Mehr als 30 Jahre war der heute 65-Jährige im Vorstand der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee und prägte diese maßgeblich. Mit einem Stil, den wir schon vor einigen Wochen thematisierten. Ein Egozentriker mit sozialem Anstrich. So beschreiben ihn Weggefährten.
(Anm.d.Redaktion: Der Artikel über die Geitauer Alm ist bereits im März erschienen. Und aktueller denn je.)
Die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee steht in der Sparkassenrangliste, bezogen auf die Höhe der Bilanzsumme, auf Platz 212. Die Summen der anderen Institute reichen von ein paar hunderttausend Euro bis zu 40 Milliarden. Mit 1,615 Milliarden Euro liegt die hiesige Sparkasse im Mittelfeld des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Dennoch leistet sie sich hohe Ausgaben für gemeinnützige Aktionen. Darunter fällt die Unterstützung von Vereinen, das Sponsoring von Musikschulen oder die Platzierung kostenpflichtiger Werbung bei öffentlichen Veranstaltungen – um nur drei Beispiele nennen.
“Was dem Landkreis nutzt, nutzt auch der Sparkasse.” Mit diesem Leitspruch brachte Georg Bromme, Vorstandsvorsitzender des Insitutes von 1991 bis 2012, das Geld unters Volk. Oft sinnvoll investiert und mit einem Blick für das Gemeinwohl, überstiegen die Ausgaben ein ums andere Mal das normale Maß. So wurden hohe Summen für Dinge aufgewendet, die auf den ersten Blick rein gar nichts mit den Aufgaben einer Sparkasse zu tun haben. Neben dem Sponsoring teurer Geburtstagsfeiern von Politikern stehen nun auch Investitionen in Immobilien im Fokus: Oder wie war das gleich nochmal mit der Geitauer Alm?
Ein “unschlagbares” Angebot
2006 erwirbt die Kreissparkasse die 1.330 Meter hoch gelegene Geitauer Alm. Der offizielle Grund: Die Sparkasse will damit der damals in Geldnot steckenden Gemeinde Bayrischzell einen Gefallen tun. Gleichzeitig sehen alle Seiten die Chance, einen vermeintlichen Kauf durch private, fremde Anbieter zu verhindern. “Man wollte die Alm nicht einem reichen Münchner überlassen”, so hört man heute aus Bayrischzell.
Mit einer ganz anderen Argumentation wurde intern der Kauf des Psallierchors legitimiert. Hier ging es vor allem darum, dass man Kulturgüter der Öffentlichkeit zugänglich macht. Ein alter Raum voll mit Büchern, restaurierungsbedürftig und teuer. Nobel erscheint trotz allem die Intention der beiden Neuerwerbungen, die eines gemeinsam haben – erhalten werden sollten damit wertvolle Güter. Der Kaufpreis war zweitrangig. Denn wir erinnern uns: “Was dem Landkreis nutzt, nutzt auch der Sparkasse.”
Doch der Kauf der 96 Hektar Almfläche an der Aiplspitz sorgte vor sieben Jahren nicht nur für Freude. Auch heute noch ist die Verstimmung der ortsansässigen Bauern und Betroffenen spürbar. Der Grund ist einfach: Die Alm gehörte früher drei Bauern. Diese verkauften Haus und Grund 1929 an die Gemeinde Bayrischzell, die sie bis zum erneuten Verkauf 2007 besaß. “Eigentlich hätten die Nachkommen dieser drei Bauern das Vorkaufsrecht haben müssen”, sagt ein Einheimischer.
Gegen das Gebot der Sparkasse wäre allerdings ohnehin keiner angekommen. Diese zahlte mehr als 700.000 Euro. “Der Bürgermeister sagte, von uns Bauern hätte sich das eh keiner leisten können”, berichtet ein Landwirt, der diesen Preis für die damals fast verfallene Alm für “völlig überteuert” hält. Heute befindet sich auf der Geitauer Alm unter anderem eine Almkäserei, die ein beliebtes Wanderziel ist.
Viele Fragen, wenig Antworten
Der damalige Kauf wirft allerdings viele Fragen auf. Wozu braucht die Sparkasse eine eigene Alm? Warum werden dafür so hohe Summen freigegeben, obwohl vom Start weg kein klares Konzept erkennbar ist? Georg Bromme selbst erklärte 2007, dass Grundstück und Gebäude in eine Stiftung für Natur und Umwelt einfließen sollten. Diese Stiftung wurde jedoch nie gegründet. Zusätzlich sollte auf der Hütte auch ein Steinadler-Projekt vorangetrieben werden. Doch viele hielten das bereits damals für einen Vorwand: “Wenn es hochkommt, fliegt da zweimal im Jahr ein Adler rum”, scherzt ein ortsansässiger Bauer. Aus der Sparkasse heißt es dazu nur: “Das Gebiet ist zwar für Steinadler prädestiniert. Aber die Alm hatte nie etwas mit dem Projekt zu tun.”
