Digitale Teilhabe in München – Welche Strategien die Stadt verfolgt

Die Grundidee der digitalen Teilhabe ist, dass der Zugang zu digitalen Inhalten für alle Menschen zugänglich ist. Denn immer mehr bedeutet digitale Teilhabe auch soziale Teilhabe. Wer keinen Zugang zum Internet hat, kann auf Social Media nicht an gesellschaftliche Diskussionen teilnehmen. Bei der Rolle, die diese Diskussionen mittlerweile einnehmen, geht es somit ebenfalls um politische Macht. Shitstorms auf Twitter beenden Karieren oder rücken aktuelle Problemfelder in den Fokus. Damit alle Münchener die Möglichkeit haben bei diesen Diskussionen zu partizipieren, verfolgt die Stadt weiterhin ihre Digitalstrategie. Das erklärte Ziel ist es, bis 2025 „München für alle Gesellschaftsgruppen im positiven Sinne digital erlebbar zu machen“. Doch welche Strategien verfolgt die Stadt, um dieses Ziel zu erreichen?

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Der sicher größte Schritt, um allen Einwohnern die Möglichkeit zur digitalen Teilhabe zu ermöglichen, ist es, allen Einwohnern den Zugang zum Internet überhaupt erst zu ermöglichen. Die Stadtwerke München (SWM) wollen bis Ende des Jahres 2023 70 Prozent der Haushalte an Glasfaserkabel anschließen. Glasfaser ermöglicht eine weitaus größere Bandbreite und sorgt dafür, dass der Zugang so für mehr Einwohner selbst während Spitzennutzungszeiten störungsfrei möglich ist. Denn wenn mehr Personen Zugang zum Internet haben und diesen auch ausgiebig nutzen, dann benötigt die Stadt die entsprechende Infrastruktur, um diesen Bedarf zu decken. Die Stadtwerke sehen daher den Glasfaserausbau als Grundlage für die digitale Transformation.

Neben Glasfaser, wird auch das 5g-Netz weiter ausgebaut. Neben Telekom und Vodafone stellt 1&1 in München 5g-Sendemasten auf. Damit erhalten mehr Münchener Zugang zum schnellsten Netz für ihren Mobilfunk. Viele Branchen versprechen sich Vorteile davon, dass Menschen ihre Dienste jederzeit überall abrufen können. Streaming-Plattformen verzeichnen mehr Zugänge, der Onlinehandel erwartet Zuwächse und auch die Glücksspielbranche verspricht sich einen Boom.

Damit wirklich jeder Zugang zum Internet hat, bieten die Stadtwerke unter dem Namen M-WLAN in München großflächig kostenfreies öffentliches WLAN an. Dieses Angebot richtet sich vor allem an Gäste Münchens und bedürftigere Einheimische, die ansonsten kaum eine Möglichkeit haben, einen Vertrag abzuschließen, um Zugang zum Internet zu erhalten. Mittlerweile ist dieser Service an fast 400 Standorten verfügbar, sowohl an öffentlichen Plätzen und Trambahn-Haltestellen, als auch in städtischen Einrichtungen wie Kliniken und Schulen. Der Ausbau dieser Standorte wird vorangetrieben und in den nächsten Jahren wird sich die Zahl der M-Wlan Hotspots weiter erhöhen.

Auch wenn der Zugang für die allermeisten die größte Hürde ist, an der digitalen Welt teilzuhaben, gibt es noch weitere Probleme. Eine Barriere, die der Inklusion im Weg steht, ist die der Verständlichkeit. Für manche Einwohner kann der Besuch einer städtischen Website problematisch sein, da die Sprache zu komplex ist. Doch die Stadt hat für diese Menschen eine Web-Präsenz eingerichtet, die in leichter Sprache verfasst ist.

Leichte Sprache ist so verfasst, dass die Sätze meistens sehr kurzgehalten werden. Im Fokus steht die Verständlichkeit der Texte und auf Zahlen und Werte wird meistens verzichtet. Während in einem Infotext über Marienplatz stehen könnte, dass dieser bei der Stadtgründung 1158 angelegt wurde und jedes Jahr von Millionen Menschen besucht, wird auf diese Informationen in leichter Sprache verzichtet. Stattdessen wird eher darauf hingewiesen, dass der Platz sehr alt ist und einer der beliebtesten Plätze in München ist. Gerade für Menschen, die Schwierigkeiten mit dem Lernen haben oder die aus anderen Gründen nicht gut lesen können, ist es eine enorme Hilfe, wenn städtische Informationsseiten in leichter Sprache zur Verfügung gestellt werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Stadt ihre Präsenz in leichter Sprache weiter ausbaut und versuchen wird, mehr aktuelle Texte in leichter Sprache anzubieten.

