Eine ganz andere als landläufig angenommene Elisabeth, Kaiserin von Österreich, macht Sandra Freudenberg mit ihrem von Andy Dauer reich illustrierten Buch bekannt, eine gebildete, unbeugsame Bergsteigerin, deren Lieblingswege, auch am Tegernsee, vorgestellt werden.
Sandra Freudenberg ist eine Publizistin, der sowohl das natural writing, also die Naturbeschreibung in der Alpenwelt, als auch die Geschichte und Kultur am Herzen liegt. Die Gründerin des Alpen Film Festivals hatte sich schon mit ihrem Buch „In den Bergen lebt die Freiheit: Wandern auf den Spuren von König Ludwig II.“ einer historischen Person und deren Wanderwegen gewidmet.
Nach Ludwig nun Sisi
Jetzt also folgte sie den Spuren von Sisi, folgerichtig nach König Ludwig II., denn die beiden waren sich sehr verbunden. „Die Boulevardpresse hat ihnen ein Verhältnis angedichtet“, sagt die Autorin, das aber stimme nicht.
Sie als Bergsteigerin interessiere sich für Persönlichkeiten, von denen nicht bekannt sei, dass sie Bergsteiger waren. Mit ihrem Buch wolle sie das Bild der Kaiserin von Österreich zurechtrücken. „Sisis Hauptbiografin hat Sisi als Vaterlandsverräterin, als magersüchtig und von Schönheitswahn besessen dargestellt“, erzählt die Autorin, „das lässt sich widerlegen“.
Sandra Freudenberg hat umfassendes Quellenstudium betrieben, Tagebücher der Hofdamen, das Tagebuch ihrer Tochter Valerie und ihr eigenes studiert und entdeckte einen ganz neuen Menschen hinter der Fassade von Sisi.
Die Biografin habe ihre Leidenschaft für das Bergsteigen als fehlendes Pflichtbewusstsein der Kaiserin interpretiert. „Aber sie hat sich sehr für Politik interessiert, war belesen und hat Fremdsprachen studiert, wie Ungarisch und Griechisch“, erzählt Sandra Freudenberg.
Sie sei ja mit 16 verheiratet worden an einen der härtesten Höfe, die man sich vorstellen kann. „Es war eine Liebesheirat, aber Sisi stand nicht hinter den politischen Ansichten von Kaiser Franz und hat ihr eigenes Leben geführt“, sagt sie und auch die Ersatzfrau des Kaisers akzeptiert.
Unbeugsame Kaiserin
Das Buch erzählt die Lebensgeschichte von Sisi, berichtet über Kindheit und Jugend, Ehe und Kinder der Kaiserin. Der Lesende erfährt, dass Sisi keinerlei Lust auf das Hofleben hatte und nicht nur das Schmuckstück an der Seite des Kaisers sein wollte, stattdessen lieber zum Reiten oder Fechten ging, Gymnastik machte, dass sie zur See fuhr und ein Leben in Freiheit liebte.
Aber, auch Kaiser Franz habe von seiner freiheitsliebenden Frau gelernt, ist zu lesen, und sich von seiner dominanten Mutter befreit.
Ein wichtiger Teil ihres Lebens war das Bergsteigen. Sandra Freudenberg hat ihr Buch deshalb in die einzelnen Kapitel aufgeteilt, wo Sisi unterwegs war. Deshalb lautet auch der Untertitel: „Lieblingswege einer unbeugsamen Kaiserin“.
Das Buch startet mit Possenhofen und fährt mit Bad Ischl fort, wo sie besonders viel wanderte. Sandra Freudenberg ist alle beschriebenen Wanderwege abgegangen und gesteht: „Einen Weg in Bad Ischl musste ich abbrechen, das war so anstrengend im Winter, eisig und glatt.“ Sicher sei Sisi die beste Bergsteigerin ihres Jahrhunderts gewesen.
Einmal, so ist nachzulesen, übernachtete die Kaiserin auf einer Almhütte und wachte am Morgen, von Flöhen zerstochen auf. Die Bergwelt aber, so schreibt Sandra Freudenberg, sei nicht nur ein sportlicher Bewegungsraum für sie gewesen, sondern auch ein magischer Ort. Sie wanderte am Großglockner, im Toten Gebirge, bei Meran und auch am Tegernsee.
Sisi habe einen engen Bezug zum Tegernsee gehabt und jeweils im August mit Mann und Kindern Zeit verbracht. „Besonders gern war sie am Riederstein und an den Gipfeln bei Wildbad Kreuth unterwegs“, schreibt die Autorin. Man wisse, dass die Familie sogar die Kraxelei der Wolfsschlucht zum Schildenstein bewältigt habe.
Sisis Rückzug im Wiener Wald und ihr Sehnsuchtsort bei Montreux beschließen das Buch, in dem eine Frau gezeigt wird, die sich nicht den Zwängen „einer sterbenden Monarchie beugen wollte“. Dass Sisi ausgerechnet von einem Anarchisten ermordet wird, der sich durch den Mord an einer Monarchin sonnen will, ist eine Ironie der Geschichte.
Das Buch liest sich spannend, lebendig, informativ, ist von vielen Episoden gewürzt und zeichnet ein neues Bild der Kaiserin. Andy Dauer hat es mit seiner klassischen Fotografie illustriert. Der Fotokünstler, der im Stil alter Meister fotografiert, hat das richtige Licht für seine Aufnahmen abgewartet und ist alle beschriebenen Wanderwege selbst abgegangen.
Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im Online-Magazin KulturVision am 16.01.2024 | Ein Beitrag von Monika Ziegler.
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