Damit fallen zumindest zwei der Beweggründe weg, die die Gemeinde Bayrischzell einst für den Verkauf anführte. Zwei weitere sind dagegen erfüllt. So wurde die Bewirtschaftung der Almfläche an einen einheimischen Pächter vergeben. Gleichzeitig konnte sich die Kommune mit dem Verkauf entschulden. Ein interessanter Mittelwechsel für die beteiligten Parteien. Die Gemeinde bekam Geld, der Sparkassen-Chef “seine” Alm und der Landrat hatte eine klamme Gemeinde weniger.
Angesprochen auf die genaue Motivation für den Kauf erinnern sich Eingeweihte: “Georg Bromme wollte die Alm unbedingt haben, um sich mit dem Besitz zu brüsten.” Es habe ihm ausgereicht, honorige Personen hochzuführen und den Besitz vorzuzeigen. Doch davor stand eine aufwändige Restauration, die Bromme als oberster Bauherr so oft es ging persönlich begleitete. Die Alm sollte auf den neuesten Stand gebracht werden. Das große Gebäude wurde “nobel” und “wunderschön” hergerichtet, wie sich ein damaliger Gast erinnert. Zusätzlich zu der kompletten Restaurierung im Innen- und Außenbereich wurde unter anderem ein neues Kleinwasserkraftwerk sowie ein Pumpensystem für die höhergelegenen Almflächen errichtet. Die kolportierte Kaufsumme in Höhe von 700.000 Euro sei damit mehr als verdoppelt worden.
Kein Kundenbindungscharakter
Doch für was genau, ist auch früheren Mitstreitern Brommes heute noch unklar. Es wurden zwar einige Projekte an der Geitauer Alm angedacht. Neben dem nicht realisierten Steinadler-Vorhaben berichtet der Merkur am 19. Juli 2011 unter der Überschrift “Die Hütte wird zur Universität” über konkrete Pläne, die Alm zukünftig zu einem Domizil für Studenten und Professoren aus Kiel und Essen umzufunktionieren. Diese, so die damalige Idee, sollten in dem Gebiet Studien zur Erforschung des Almgebiets durchführen. Doch dazu ist es nie gekommen.
Und auch als Treffpunkt für jagdaffine Geschäftspartner habe die Neuerwerbung scheinbar nicht getaugt. So liegt die Alm zwar innerhalb eines Jagdreviers. Und zufällig ist auch Georg Bromme passionierter Jäger. Doch von “teuren Kundenbindungsprogrammen”, wie sie sich die Sparkasse in der Vergangenheit an anderer Stelle geleistet hat, will man heute nichts wissen. “Wir haben da keine Kunden hochkutschiert und es wurde auch nicht gejagt,” betonen Insider.
Dafür spricht der Umstand, dass die Fläche der Alm nicht ausreicht für eine eigene Jagd. Im Gebirge sind hierfür mindestens 300 Hektar zusammenhängende Fläche nötig. Das 96 Hektar große Gelände um die Geitauer Alm ist somit nur in eine sogenannte Jagdgenossenschaftsfläche eingebunden. Die verschiedenen Grundeigentümer verpachten dann das Jagdrecht. Wer hier “schießen” will, kann dies nur in Absprache mit dem Jagdpächter tun. Dieser soll die Fläche in den ersten Jahre für einen sechsstelligen Betrag gepachtet haben.
Schwierig wurde es erst, als der Pächter nicht mehr wollte. Denn da standen die Jagdgenossen ohne Pächter und damit auch ohne hohe Jagdpacht da. Um wenigstens „etwas“ Geld in die Kassen zu bekommen, wurden Hirschabschüsse – auch für sattes Geld – einzeln verkauft. „Da hat Bromme dann selber zugeschlagen“, meint ein Bauer. Ob der Sparkassen-Chef die Abschüsse selber gezahlt hat und auf die Jagd gegangen ist oder ob er die Sparkasse hat zahlen lassen und die Abschüsse verschenkt hat, ist indes nicht bekannt. Dies Sparkasse äußert sich aufgrund der laufenden Überprüfungen auch hierzu nicht.
