In Bad Wiessee wollte man bis Ende Januar Rechtsgrundlagen, Kosten und technische Möglichkeiten für eine Liveübertragung prüfen. Doch der Januar ist um und die Entscheidung muss warten. „Wegen der Wahl“, sagt Geschäftsleiter Michael Herrmann.
„Es wäre ein großer Gewinn für die Bürger“, befürwortete Robert Kühn, SPD-Vorsitzender in Bad Wiessee, eine Liveübertragung bereits im vergangenen Sommer. Die Wiesseer SPD hatte sich des Versuchs, mehr Transparenz im Gemeinderat zu schaffen, angenommen. Anfangs hatte es fraktionsübergreifend hitzige Diskussionen gegeben über das Für und Wider, die neuen technischen Möglichkeiten in der Lokalpolitik verstärkt zu nutzen.
SPD und Freie Wähler Pro Live-Übertragung
Wie bereits berichtet, brachten SPD und Freie Wähler Gemeinschaft Wiesseer Block (FWG) Fahrt in die Diskussion und erreichten ein Bröckeln der kategorischen Ablehnung. Auch Bürgermeister Peter Höß (FWG) sprach sich bei der Gemeinderatssitzung im Oktober dafür aus, Informationen und Erfahrungswerte über die technische Umsetzung einzuholen.
„Auch der bayerische Gemeindetag empfiehlt, sich mit einer solchen Möglichkeit zu befassen“, betonte der Rathaus-Chef. Vor allem jüngere Altersgruppen erreiche man ansonsten nicht mehr. Fraktionskollege Stefan Hagn pflichtete ihm bei: „Ich bin ausdrücklich für einen Livestream. Als Gemeinderäte haben wir ein öffentliches Amt und sind auch der Transparenz gegenüber den Bürgern verpflichtet.“
Vom Stammtisch an den Ratstisch
Wie berichtet, geht es auch Bernd Kuntze-Fechner (SPD) um mehr Informationen für die Bürger. Der Rechtsanwalt sieht „Übertragungen sehr positiv“, stellt aber auch die Frage nach den Kosten, die bisher nicht umfassend geklärt werden konnte. Trotz möglicher Risiken spricht sich Kuntze-Fechner aber dafür aus, dass die Gemeinde es erst einmal ausprobieren sollte. „Wir werden dadurch ein vollständigeres Bild bekommen. Das Fenster wird ein großes Stück aufgemacht. Der Bürger bekommt ein klareres Bild von Entscheidungsprozessen.“
Und Vize-Bürgermeister Robert Huber (SPD) ist sich sicher: „Wenn die Bürger nicht zu uns kommen, müssen wir uns auf die Bürger zubewegen.“ Allerdings führt der SPD-Landratskandidat auch einen spannenden Gegenpunkt an: „Manche haben bei uns den Weg vom Stammtisch an den Ratstisch gefunden, lassen dann am Ratstisch aber den Mund zu.“ Er ist sich sicher, dass es beispielsweise im Kreistag durchaus Mitglieder gibt, die noch nie irgendetwas in den Sitzungen beigetragen haben. Gerade hierbei sieht er Übertragungen als ein wichtiges Mittel, durch das sich Bürger ein eigenes Bild über das Engagement der Räte bilden könnten.
Jetzt sollen es die Neuen richten
Bereits im Oktober sprach sich der Wiesseer Gemeinderat für die umfangreichen Prüfungen aus. Das war zwar noch kein „Go“ für das Live-System, aber ein weiterer Schritt. Und Bürgermeister Peter Höß stellte damals unmissverständlich klar, dass „das noch nicht die Entscheidung ist, ob wir es dann auch wollen oder nicht.“
Im Januar, so das Ziel der Gemeinderäte, hätten alle Informationen vorliegen sollen, um im Kreise der Räte die Ergebnisse präsentieren zu können. Diese hätten dann über die Annahme des SPD-Antrags, eine Live-Übertragung zuzulassen, entscheiden sollen. Doch dazu wird es – zumindest vorerst – nichtkommen. Die anstehende Kommunalwahl am 16. März macht einen Strich durch die Rechnung, wie Geschäftsleiter Michael Herrmann auf Nachfrage erklärt: “Vor der Wahl passiert da nichts mehr.“
Damit überlässt man dem nächsten Gemeinderat den Beschluss. Die Räte, die in Zukunft auch tatsächlich davon betroffen sind, sollen letztendlich die Entscheidung treffen. So muss beispielsweise jedes einzelne Mitglied eines Gemeinderats einer Übertragung zustimmen. Besonders die CSU, unter der Führung von Kurt Sareiter, stand aus diesem Grund einer schnellen Entscheidung „Pro Live-Stream“ skeptisch gegenüber und hatte den Antrag der SPD abgelehnt.
Von Seiten der Wiesseer SPD will man sich von der Verzögerung jedoch nicht abschrecken lassen. „Es wäre besser gewesen, wenn es schneller gegangen wäre“, so Robert Kühn. Allerdings gibt der SPD-Ortsvorsitzende zu bedenken, dass derzeit alle Entscheidungen schwierig wären – gerade bei einem so gewichtigen Thema. „Das sollte man nicht im Wahlkampf verarbeiten.“
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