Vergangenen Sonntag, am 20. Juli, jährte sich das Attentat auf Adolf Hitler zum 70sten Mal. Es gilt als der bedeutendste Umsturzversuch des militärischen Widerstandes in der Zeit des Nationalsozialismus. Männer wie Claus Schenk Graf von Stauffenberg bewiesen mit ihrem Mut und ihrer Opferbereitschaft, dass es noch „andere“ Deutsche gab. Dazu gehört laut Holzkirchner Chronik auch die Geschichte des Holzkirchner Gemeinderates Hans Jennerwein.
Wir schreiben den 1. Mai 1945. Es sind die letzten Tage der größten Katastrophe im Zwanzigsten Jahrhundert. In München weht bereits die amerikanische Fahne. Der Holzkirchner Bahnhof und umliegende Gebäude sind beschädigt.
Amerikanische Bomber hatten Tage zuvor ihre überschüssige Fracht von der Bombardierung der Landeshauptstadt über der Gemeinde abgeworfen. Drei Menschen waren dabei ums Leben gekommen. Bei vielen Bürgern herrscht Not, Leid und Angst. Nicht zuletzt, weil eine SS-Einheit sich im Ort verschanzt hält. Mit einer Panzersperre am Teufelsgraben wollen die Soldaten den heranrückenden „Amis“ noch mit „letztem Aufgebot“ entgegengehen.
Die Ereignisse überschlagen sich
Der Vormittag des 1. Mai beginnt mit Geschützfeuer aus Richtung Sauerlach. Es herrscht starker Schneefall. Zur gleichen Zeit schreibt der Holzkirchner Bürgermeister Egmont Hugel eine Übergabeerklärung. Plötzlich überschlagen sich die Ereignisse.
Eine unbekannte Person hisst am Turm der Sankt Laurentius Kirche eine weiße Fahne. Es dauert nicht lange, bis die SS-Schergen das Kapitulationssymbol wahrnehmen. Sie stürmen ins Rathaus und zerren Hugel hinaus.
Während des ganzen Handgemenges schafft es der Rathauschef, die Kapitulationserklärung dem Gemeindeangestellten Hans Jennerwein zuzustecken. Zusammen mit Pfarrer Imminger wird Hugel an die Wand gestellt. Die SS droht mit Erschießung.
Inzwischen steht eine US-Panzereinheit am Ortseingang nördlich von Holzkirchen am Teufelsgraben. Sie vermuten aufgrund der Panzersperre Gegenwehr und beginnen, den Ort unter Beschuss zu nehmen. Mit Speerfeuer nähern sie sich Meter für Meter der Gemeinde.
Der Holzkirchner Georg Lutz, ein Kriegsveteran, nimmt kurzerhand das Schicksal selbst in die Hand. Er vertraut darauf, dass die Amerikaner nicht auf Zivilisten schießen und geht ihnen entgegen. Ein gefährliches Unterfangen.
Das Schneetreiben ist inzwischen heftiger geworden und die Sicht für das Militär schlechter. Es funktioniert. Das Maschinengewehrfeuer wird eingestellt.
Hans Jennerwein und Josef Pfister machen es Lutz gleich und nähern sich den US-Kampfeinheiten.
Jennerwein führt Gespräche, übergibt das Kapitualtionsschreiben der amerikanischen Führung. Gemeinsam fahren sie zum Marktplatz. Ein Wunder. Egmont Hugel und Pfarrer Imminger, die schon mit erhoben Händen an der Wand standen, sind mit dem Leben davon gekommen. Die SS Richtung Tölz geflohen.
Dem Einsatz dieser mutigen Holzkirchner Männer ist es zu verdanken, dass in der Gemeinde kein weiterer Schuss fällt.
Der lokale Held Hans Jennerwein war viele Jahre Vorsitzender des Turn- und Sportvereins Holzkirchen. Von 1933 bis 1945 engagierte er sich als Gemeinderat und von 1960 bis zu seinem Tod 1972 als zweiter Bürgermeister des Marktes. Heute erinnert die Hans-Jennerwein-Straße im Ortsteil Haid an das ouragierte Handeln des Holzkirchners.
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