Die bayerische Gründerszene boomt – und denkt zunehmend auch international. Was früher vor allem ein Thema für große Konzerne und Exporteure war, gehört heute zur Realität vieler kleiner und mittlerer Unternehmen sowie Start-ups aus dem Freistaat.
Getrieben von digitalen Geschäftsmodellen, global vernetzten Lieferketten und neuen Vertriebskanälen entwickeln sich aus lokalen Ideen immer häufiger grenzüberschreitende Geschäftsmodelle. Besonders auffällig ist dieser Trend in städtischen Ballungsräumen wie München, doch auch im weiteren südbayerischen Raum. Dort treffen Innovation und Tradition aufeinander.
Der folgende Artikel beleuchtet diese Entwicklung genauer und zeigt, worauf es bei einer erfolgreichen Expansion ankommt.
Die Digitalisierung als wichtiger Türöffner
Was den bayerischen Mittelstand früher bei der Internationalisierung oft zurückhielt, waren Komplexität, Sprache und Bürokratie. Heute werden diese Faktoren jedoch durch die modernen digitalen Infrastrukturen abgefedert.
Internationale Zahlungsdienste, skalierbare Cloud-Systeme und eine digitale Plattformökonomie ermöglichen es, Produkte und Dienstleistungen mit geringem logistischen Aufwand auch weltweit anzubieten. Besonders in technologieorientierten Bereichen wie der Medizintechnik, der Softwareentwicklung, dem Maschinenbau oder im E-Commerce entstehen aus kleinen bayerischen Gründungsteams so immer wieder Unternehmen mit einer globalen Kundschaft.
Der Freistaat selbst unterstützt diesen Wandel aktiv: Die Initiative „Gründerland Bayern“ bietet gezielte Förderungen für diejenigen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, darunter Beratungsangebote, Netzwerkplattformen und Zuschüsse für die Internationalisierung.
Auch Organisationen wie BayStartUP oder Invest in Bavaria helfen bei dem Aufbau internationaler Geschäftsbeziehungen und vermitteln wichtige Kontakte zu potentiellen Investoren und Geschäftspartnern.
Internationale Expansion − aber mit Struktur
Wer global agieren will, braucht jedoch zwingend die passenden Strukturen. Viele Gründer wählen in diesem Zusammenhang internationale Niederlassungen, Partnernetzwerke oder Tochtergesellschaften – stets abhängig von dem individuellen Geschäftsmodell und dem Zielmarkt.
Vor allem in den USA ist die Nachfrage nach einfachen, rechtlich anerkannten Gesellschaftsformen hoch. Einige bayerische Unternehmen entscheiden sich deshalb zum Beispiel dafür, eine US LLC zu gründen, um ihre Marktpräsenz in Nordamerika zu sichern beziehungsweise zu etablieren. Diese Unternehmensform zeigt sich vergleichsweise unkompliziert. Sie bietet steuerliche und haftungsrechtliche Vorteile und erleichtert vor allem Kooperationen mit US-Firmen – insbesondere im digitalen Handel und bei Lizenzmodellen.
Der Schritt zur LLC erfolgt in der Regel jedoch nicht aus steuerlicher Motivation. Es sind vorrangig die praktischen Gründe, die für ihn sprechen: US-Kunden bevorzugen meist Geschäftsbeziehungen mit lokal registrierten Unternehmen, beispielsweise bei SaaS-Modellen oder Beratungsleistungen. Eine LLC bietet dafür die notwendige rechtliche Infrastruktur, ohne ein dauerhaftes Büro vor Ort unterhalten zu müssen.
Fallzahlen, Förderungen und Fakten
Laut dem bayerischen Wirtschaftsministerium wurden allein 2023 rund 15 Prozent aller geförderten Start-ups in Bayern mit dem Ziel gegründet, mittelfristig auch internationale Märkte zu bedienen. Dies entspricht einem Anstieg um fast 40 Prozent im Vergleich zu 2020. Besonders gefragt sind Märkte in Nordamerika, Südostasien und dem arabischen Raum. Doch auch Osteuropa spielt bei digitalen Services eine zunehmende Rolle.
Ein Treiber dieser Entwicklung ist die gut ausgebaute Förderlandschaft in Bayern: Mit Programmen wie dem „Start?Zuschuss!“ und dem LfA Innovationskredit unterstützt der Freistaat nicht nur die Gründung, sondern auch die Expansion in Auslandsmärkte. Zudem bieten die deutschen Auslandshandelskammern praktische Hilfe bei rechtlichen Fragen, Marktanalysen oder der Suche nach Vertriebspartnern.
