In diesem Jahr werden für ganz Deutschland rund 500.000 Asylbewerber erwartet – mindestens. Bayern wird davon wohl über 70.000 Menschen aufnehmen, das sind fast dreimal so viele wie noch im letzten Jahr. Mit diesen Zahlen begann Florian Streibl am Montagabend seinen Vortrag im Hotel Altwirt. „Wir befinden uns fast in einer beginnenden Völkerwanderung.“
Der Landtagsabgeordnete (FW) machte auf aktuelle und kommende Herausforderungen in der Asylpolitik aufmerksam. Die Gastgeberin Birgit Eibl hatte einführend bereits die strengen Bauvorschriften kritisiert: Mehrere Grundstücksanmeldungen seien am Landratsamt gescheitert, so zum Beispiel eine Fläche am Ladehof. Man müsse übergangsweise die Vorschriften zu Abstandsflächen und Lärmschutz lockern, so Eibl.
Unterkünfte in Turnhallen: „Menschenunwürdige Behandlung“
Denn die Unterbringung der Asylbewerber in Turnhallen – wie in Föching – sei eine „menschenunwürdige Behandlung“. Statt teure Container zu mieten, sollten die Gemeinden zudem lieber Gebäude errichten, die nach einem Zeitraum von fünf bis sechs Jahren weiterverwendet werden können – auch zu anderen Zwecken.
Dafür sollen die Kommunen nun mehr finanzielle Unterstützung vom Freistaat bekommen, findet Florian Streibl. Mit einem Fünf-Punkte-Plan will die bayerische Staatsregierung die Unterbringung anpacken. Dazu sollen staatliche Reserveflächen herangezogen, neue Flächen angekauft und Gemeinschaftsunterkünfte für je 200 Personen eingerichtet werden.
Zudem soll die Verwendung leerstehender Bundeswehrkasernen vereinfacht werden. Insgesamt müsse man vermeiden, dass durch die Unterbringung von Flüchtlingen unnötiger „sozialer Sprengstoff“ entstehe – zum Beispiel mit Sozialhilfeempfängern, die sich durch die Vergabe benachteiligt fühlen. Gleichzeitig forderte Streibl eine klare Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und anderen Asylbewerbern.
„Wir brauchen ein schnelleres Asylrecht, wir müssen da genau festlegen, wen wir hier haben wollen.“
Denn die Kapazitäten seien begrenzt: „Wir brauchen Platz für die, die wirkliche Flüchtlinge sind“, so Streibl. Diese müssten sich dann aber auch schnell integrieren: „Die zwei Sachen, die für Integration wichtig sind, sind Sprache und Arbeit.“ Ein besonderes Augenmerk müsse den jugendlichen Flüchtlingen gelten, die ohne Eltern ankommen.
Für sie müsse Rechtssicherheit geschaffen werden, sodass sie ohne die Gefahr einer plötzlichen Abschiebung arbeiten oder eine Ausbildung machen können. Das komme auch den Betrieben zugute. In den Berufsschulen sind die meisten Lehrer jedenfalls begeistert von den jugendlichen Neuankömmlingen, weil diese lernwillig und „äußerst bemüht“ seien.
Zum Abschluss plädierte der Oberammergauer Streibl für Gastfreundschaft und angemessene Behandlung, aber auch für eine gesunde Härte: „Die, die Schutz brauchen, dürfen bei uns sein. Die, die mitarbeiten, mithelfen und sich in unsere Gesellschaft eingliedern, sind herzlich willkommen. Aber die, die gegen Gesetze verstoßen, müssen sich unserem Rechtsstaat fügen.“
Politiker sehen Gefahr der Ghettobildung
Unter den Zuhörern im Hotel Altwirt waren auch die Gmunder Gemeinderätin Christine Zierer sowie der Waakirchner Bürgermeister Sepp Hartl. Beide äußerten sich kritisch gegenüber der drohenden „Ghettobildung“, die eine angestrebte Integration erschweren dürfte. Man müsse die Unterbringung der Flüchtlinge „mit Weitblick“ regeln und ihnen eine Behausung mit mehr Privatsphäre zur Verfügung stellen, so Hartl.
Mitunter gab es aber auch recht harsche Töne wie bei diesem Kommentar eines Zuhörers: „Wir haben Flüchtlinge aus Europa – kein Kriegsgebiet. Kann man die nicht einfach postwendend zurückschicken? Dann haben wir 50 Prozent Entlastung.“ Die bayerische Gastfreundlichkeit kennt also ihre Grenzen – sie wird aber auch immer stärker auf die Probe gestellt.
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