeugt von den Problemen mit dem örtlichen Grundwasser. In der Ortsmitte von Bad Wiessee wird mächtig gebaut – es ist ein gigantisches Wimmelbild. Wo einst das Hotel Ritter und noch einige andere Gebäude standen, will Investor, Marcel Dittrich, bis 2026 eine neue Ortsmitte zimmern: 12.000 Quadratmetern sind geplant, mit einem Einkaufszentrum (Rewe, Lidl und dm-Markt) sowie weiteren Gewerbeeinheiten und Wohnungen.
Wer baggert und baut, sorgt für Dreck und Klagen: Der Aushub muss weggeschafft werden, LKW fahren raus und hinein in den Ort, hinterlassen den Dreck auf den Straßen. Dittrich lässt am Abend reinigen. Aber der Lärm, der Dreck, die sind da. Und noch etwas anderes: Das Staunen. Immer wieder bleiben Kinder mit oder ohne Eltern an den Zäunen stehen. Manche mit offenen Mündern, manche lachend. All das, was sie mit ihrem Spielzeug sonst machen, ist dort unten in Überlebensgröße zu bestaunen: Muldenkipper, Radlader und bald Kräne.
Die Magie der Baustelle
Eine Mutter mit ihrem Kind im Wagen bleibt am schmalen Weg zwischen Münchner und Ludwig-Thoma-Straße stehen. Der Junge reckt sich heraus, klatscht in die kleinen Hände, als ein Bagger seine Schaufel tief in einen Hügel stößt, die Erde direkt vor dem Kleinen vorbeischwenkt und in den Laster fallen lässt. Die Mutter fragt ein Rentnerpaar, wo denn was genau hinkäme. Aber die beiden zucken nur mit den Schultern. Nicht jeder ist auf dem aktuellen Stand der Planung.
Baustellen haben in dieser Phase ihrer Entwicklung eine magische Anziehungskraft – übrigens nicht nur für Kinder. Auch viel ältere Wiesseer stehen gern dort, sind fasziniert vom schweren Gerät, das dort zum Einsatz kommt. Sicher – die Nachbarn, ob Friseursalon oder Ferienwohnungen leiden unter dem Lärm, der Erschütterung. Aber alle wissen, in wenigen Monaten steht hier eine neue Ortsmitte mit Einkaufsmöglichkeiten, die andere Gemeinden gern hätten.
Dittrich baut in einer schwierigen Zeit. Es gab inhaltlich notwendige Diskussionen angesichts der Größe und der Bedeutung im Gemeinderat. Sie haben den Investor Zeit und damit sehr viel Geld gekostet, denn seit den ersten Planungsentwürfen stiegen die Zinsen rasant nach oben, ebenso die Baustoffkosten. Andere Investoren am See warten lieber ab. Dittrich lässt graben. Wäre es nicht eine Idee, den Zugang, das Erklären und Bestaunen ein wenig zu verbessern. Die Arbeiten hier wären für Kinder eine gute Gelegenheit, bei den Expertinnen und Experten Wissenswertes über Maschinen und Fahrzeuge zu erfragen? Ihre Erlebnisse spielen und bauen sie nach. Längst gibt es Bauherrn, die sich den ‘Luxus’ erlauben, an ihrer Baustelle ein Extra-Gerüst mit Schautafeln einzurichten. Der Grund ist klar: Es wird Akzeptanz in der Bevölkerung geschaffen. Und: Die Kinder sind, so abgedroschen es klingen mag, die Kunden von morgen. Wer eine Baustelle von der Erschließung bis zur Fertigstellung sieht, bekommt zum Projekt, wie auch zum Bauen selbst eine andere Sicht.
Dittrich wills wissen
Wir treffen den Bauherrn, Marcel Dittrich, zufällig in der Bäckerei Hauser in Bad Wiesee. Der ruhig und besonnen sprechende Investor aus Irschenberg nutzt, so hört man, jede freie Minute, zu diesem Riesenprojekt zu fahren, jeden Schritt auf der Baustelle selbst mitzuerleben. “Ja, es gibt wenige Klagen. Aber die Mehrheit der Bürger freue sich über das Projekt”, berichtet er. Zeigt stolz eine WhatsApp von auswärtigen Gästen, die sich über die Entwicklung im Ort begeistert zeigen. Ob so ein Gerüst für Interessierte etwas wäre? Er nickt. “Keine schlechte Idee”.
Dazu muss man wissen, dass der Investor Dittrich wie auch die ‘Seegut’-Bauherrn sich nahezu immer bei Gemeinderatssitzungen die Klinke in die Hand geben. Anders als andere Baufreudige, die im Außenbereich gern erst bauen und dann fragen, sollen beide Investoren jeden Schritt, jede Idee mit der Kommune abstimmen, vor Ort und ansprechbar sein. Vorbildlich! Das findet auch Bürgermeister Robert Kühn. “Über so eine Baustellen-Erklärung müsste man mit den Verantwortlichen sprechen. Aber ich bin immer für Erklären und Begeistern – auch und vor allem für unsere junge Bevölkerung”, erklärt Kühn. Denn wenige hundert Meter von Dittrichs Projekt fangen die ersten Arbeiten für den neuen Ortsteil Seegut an.
Das Projekt der Familie Strüngmann, ebenfalls bald eine gigantische Baustelle auf 38 000 Quadratmetern. Sie liegt zwischen dem alten Jodschwefel-Areal und der Ortsmitte und wird gleichfalls Jahre dauern. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Tiefbauarbeiten beginnen. Vor wenigen Tagen stellte Eric Heppt, Geschäftsführer des Projekts, die neuen Fakten im Gemeinderat vor: Es werde demnächst mit dem Verbau und dem Setzen der Bohrpfähle begonnen. Aufgrund der „fragilen Bodenverhältnisse“ sei allein für die Tiefbauarbeiten rund ein Jahr einkalkuliert. Ab 2025 beginnen laut Heppt die Hochbauten, die Fertigstellung der kompletten Anlage sei für 2028 anvisiert.
Dann will Marcel Dittrich seine Discounter schon seit mehr als zwei Jahren geöffnet haben. Der Ort am Westufer wird nach und nach seinen bisherigen Charakter, sein Gesicht verändern. Kein anderer Ort hat dann im Tegernseer Tal eine solche tiefgreifende Veränderung vorgenommen. Das verlangt von Bürgerinnen und Bürgern und Gästen des Ortes viel Geduld und Nerven. Aber vielleicht schaffen es auch die Architekten aus München etwas für Baustellen-Fans zu entwickeln. Mehr Geduld durch mehr Transparenz und Erklären und dann vielleicht sogar Begeisterung.
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