Im Deutschen Reich spürte man noch die Nachwehen des deutsch-französischen Krieges, als Alois Burgstaller am 22. September 1871 in Holzkirchen als uneheliches Kind geboren wurde. In der damaligen Zeit eine missliche Lage für Frau und Kind. Seine Mutter Katharina heiratete kurze Zeit später den Uhrmacher Christopher Feyerlein, der eine Werkstatt in der Hafnergasse Ecke Tölzer Straße führte. Jahre später ging der junge Alois bei seinem Stiefvater in die Lehre.
Nach seinem Abschluss zog es den Gesellen wie unzählige andere junge Handwerker seiner Zeit in die Fremde. 1891 kehrte er zurück in die Heimat. Von Alois Burgstaller ist bekannt, dass er ein geselliger Mensch war und vor allem das Theater liebte. So spielte und sang er regelmäßig auf der Bühne. Doch eines war „beim Alois“ anders: Mit dem Stück „Das Vaterunser in der Christnacht“ begann für den Oberlandler aus der Provinz eine unglaubliche Karriere, die ihn über die Grenzen seiner kleinen Heimatgemeinde berühmt machen sollte.
Das Talent wird entdeckt
Der Münchner Fotograf Seiling war angereist, um von den Akteuren ein Gruppenfoto zu machen. Dabei hörte er den jungen Burgstaller singen und war sofort von ihm begeistert. Um ihn bei Musikgrößen seiner Zeit vorzustellen, schickte er den Uhrmachergesellen zum Vorsingen in der Landeshauptstadt zu seinem Bruder und dem Münchner Generalmusikdirektor Levi. Letzterer empfahl ihn weiter und zwar zu keiner anderen als Cosima Wagner.
Die zweite Ehefrau des deutschen Komponisten Richard Wagner war Leiterin der Bayreuther Festspiele. Sie sollte die außergewöhnliche Männerstimme unbedingt zu hören bekommen. Für einen so großen Tag braucht man die passende Kleidung, doch Alois, als einfacher Handwerker, fehlte das Geld. Entdecker Seiling sprang ein und stiftete seinem Sprössling einen Gehrock. Als Alois kurz darauf im Frühzug nach „Minga“ saß, wusste er noch nicht, dass er kurze Zeit später, noch im Jahr 1891, als Gesangsstudent in die Wagner-Schule in Bayreuth aufgenommen werden würde.
Fünf Jahre später sang der Holzkirchner das erste Mal bei den Wagner-Festspielen den „Siegfried“. Bis 1901 blieb er dem Opernhaus verpflichtet. Dann Stationen in Paris, Zürich, Budapest, London, Amsterdam und Moskau.
Dem Künstler liegt die Welt zu Füßen
Dem oberbayerischen Künstler lag die Opernwelt förmlich zu Füßen. Wie die Bilder zeigen, ist Burgstaller ein gutaussehender Mann – prädestiniert für Wagners Helden. In Paris stand der Tenor als Parsival auf der Bühne. Seine „Grals-Erzählungen“ ließen die Zuhörer jedes Mal in nicht endenwollende Beifallsstürme ausbrechen. Nach den Auftritten in den großen Metropolen der Welt schließlich der Vertrag an der „Met“, der berühmten Metropoliton Opera in New York. Alois Burgstaller ist am Höhepunkt seiner Karriere.
Trotz seiner zahlreichen Auftritte kehrte der Holzkirchner regelmäßig in seinen Heimatort zurück. Legendäre Auftritte: das Stiftungsfest 1903 der Liedertafel Holzkirchen und 1906 das Konzert zu Gunsten des kommunalen Kindergartens.
1908 zog es den Kammersänger, der Titel wurde ihm Jahre vorher von Kunsteinrichtungen verliehen, endgültig zurück nach Bayern. Zusammen mit seiner amerikanischen Frau kaufte er das Gut Heigenkam und baute an der Baumgartenstraße eine Villa; zehn Jahre später siedelte das Paar nach Gmund um.
In seinem Heimatort ist der berühmte Mitbürger bis heute sprichwörtlich greifbar. Elisabeth Wagner (Name von Red. geänd.), eine Holzkirchnerin, besitzt ein Gebetsbuch des früheren Opernstars, das sie wie einen kleinen Schatz in einer Vitrine aufbewahrt. „Burgstaller hat damals auf Gut Heigenkam gewohnt. Das Büchlein hat er seinem Firmling geschenkt“, erzählt sie. Viele Jahre später habe sie das Buch von der Frau des Firmanden geschenkt bekommen.
Alois Burgstaller stirbt am 19. April 1945. Eine Beerdigung ohne großen Pomp:„Es war ja immer noch Krieg und man hatte Angst vor Flugzeugangriffen. Deshalb hat man mitten in der Nacht mit einem Ochsenkarren den Leichnam nach Holzkirchen gebracht“, weiß die gebürtige Holzkirchnerin aus Erzählungen.
Es war Burgstallers Wunsch, in Holzkirchen seine letzte Ruhe zu finden. In den letzten Tagen eines in sich zusammenfallenden Dritten Reiches wurde der berühmte Tenor auf dem alten Friedhof neben der Pestkapelle beigesetzt. Die Ehrung kommt Jahre später: Die Gemeinde benennt eine Straße nach ihrem berühmten Ehrenbürger – die Burgstallerstraße.
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