Die Steuereinnahmen sprudeln. Die Pro-Kopf-Verschuldung sinkt. „Ein gutes Gefühl, den Neuen einen geordneten Haushalt zu hinterlassen“, so formulierte es Andreas Obermüller. Wäre da nicht der „Schattenhaushalt“.
„Früher hatten wir auch schon Haushalte, wo man mit dem Rechen irgendwo noch was rausklauben musste, weil man sonst nicht hingekommen wäre“, begann Bürgermeister Peter Janssen seine Einleitungsrede zum Haushaltsplan. Doch das hat sich inzwischen geändert. Tegernsee steht zahlenmäßig gut da. Nicht zuletzt dank eines Kämmerers mit Augenmaß. Auch Dienstherr Peter Janssen fand lobende Worte für seinen Mitarbeiter:
In guten Zeiten muss man auf die Rücklagen aufpassen. Dafür sorgt unser Kämmerer mit seinem typischen Kämmerer-Stirnrunzeln.
Das Gesamtvolumen des Haushalts wird aller Voraussicht nach im laufenden Jahr ein wenig sinken. 15,7 Millionen Euro sind veranschlagt (-121.000). Dabei gab es auf der Einnahmenseite hauptsächlich Positives zu verzeichnen. Mehr als 7 Millionen gingen allein durch Steuern und Zuweisungen ein (409.000 mehr als 2013). So stieg beispielsweise das Gewerbesteueraufkommen um 110.000 Euro. Daneben sind Mehreinnahmen bei der Beteiligung an der Grunderwerbsteuer (+50.000) und beim Anteil an der Spielbankabgabe (+53.000) zu verzeichnen.
Auch sehr positiv: Alle städtischen Einrichtungen arbeiten in den Bereichen Wasserversorgung, Abfallbeseitigung und Gaststättenverpachtung kostendeckend. Beim Friedhof soll die Gebührenanpassung zum 1. Januar 2014 volle Kostendeckung bringen.
Hohe Rücklagen – wenig Schulden – fehlende Transparenz
Letztendlich kann man zusätzlich beruhigt auf einen hohen Rücklagenstand in Tegernsee blicken. Zum Jahreswechsel belief sich dieser auf gut 2,2 Millionen Euro. Bedingt durch die Zuführung durch das Rechnungsergebnis 2013 wird sie um etwa 1,8 Millionen steigen, sodass ein Bestand von 4 Millionen am Jahresende winkt. Zwar wird in Tegernsee mit 3,5 Millionen viel investiert. Dennoch sind es 468.000 Euro weniger als 2013.
Auch die Pro-Kopf-Verschuldung soll weiter sinken. Lag sie zum Jahreswechsel noch bei 388 Euro, so rechnet man am Jahresende 2014 mit 353 Euro pro Kopf und liegt damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 768 Euro. Nicht nur der Bürgermeister, sondern auch Norbert Schußmann (CSU) freute sich über die guten Zahlen: „Wir stehen gut da“, ist er sich sicher. Ähnliche Worte fand auch Andreas Obermüller (FWG), der es begrüßte, dass jetzt nach der Finanzkrise die Gewerbesteuer sprudle, ohne dass man etwas tun müsse. „Es ist ein gutes Gefühl, nach sechs oder zwölf Jahren einen geordneten Haushalt zu hinterlassen.“
Gegen Ende war bei vielen Beteiligten vor allem ein Gefühl der Zufriedenheit spürbar. Das laufende Jahr wird ein erfolgreiches für die Stadt Tegernsee. Getrübt wird die Freude jedoch von den Schatten, die die kommunalen Betriebe Tegernseer Liegenschaftsverwaltung (TLV) und Tegernseer Kur- und Versorgungsbetriebe (TKV) auf den Haushalt werfen. Stadtrat Michael Bourjau forderte deshalb eine andere Aufbereitung des Zahlenwerks:
Ich wünsche mir für den neuen Stadtrat, dass er den Haushalt transparenter macht.