Ein weiteres relevantes Instrument stellt das EU-Programm „Horizon Europe“ dar. Dieses ermöglicht auch bayerischen KMU Zugang zu Forschungsnetzwerken und internationalen Fördermitteln. Besonders relevant zeigt sich dies erfahrungsgemäß für technologieorientierte Start-ups.
Seit März 2025 bietet das Bundeswirtschaftsministerium zudem gezielt Mikroförderungen für Start-ups mit Digitalprodukten und internationalen Markteintrittsstrategien an.
Nicht zu unterschätzen: Die kulturellen und rechtlichen Unterschiede
Allerdings darf der Weg in den Weltmarkt nicht als reiner Selbstläufer betrachtet werden. Die Unterschiede in Regulierung, Mentalität und Geschäftspraxis stellen viele Gründer vor nicht zu unterschätzende Herausforderungen.
Besonders im angelsächsischen Raum gelten andere Anforderungen im Hinblick auf die Vertragsgestaltung, den Datenschutz oder die steuerlichen Offenlegungspflichten. Das Bayerische Zentrum für Kultur- und Kreativwirtschaft rät daher im Vorfeld zu interkulturellen Trainings und einer kompetenten juristischen Begleitung bei den geplanten Expansionsschritten.
Darüber hinaus zeigen Studien der Universität Bayreuth, dass eine solide Vorbereitung häufig auch über Erfolg oder Scheitern entscheidet: Eine erfolgreiche Internationalisierung ist laut ihrer aktuellen Untersuchung weniger eine Frage der Branche, sondern vielmehr der strategischen Planung.
Die zentralen Erfolgsfaktoren sind laut den Ergebnissen der Studie:
- eine frühzeitige Marktanalyse und Kundenfeedback
- ein skalierbares Geschäftsmodell
- eine agile Anpassung an neue Marktbedingungen
- lokale Ansprechpartner und native Kommunikation
Lokale Stärke als hilfreiches Sprungbrett
Interessanterweise profitieren internationale Gründungsvorhaben von starken regionalen Wurzeln. Netzwerke mit regionalen Unternehmen, Hochschulen und Kommunen unterstützen die Basis, von der aus international agiert wird.
So entstehen zum Beispiel in Oberbayern immer wieder Clusterstrukturen, in denen mehrere Akteure gemeinsam auf Auslandsmärkte zielen. Ein Beispiel dafür liefert das „Digital Health Netzwerk Oberland“, das unter anderem mit Partnern in Österreich und der Schweiz kooperiert. Gemeinsam verfolgen sie das langfristige Ziel einer Expansion in den nordamerikanischen Raum.
Ein ähnliches Modell liegt dem Cluster „Sensorik Bayern“ mit Sitz in Regensburg zu Grunde. Dieses verbindet mittelständische Unternehmen aus der Sensortechnik mit internationalen Forschungseinrichtungen und Industriepartnern. Gerade durch die Bündelung von Know-how lassen sich internationale Projekte effizienter und risikoärmer umsetzen.
Global denken, lokal bleiben?
Allerdings muss natürlich nicht jede Gründung auf eine weltweite Expansion abzielen. Viele bayerische Unternehmen begreifen den globalen Markt heute jedoch als Chance statt als Risiko.
Der Zugang zu neuem Know-how, spannenden Technologiepartnern oder vielversprechenden Absatzmärkten ist für viele Firmen längst ein notwendiger Schritt in einem zunehmend wettbewerbsorientierten Umfeld.
Bayern bietet dafür eine der besten Startbedingungen Europas, nämlich ein stabiles wirtschaftliches Umfeld, eine starke Industrie, ein gut vernetztes Förder- und Beratungssystem – und eine Generation von Gründern, die furchtlos bereit ist, neue Wege zu gehen.
Internationalisierung beginnt im Kopf
Ob im Rahmen digitaler Geschäftsmodelle, einer strategisch geplanten Expansion oder der Gründung einer ausländischen Gesellschaft – bayerische Gründer öffnen sich zunehmend für internationale Perspektiven.
Nicht vergessen werden darf dabei jedoch, dass die Internationalisierung auf einer soliden lokalen Basis fußen muss. Sie darf nicht als Selbstzweck erfolgen. Gründer, die global denken, müssen auch lokal stark bleiben – und bereit sein, in andere Märkte nicht nur Produkte, sondern auch die passende Kultur und Werte zu exportieren.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sprechen dafür, dass dieser Trend weiter anhalten wird. Wenn Bayern also in der Zukunft nicht nur Werkbank, sondern Ideengeber der Welt sein will, braucht es weiterhin genau jene Gründerinnen und Gründer, die mit klarem Kompass und gesundem unternehmerischen Instinkt mutig neue Märkte erschließen möchten.
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