An die 500 Leute haben gestern Abend an der Kundgebung “Das Tegernseer Tal ist bunt” teilgenommen, so die Schätzung der Veranstalter. Darunter Familien mit Kindern, Tagestouristen und Politiker aus Tal und Landkreis.
Einige haben sich Lichterketten umgelegt oder bunte selbstgemachte Ballons mitgebracht. Kinder tragen selbstgebastelte Laternen, junge Menschen sitzen auf Picknickdecken, genießen Tee und den Ausblick auf den Tegernsee. Die Band Trovasur mit hispano-europäischem Flair stimmt die Zuhörerinnen und Zuhörer ein. Es wirkt insgesamt eher wie ein loses Zusammentreffen gut gelaunter und bunt angezogener Menschen, ein freundliches Happening mit klarer Botschaft.
Für die Botschaft sorgen Laura Mandl und Bernhard Fischer. Sie sind die Veranstaltungsleiter und wollen das Tegernseer Tal zum Leuchten bringen, “gegen die Dunkelheit von Hass und Hetze und für ein menschliches Miteinander” heißt es im Ankündigungsflyer dazu. Mandl liest, während Fischer ihr die Blätter hinhält und für sie umblättert. Warum es jetzt auch in Tegernsee nötig ist, für die Demokratie einzustehen? Für die Veranstalter und Partner ganz klar auch der lokale Bezug.
Etwa, dass sich in der letzten Zeit auch hier Vorfälle häufen, die zum Nachdenken bringen, erzählt Mandl und dass es sie besorgt, dass in Chatgruppen rechtsextreme Inhalte geteilt werden und Menschen sich radikalisieren. Dass der Landrat in Warngau “als Judas beschimpft” wurde und auch die Lokalpresse Beleidigungen und Morddrohungen bekommt.
Zuvorderst geht es den Veranstaltern um “unsere Demokratie, unser Grundgesetz und ein Mindestmaß an Toleranz und Menschlichkeit.” Sie erinnert in ihrer Rede auch an die unrühmliche Vergangenheit des Tegernseer Tals. Etwa, dass wenige Kilometer “von hier die Todesmärsche aus den KZ vorbeiführten” und dass über den Ortseingang von Rottach-Egern ein Banner gespannt worden sei, mit dem Titel: “Juden betreten diesen Ort auf eigene Gefahr”, mahnt Mandl und fordert am Schluss alle auf, aktiv zu bleiben, im Gespräch zu bleiben und die Demokratie zu verteidigen, “denn nur in der Demokratie können wir überhaupt diskutieren.”
Unter den Demonstranten sind Kinder, Familien und auch Politiker. Etwa Josef Bierschneider, Bürgermeister aus Kreuth, der im Nachgang die Demo als “sehr bewegend” und “stimmig” beschreibt:
Ich habe an der Demo teilgenommen, um damit auch persönlich ein Zeichen zu setzen gegen die leider in unserer Zeit immer mehr zunehmenden rechtsradikalen und demokratiefeindlichen Tendenzen. Josef Bierschneider, Bürgermeister der Gemeinde Kreuth
Gleich vor dem Pavillon, in der Trovasur spielt, ist auch die Kreuther Behindertenbeauftragte Christine Göttfried, die zum Takt der Musik schunkelt. Ein älteres Ehepaar sagt, dass es hier sei, um ein Zeichen gegen rechts zu setzen und dass das wichtig sei, auch hier im Tal. Andere sind aus München da und jetzt auch auf der Demo, wieder andere sind hier heimisch und sagen, dass es “Nur Gründe gibt hier zu sein und dass es jetzt an der Zeit ist”. Thomas Tomaschek, Vorsitzender des Ortsverbands der Grünen im Tegernseer Tal, freut sich über die gute besuchte Kundgebung: “Gut, dass auch am Tegernsee ein klares Zeichen für Toleranz, Vielfalt und Menschlichkeit gesetzt wurde. Auch in unserem Paradies müssen wir uns für Demokratie einsetzen.”
Bis 19.00 Uhr bleiben die Menschen zusammen, nachdem gemeinsamen Glockenläuten, löst sich die Versammlung auf. 300 Menschen waren angemeldet. Von 500 sprechen die Organisatoren.
Randnotiz
Am Rande der Demo taucht eine ältere Dame auf. Vehement und energisch geht sie auf Veranstaltungsleiterin Laura Mandl zu. Es handelt sich dabei um Alexandra Motschmann (Motschi von Richthofen). Die Schriftstellerin ist im Tal bekannt: als Anti-Impf-Aktivistin und Mitglied der Basis-Partei. 2020 war Motschmann bei einer Gruppe dabei, die von AfD-Abgeordnete in den Bundestag eingeschleust wurden und Politiker bedrängten, das Infektionsschutzgesetz zu ändern. Alles nachzulesen in ihrem Wikipedia-Eintrag.
Hinter ihr schimpft jemand, dass diese Person Flyer verteile, die hier nichts zu suchen haben. Es sind die Flyer von “Hand in Hand für unser Land”, eine Neugründung, die sich offiziell als “weder links, noch rechts” bezeichnet. Der Flyer ist schnell zerknüllt und die Dame belehrt. Das entspricht nicht nur den Demo-Auflagen, die hatten die Veranstalter im Vorfeld klar benannt (keine Parteifahnen, keine Parteiwerbung). Es zeigt auch, wie notwendig es ist, dass sich die demokratiefreundlichen Menschen im Tal zusammenschließen.
Korrektur
Das Bündnis “Buntes Tegernseer Tal” hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass wir im ersten Zitat zu den Vorfällen gegenüber dem Landrat einen Tipper hatten und statt “Judas”, “Jude” geschrieben haben. Das haben wir schnellstmöglich korrigiert. Zudem haben wir die Randnotiz aktualisiert, dass Schilder durchaus erlaubt waren, aber “keine Parteifahnen und keine Parteiwerbung.” Im Ursprungstext war eine falsche Zuordnung des Vereins “Hand in Hand für unser Land” zu lesen. Der Verein hat nach unseren Erkenntnissen zur Zeit keine Nähe zu rechtsextremen Gruppierungen. Wir bitten dies zu entschuldigen. Besten Dank für die Hinweise.
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