Das größere Geflecht der kommunalen Betriebe offenbare nicht, was man wirklich in der Kasse habe und verschleiere die Gesamtverschuldung. Man könne die Verschuldung nicht derartig herunterrechnen, wenn sie in Wirklichkeit bei 2.000 Euro liege, mutmaßte Bourjau.
Thomas Mandl (SPD) sah dies ähnlich. Auch er forderte mehr Transparenz. Zusätzlich forderte er die Einführung des neuen kommunalen Finanzmanagements „Doppik“. Man habe zwar einen tollen Haushalt, genauso wie man auch eine tolle Schule habe, aber leider ohne Schüler:
Wir müssen aufpassen, dass wir keinen Haushalt ohne Bürger haben.
In der Tat sind TKV und TLV einmal mehr von der Bilanz ausgenommen. Ein Umstand, der zwar haushaltsrechtlich einwandfrei ist, der aber trotzdem die Frage nach der tatsächlichen Verschuldung der Stadt aufwirft.
Wie berichtet, kommt man auf einen wesentlich höheren Schuldenstand, wenn man die Zahlen der TKV betrachtet. Das sieht folgendermaßen aus: Die TKV hatte 2012 über eine Million Schulden aus dem Bau der Seesauna – pro Tegernseer macht das rund 270 Euro. Falls das geplante Parkhaus auf dem Horn-Anwesen kommen sollte, wird sich die Gesellschaft mit weiteren drei Millionen verschulden müssen. Pro Kopf wären das zusätzlich 830 Euro.
Der Schattenhaushalt in Tegernsee
Die TKV ist ein städtischer Eigenbetrieb, dem nicht nur das profitable E-Werk, sondern unter anderem auch das Medius-Gebäude oder Teile der Seesauna gehören. Der Direktor der TKV ist auch gleichzeitig der Leiter des E-Werks Tegernsee, Dr. Norbert Kruschwitz. Große Projekte werden in der Stadt Tegernsee auf die TKV übertragen.
Ähnlich verhält es sich mit der Tegernseer Liegenschaftsverwaltung (TLV), dem zweiten Eigenbetrieb der Stadt. So wurde der Kauf des Bahnhofsgeländes teilweise über die TLV finanziert.
Die Stadt hat so, anders als manche Nachbargemeinde, einen Teil ihrer Defizite in ein rechtliches Konstrukt ausgelagert, das Gewinne und Verluste verrechnen kann. Der daraus entstehende Schattenhaushalt ist für die Bürger nicht nachvollziehbar, da er nichtöffentlich behandelt wird.
Der Wunsch nach mehr Transparenz im Tegernseer Haushalt ist nicht neu, aber wohl auch nicht so einfach umzusetzen. Wie berichtet, hatte Bürgermeister Peter Janssen bereits vor etlichen Jahren versucht zu erklären, wieso die Schulden der TKV nicht im Gesamthaushalt verrechnet werden:
Der Gesetzgeber sagt, die Schulden des Eigenbetriebs gehören nicht dazu. Und es gibt auch viele andere Gemeinden, die beispielsweise ihre Wasserversorgung ausgelagert haben. Insofern ist es immer schwierig, diese Zahlen miteinander zu vergleichen. Darüber hinaus steht die TKV in Konkurrenz zu anderen Betrieben.
Alles in allem steht die Stadt Tegernsee also finanziell auf sicheren Beinen. Wie gut tatsächlich, das lässt sich aber nur schwer sagen, da die verborgenen Bilanzen der TKV einen transparenteren Einblick in die finanzielle Gesamtsituation verhindern. Warum das so ist, und ob es langfristig vertretbar ist, die Bürger über die realistische Verschuldung im Unklaren zu lassen, kann nur der neue Stadtrat beantworten. Mehr Transparenz würde in jedem Fall zu weniger offenen Fragen – auch unter den Stadträten – führen.
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