Streit um die Zufahrt
Gleichzeitig wird bei den Recherchen klar, dass die Situation um die Alm sehr verfahren ist. Vor allem die Nutzung der Zufahrtswege ist ein dauerhafter Streitpunkt. Es gibt einen Weg, der auch von Autos befahren werden kann. Doch der Sparkasse als Eigentümer fehlt ein mehrere hundert Meter langes Teilstück. Dieses gehört einem ansässigen Landwirt, der sich seit Jahren mit dem Institut über die Zufahrtsmöglichkeiten streitet. “Die hab ich fast nie raufgelassen”, sagt der Besitzer des Weges, der sich auch heute noch massiv über die Vorgehensweise Brommes und der Gemeinde ärgert.
Denn die damaligen Verantwortlichen wollten die Nutzungsrechte für den Zufahrtsweg unbedingt haben. “Die dachten, sie würden die Zufahrt sowieso kriegen”, sagt der Mann, der sich vonseiten der Sparkassen-Anwälte unter Druck gesetzt sah. Auf Angebote des Landwirts sei die Bank nie eingegangen. “Schließlich musste ich mir selber einen Anwalt nehmen, um mich gegen die harsche Vorgehensweise zu wehren.” Aus Kreisen der Sparkasse hört sich der Fall allerdings ein wenig anders an. Der Eigentümer des Weges habe nur für die Nutzung 200.000 Euro verlangt. “Das war uns zu teuer, aus dem Grund haben wir nach anderen Möglichkeiten gesucht.”
Und so bleibt, aufgrund der unklaren Nutzung und des hohen Investitionsbedarfs, mehr als ein „Geschmäckle“ übrig. Denn der millionenteure Erwerb inklusive Restaurierung macht zwar wenig Sinn, musste aber trotzdem im Jahr 2006 genehmigt werden. Das Genehmigungsorgan war in diesem Fall der Verwaltungsrat der Sparkasse.
Wieso das Gremium den Kauf der Alm scheinbar ohne großen Widerstand absegnete, ist schwer verständlich. Klar ist nur, dass alle Beteiligten in den letzten Jahren von Brommes Amtszeit das eine oder andere Mal jegliches Maß verloren haben, wie es ein Weggefährte des früheren Vorstandsvorsitzenden ausdrückt.
Die Angemessenheit in den Entscheidungen der Verwaltungsratsmitglieder war nicht mehr gegeben. Es wurde geprotzt. Und keiner hat dem ganzen Einhalt geboten.
Als Verwaltungsratsvorsitzender immer mit dabei: der Landrat. Zwar habe dieser, wie auch Bromme, nie direkt profitiert oder sogar in die eigene Tasche gewirtschaftet. Aber Projekte, die die Sparkasse finanzierte, wirkten sich positiv auf das eigene Image aus. Am Ende lief das Ausgeben nach Gutsherrenart auch ganz einfach von der Hand: es ging ja nie um das eigene Geld. Ob Politiker-Partys, teure Reisen oder der Kauf der Geitauer Alm – die öffentlich gewordenen Muster der vergangenen Wochen wiederholten sich immer wieder.
Private und geschäftliche Interessen vermischt?
Dabei will die Sparkasse unter ihrem aktuellen Vorstandsvorsitzenden Martin Mihalovits beispielsweise die Alm derzeit wieder verkaufen. Es soll mehrere Interessenten geben. Die Entscheidung wird in einem Bieterverfahren fallen. Zwar sei die Sitution um die Zufahrt ein Problem. Doch große Angst, auf dem Kaufpreis der Alm sitzenzubleiben, haben die Verantwortlichen anscheinend nicht. Im Gegensatz zu dem als große Errungenschaft gefeierten Psallierchor. Dieser soll ebenfalls veräußert werden. Die Käufer, so hört man, stehen allerdings nicht gerade Schlange.
Der Grund für die Abverkäufe: Zu heikel erscheinen solche Besitztümer in den heutigen Zeiten. Zu weit entfernt von den grundsätzlichen Aufgaben der Sparkasse. Warum Georg Bromme den Alm-Kauf vor nunmehr sieben Jahren dennoch durchgedrückt hat, bleibt derweil offen. Auf Nachfrage wollte sich der frühere Sparkassen-Chef nicht äußern. Ob es in den letzten Jahren seiner Amtszeit möglicherweise zu einer Vermischung von privaten und geschäftlichen Interessen gekommen ist, dürfte damit vor allem eine Frage sein, die die Regierung von Oberbayern im Rahmen der Prüfung der damaligen Vorgänge beantworten wird. Und auch wir werden weiter recherchieren.
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