Ein Kommentar von Lydia Dartsch
Am Dienstag könnte im Holzkirchner Gemeinderat endlich Gewissheit einkehren. Dann soll der Gemeinderat entscheiden, ob Sitzungsunterlagen künftig für Alle im Internet veröffentlicht werden. Das wäre vor allem ein großer Schritt zu mehr Transparenz: Immer wieder wird sie versprochen. Aber sobald sie eingefordert wird – von Bürgern oder Gemeinderäten – kommen die Bedenken.
Für Holzkirchens Bürgermeister Olaf von Löwis liegt die Krux vor allem in seiner eigenen Haftung, wenn Sitzungsunterlagen veröffentlicht werden, in denen persönliche Daten von Bürgern nicht unkenntlich gemacht wurden. Dabei spricht sich der CSU-Politiker grundsätzlich für die Veröffentlichung der Unterlagen und für mehr Transparenz aus.
Argumente gegen Transparenz mit Bumerang-Effekt
Auch die Gemeinderatsfraktionen wollen Transparenz, aber nicht um jeden Preis: Zwar wird wohl kein Mehraufwand entstehen, wenn Bürger und Gemeinderäte die gleichen Unterlagen erhalten. Allerdings wird, so die Befürchtung einiger, die Verwaltung mehr Aufwand haben, um die Vorlagen so zu formulieren, dass sie veröffentlicht werden können: Also rechtssicher und klar verständlich.
Ein anderes Argument ist, dass die Veröffentlichung sich auch lohnen müsse, also dass genügend Bürger die Unterlagen auch im Internet herunterladen werden. Darüberhinaus sehen einige den Bürger in der Pflicht. Dieser müsse die Information auch einfordern. Die Vertreter dieser Auffassung sprechen von einer “Hol-Schuld”.
“Wir Chef, Du nix!”
Aus den Argumenten gegen die Transparenz ergeben sich einige Fragen: traut der Bürgermeister seiner Verwaltung das sorgfältige Ausarbeiten von Informationen und die Erstellung rechtssicherer Akten nicht zu? Ist es gerechtfertigt, öffentlich relevante Informationen allen Bürgern zu verwehren, weil sich scheinbar nur wenige dafür interessieren? Und sind die Bürger/innen einfach nur zu doof, mal eben das Internet nach den Nummern ihrer Gemeinderäte durchzustöbern und sie anzurufen?
Das Problem: mit dieser Argumentation macht man es sich zu einfach. Bürgermeister und Gemeinderäte, die sich darauf berufen, lassen diejenigen, die sie vertreten, absichtlich in Unwissen. Sie zeigen ihren Wählern eiskalt den Vogel: “Wir sind die Chefs. Du hast uns nur zu wählen und Deine Steuern zu zahlen! Die Gemeinde sind wir!”
Politik muss Informationsanspruch gerecht werden
Nach einer solchen Gutsherren-Manier wurde und wird in bayerischen Kommunen – vor allem im Landkreis Miesbach – immer noch regiert und verwaltet. Dabei funktioniert das Prinzip der Transparenz in 34 von 97 Kommunen in Bayern bereits. Bürgermeister und Verwaltung sind in der Pflicht, dem Informationsanspruch der Bürger gerecht zu werden – nicht anders herum. Dazu sollten sie mit Vorreitergemeinden zusammen arbeiten und sich austauschen.
Denn der Informationsanspruch von Bürgern ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen: Sie wollen wissen, was mit den Steuern passiert, die die Gemeindeverwaltung in den Bau öffentlicher Bauten steckt, mit denen Vereine gefördert werden oder mit denen Straßen saniert werden. Und sie haben als Steuerzahler ein Recht darauf, das zu erfahren und ihre Vertreter zu kontrollieren.
Dabei ist Transparenz auch für die Gemeinderäte und Rathaus-Chefs mehr Chance als Problem: Denn wo hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, da entstehen Gerüchte und es wächst das Misstrauen. Mehr Informationen und damit auch mehr Öffentlichkeit können dem entgegen wirken und so wieder für Vertrauen sorgen. Die Demokratie dankt es.
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