Für Menschen, die Deutsch nur teilweise als Fremdsprache beherrschen oder Deutsch gar nicht verstehen, ist es aber auch notwendig, die Texte in verschiedenen Sprachen zur Verfügung zu stellen. Das offizielle Stadtportal ist momentan neben Deutsch auf sechs weiteren Sprachen abrufbar. Viele der häufigsten Fremdsprachen in München werden dort angeboten. In Zukunft wird die Stadt ihr Angebot weiter ausbauen müssen, denn Fremdsprachen wie Spanisch oder Griechisch, die von Bevölkerungsgruppen gesprochen werden, die gerade in den 2010er Jahren vermehrt in die Stadt gezogen sind, werden nicht angeboten. Diese Bevölkerungsgruppen machen aber immerhin jeweils 6 Prozent der ausländischen Einwohner aus. Damit diese in der Zukunft auch gleichberechtigten Zugang zu städtischen Onlinediensten wie der Terminvereinbarung bei Ämtern haben, ist ein Ausbau der Sprachangebote notwendig.

Für Sehbeeinträchtigte ist es ebenfalls erforderlich, dass Barrieren abgebaut werden. Dank der immer besseren Möglichkeit mittels von KIs Text-to-Speech Programme zu verbessern, ist es kein Problem mehr, auf Seiten eine Vorlese-Funktion einzurichten. Ausgewählte Texte sind ähnlich wie bei der leichten Sprache jetzt schon mit dieser Funktion ausgestattet. Doch damit Inklusion wirklich gelingen kann, muss diese Funktion zwingend verstärkt eingebunden werden. Denn auch wenn es Vorleseprogramme, sowie Übersetzungssoftware in leichte oder andere Sprachen gibt, kann die digitale Teilhabe nicht bedeuten, dass die Betroffenen selber Maßnahmen ergreifen müssen. Denn sonst läuft man in Gefahr, diese Personengruppen zu verlieren und die selbst gesetzten Ziele nicht zu erfüllen.

Eine andere Gruppe, die besondere Aufmerksamkeit benötigt, um an der digitalen Welt teilzuhaben, sind ältere Menschen. Denn auch wenn die digitale Welt für Senioren eine Menge Vorteile und Komfort bieten kann, ist die Einstiegshürde für viele sehr hoch. Während die Digital Natives mit Online-Terminvereinbarungen oder Online-Banking bestens vertraut sind, sind laut einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsbundes Südwest (mpfs), rund jeder Fünfte ab 60 Jahren und jeder Zweite ab 80 sogenannte Offliner. Als Offliner versteht man Personen, die aus verschiedenen Gründen das Internet überhaupt nicht nutzen können oder wollen. Als Hauptgründe werden bei dieser Studie angegeben, dass die Angebote der digitalen Welt die Betroffenen nicht überzeugen, beziehungsweise dass sie nicht benötigt werden. Wenn die Vorteile, die die digitale Transformation den Einwohnern Münchens bietet, besser kommuniziert werden, könnten diese Offliner überzeugt werden, dem Internet eine Chance zu geben. Hierfür sollte München auf niedrigschwellige Angebote setzen und die Vorteile der Zeitersparnis, die durch Internetnutzung im Alltag entsteht, stärker bewerben.

Die nächsten Gründe, warum die Senioren angaben, das Internet nicht zu nutzen, waren einerseits fehlendes Vertrauen in die eigenen digitalen Fähigkeiten, andererseits, dass der Aufwand zum Erlernen der Nutzung des Internets zu hoch sei. Häufig wurde auch die Sorge genannt, dass das Internet zu unsicher sei und die Gefahr von Betrug zu hoch sei. All diese Ängste sind für sich genommen verständlich, das Internet bietet Gefahren, Phishing, Viren oder auch das allzu bereitwillige Versenden von sensiblen Daten. Wer sich jedoch gut vorbereitet, kann mit diesen Gefahren umgehen und damit dies gelingt hat, sieht das Sozialreferat München die Einrichtung von speziell auf Senioren zugeschnittenen Teilhabe-Kursen vor. Unterstützt werden sie von Kursen und Seminaren aus der Zivilgesellschaft, zum Beispiel des evangelischen Bildungswerks oder anderen ehrenamtlichen Helfern. Wer unterhalb bestimmter Einkommensgrenzen liegt, kann sogar Zuschüsse für den Kauf eines Computers oder Tablets beantragen.

Viele Hürden die, die digitale Teilhabe behindern hat die Stadt München bereits erfasst und Schritte eingeleitet, diese Abzubauen. Ob die bisherigen Maßnahmen ausreichen, damit die Digitalstrategie aufgeht, wird sich erst noch zeigen müssen. Das Zeitfenster bis zur selbst gesetzten Frist 2025 ist nicht mehr besonders groß und da viele Maßnahmen erst anlaufen, lässt sich über die Wirkung noch nicht viel sagen. Aber allein die Tatsache, dass München den Fokus auf die oft vergessenen Gruppen der Offliner, Benachteiligten oder Bedürftigen richtet, ist für sich genommen schon ein starkes Zeichen. Denn wenn diese Gruppen nicht in die digitale Transformation einbezogen werden, wird sich ihre Lage nur noch weiter verschlechtern. Mit ihren Angeboten zeigt sich aber, dass Teilhabe ein Menschenrecht ist, dafür steht die Stadt München ein.

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