„Der Winter war gut“, erzählt Alois Tremmel. Normalerweise hat der Headgreenkeeper und sein Team ordentlich zu tun, die Greens freizuhalten. Da es heuer allerdings wenig Schnee gab, steht das Grün auf dem Wiesseer Golfclub auch im zeitigen Frühjahr schon gut da. Gesunde, grüne Halme – sie sind Tremmel ein großes Anliegen. Er kann förmlich am Geruch erkennen, wie es dem Rasen geht.
„Man darf nie vergessen, wo man herkommt“, lautet Alois Tremmels einfachste Lebensweisheit. Etliche davon hat er parat. Man kann sie – an der Wand hängend – in seinem kleinen Büro am Greenkeeper-Häuschen auf dem Golfplatz nachlesen. Überheblich klingen sie alle nicht. Eher genauso nett, wie der riesenhafte Hüne als Person rüberkommt.
Vier Geschwister. Drei Töchter. Acht Enkel
„Löffelstelzen“ – der Name seines Geburtsortes verbreitet heimelige Almhüttenatmosphäre. Aus dieser kleinen Gemeinde in Baden-Württemberg kommt Tremmel. Vergessen wird er das wohl kaum. Trotzdem prangt ein Bilderrahmen direkt neben seinem Schreibtisch und erinnert den Wahl-Gmunder tagtäglich an seine Kindheit auf dem elterlichen Hof. „I bin ja bloß a kloana Bauernbua“ – bescheidener könnte man als Head-Greenkeeper wohl kaum sein.
Vier Geschwister, drei Töchter, acht Enkel – so liest sich seine Familiengeschichte. Auf die unbeschwerte Kindheit auf dem Bauernhof folgte eine Ausbildung als Landschaftsgärtner für Galabau und Zierpflanzen sowie Gemüsebau. Tremmel ist stolz auf diese Wurzeln und kann nur jedem jungen Menschen nahelegen, sich für einen „Grünen Beruf“ – also Gärtner, Forst- oder Landwirt beziehungweise Winzer – zu entscheiden.
Nach der Lehre erweiterte der damals 17-Jährige nach eigenen Aussagen seinen Geist bei einem zweijährigen Aufenthalt in einem Jesuitenkloster. Bei seinem Bundeswehrdienst beim Hochgebirgszug in Bad Reichenhall vertiefte sich seine Liebe zu den Bergen. „Da wäre ich gerne dort geblieben“, beschreibt er, „aber das System hat mir nicht gefallen.“ Tremmel lässt sich nicht verbiegen – will ein „gerader Mensch“ bleiben und nicht nur zum „Befehlsempfänger“ mutieren.
Und dann ist da noch die Leidenschaft für Gräser. Er könne am Geruch erkennen, wie es dem Rasen geht, so Tremmel. Meist krankt die Anzucht an der Wurzel. „Sie ist der Motor, die Gräser das Ergebnis“, lässt er wissen. Ist die Wurzel nicht in Ordnung, kann das Ergebnis nicht überzeugen. Riecht die Erde beispielsweise modrig, so bekommen die Wurzeln zu wenig Sauerstoff und man muss lüften.
Rasenexperte. Fußballspieler. Golfer
Treten beispielsweise braune Flecken auf dem Grün auf, bereitet ihm das schlaflose Nächte. Von Stollen, Tritten und Grätschen malträtiert. Aufs Äußerste strapaziert. Die Belastungen sind enorm. Nichtsdestotrotz sehen manche Plätze tipptopp gepflegt aus. Weil es Leute gibt wie Tremmel, die sich liebevoll um die Gräser kümmern.
Der Rasenexperte, der selbst jahrzehntelang aktiv Fußball gespielt hat und auch zu den Golfspielern zählt, weiß, welchen Belastungen eine Platzunterlage standhalten muss. Für alle Anforderungen gibt es die unterschiedlichsten Grasarten. Manche Gräser tolerieren Schädigungen besonders gut und eignen sich damit für Sportplätze. Eine Mischung aus verschiedenen Gräsern wird abgestimmt auf die jeweils individuellen Anforderungen, bevor sie auf dem Boden ausgebracht wird. Niemand kennt die Mischungen so wie er.
Auch der FC Bayern klopfte an
Deshalb wird er oft um Rat gefragt. Den gibt er gern. Und konnte damit beispielsweise schon den Fußballern aus Hausham und dem FC Real Kreuth helfen. Doch nicht nur die heimischen Fußballclubs sind dankbar für die Tipps vom Experten Tremmel. Auch der große FC Bayern München hat den Head-Greenkeeper des Tegernseer Golfclubs schon um Rat gefragt. Es ging darum, den Rasen in der Allianz Arena zu optimieren.
Den Kontakt stellte der ehemalige Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, her. Hoeneß selbst ist ebenfalls Mitglied im Tegernseer Golfclub. Gesunde Halme – sie sind Tremmel ein großes Anliegen. Treten beispielsweise braune Flecken auf dem Grün auf, bereitet ihm das schlaflose Nächte. Trotzdem geht er seit 42 Jahren voll in seiner Tätigkeit auf.
Der Beruf, dem Tremmel nachgeht, nennt sich Fachagrarwirt Golfplatzpflege – oder auch Greenkeeper. Dank Zusatzausbildung darf sich Tremmel Head-Greenkeeper nennen. Die Ausbildung gibt es seit 1990, berichtet er. Vorher bestimmten die Golflehrer, wie sie ihren Rasen gern hätten. Jetzt haben alle Greenkeeper die gleiche Ausbildung. Und die besten setzen sich durch.
Nach Stationen auf Golfplätzen in Bad Mergentheim und Würzburg rief man Tremmel schließlich im Herbst 1999 nach Bad Wiessee zur Rasenpflege. Und hier ist er geblieben. Auch wegen der unbeschreiblichen Landschaft. Diesen atemberaubenden, spätherbstlichen Tag wird er nie vergessen, erinnert er sich. „Da gehst nimma weg, egal was di da erwartet“, hatte er sich geschworen, als er damals in Kaltenbrunn das erste Mal angehalten hatte.
Das sind die beiden Entscheidungen, die er keinen einzigen Tag in seinem Leben bereut hat, sagt er. Dieses Glück sieht man ihm an, wenn er spätabends gut gelaunt vom Platz kommt. Er ist zufrieden mit seiner Arbeit und mit seinem Team. Sieben feste Mitarbeiter und zwei Aushilfen zählen dazu. Er ist stolz auf sie und fördert sie.
Wer ihn um Rat bittet, dem gibt er gerne fachliche Hilfe. Das ist der Grund, warum ihm auch seine Tätigkeit als Dozent an der Greenkeeper-Schule in Kempen bei Düsseldorf so viel Spaß macht. „I kann begeistern, weil i voll dahinter steh’.“ So erklärt er sich seinen Erfolg. Bei diesem „Nebenjob“ geht auch der strengste Winter schnell herum. Und dann heißt es wieder Sieben-Tage-Woche auf dem Golfplatz in Bad Wiessee.
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