Nur elf Stammtischler und zwei Zuschauer verirrten sich gestern Abend in den Gasthof Oberland zum Stammtisch der CSU. Als Rahmenthema hatte der Ortsverband der Partei „Asyl in Holzkirchen“ gewählt, und stammtischunüblich blieb der Großteil der Diskussion auch bei dieser Angelegenheit.
„Jeder darf seine Meinung sagen. Aber wir wollen eine sachliche Diskussion führen“, mahnte der Ortsvorsitzende Bernd Weinmann zu Beginn. Weinmann war dann auch selbst für viele interessante Fakten gut. Der Polizist ist Dozent für Asyl- und Ausländerrecht an der FHVR Bayern.
Flucht vor dem Militärdienst in Syrien: „Sie wollten keinesfalls auf eigene Leute schießen“
Weinmann ging beispielweise auf die Schleuserthematik ein. Er erklärte, dass es sich häufig um organisierte Kriminalität handle. Die Schleuser seien selbst nur Glieder in einer verbrecherischen Kette, die Profit aus der Not von Flüchtlingen schlage. Davon konnte auch der anwesende syrische Flüchtling ein Lied singen.
Der junge Mann war vor Monaten aus seinem Heimatland zunächst nach Bulgarien geflüchtet. Zusammen mit seinem Bruder wollte er dem Militärdienst entfliehen. „Sie wollten keinesfalls auf eigene Leute schießen“, erklärte Barbara Frua, die von Anfang an im Helferkreis dabei war und die Asylbewerber in Holzkirchen gut kennt. Mittlerweile spricht der Syrer gut Deutsch.
Die verfahrene Situation im Bürgerkriegsland Syrien würde viele Menschen zur Flucht bewegen, so Frua. Im EU-Land Bulgarien lebte der junge Mann jedoch zeitweise auf der Straße und ernährte sich aus der Mülltonne. Dann bezahlten die Brüder einem Schleuser insgesamt zehntausend Euro, um nach Deutschland zu kommen. Seine Mutter habe dafür das Haus der Familie in Syrien verkauft, so der Asylbewerber.
Bernd Weinmann wies darauf hin, dass es für die Flüchtlinge ohne Schleuser sehr schwierig sei, nach Europa zu kommen. „Die kennen sich nicht aus und brauchen einen Guide.“ Außerdem seien die Kontrollen an den Flughäfen sehr streng, zum Beispiel in der Türkei. Daher würden sie Unsummen zahlen, um das Land zu verlassen.
Aber: „Nicht jeder überlebt, viele werden auch überfallen. Für die Schleuserbanden ist es jedenfalls ein einträgliches Geschäft“, sagte Weinmann. Ein weiteres Thema beim Stammtisch war die Einstufung einiger Staaten als sichere Herkunftsländer. Besonders viele Menschen kommen aus Ländern wie Albanien oder dem Kosovo nach Deutschland, werden aber meist abgewiesen.
Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch eine klare Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und anderen Asylbewerbern, die nicht aus Kriegsgebieten kämen, so Weinmann. Denn Ersteren müsse man aus menschenrechtlichen Gründen Schutz gewähren, während bei Anderen ökonomische Motive im Vordergrund stünden.
Großes Lob für den Helferkreis: Holzkirchen ist „best practice“
Neben humanitären Verpflichtungen ging es beim CSU-Stammtisch auch um die Terrororganisation „Islamischer Staat“ und die Radikalisierung von Europäern, die sich den Kämpfern anschließen wollen. Zudem diskutierte man mit den beiden Zuschauern über die Verantwortung der hohen Politik und mögliche langfristig wirksame Reaktionen auf die wachsenden Flüchtlingszahlen.
Den Organisatoren gelang es dennoch meist, wieder auf das eigentliche Thema zurückzuführen. Schließlich sollen die Ergebnisse der Diskussion an die höheren Ebenen der Politik weitergeleitet werden. Gefordert wurden vor allem mehr finanzielle Hilfe und zusätzliches Personal vom Landratsamt. Eine erfolgreiche und schnelle Integration sei zudem nur dann möglich, wenn die Asylbewerber arbeiten könnten.
Bernd Weinmann sieht dabei auch Landrat Wolfgang Rzehak in der Pflicht: „Er soll dafür sorgen, dass seine Leute mehr auf das Thema Asyl schauen. Das ist im Endeffekt sein Job, nicht nur irgendwelchen Leuten die Hände zu schütteln. Er ist mit dem Versprechen angetreten.“ Einen tollen Job mache hingegen der Holzkirchner Helferkreis. „Wären wir nicht von Anfang an so nah dran gewesen, hätten wir bei Problemen nicht so früh eingreifen können“, resümiert Barbara Frua.
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