Abhilfe schaffen könnten neue Fachkräfte aus dem Ausland. Doch woher sollen sie kommen und wo sollen sie bleiben?
Es sind beunruhigende Zahlen, die Alexander Schmid, Chef der Standort Marketing Gesellschaft (SMG), in den Egerner Höfen vor einer Woche vorgestellt hat: Im Jahr 2012 haben 31 Prozent der Landkreis-Betriebe vergeblich versucht, eine Stelle zu besetzen. Und 57 Prozent der Betriebe gaben an, dass sie mit einer Verschlimmerung dieses Problems rechnen. Höchste Zeit zu handeln also.
„Für uns ist das ein ganz wesentliches Thema. Fach- und Hilfskräfte fehlen hier in allen Branchen. Dem müssen wir entgegensteuern, bevor es zu spät ist“, sagt Klaus Dieter Graf von Moltke. Der Hotelier und Vorsitzende des Unternehmerverbands hat deshalb gemeinsam mit der SMG eine Kooperation mit der Region Granada in Spanien ins Leben gerufen. Den Anfang soll jetzt eine Delegationsreise machen.
Warum die Wahl auf Spanien fiel, ist schnell erklärt: Ein Drittel der Menschen dort sind arbeitslos, bei den Jugendlichen liegt die Arbeitslosenquote bei bis zu 70 Prozent. Gleichzeitig wird in Spanien – besonders in der Gastronomie – sehr gut ausgebildet. „Für die hiesige Hotellerie ist ein großer Markt vorhanden“, so von Moltke.
Delegationsreise nach Granada
Vom 27. Juni bis 1. Juli können sich Unternehmer aus dem Landkreis die Lage in Granada vor Ort anschauen. Neben einer Vielzahl von Gesprächen und Besuchen steht ihnen eine Datenbank mit 2.600 Profilen aus der Region Granada zur Verfügung – alle wollen nach Deutschland kommen, alle suchen eine Perspektive. „Wir wecken dort natürlich Erwartungen. Die Reise muss also absolut ernst gemeint sein und keine Quasselrunde“, betont von Moltke. Noch bis zum 20. Mai können sich interessierte Landkreis-Unternehmen für die Reise bei der SMG anmelden.
Demnach werden auch die Egerner Höfe einen Vertreter schicken, der für das Hotel Kontakte knüpfen und Mitarbeiter suchen soll. Denn zwei bis drei Mitarbeiter könne man derzeit durchaus einstellen. Damit sind die Egerner Höfe nicht allein. Doch nicht nur gutes Personal fehlt, sondern auch Wohnraum, den die Mitarbeiter beziehen können. Außerdem stehen die Arbeitgeber auch vor der Herausforderung, neue Mitarbeiter möglichst gut im Landkreis zu integrieren.
“Ja, auch wir haben einen Mangel an Fachkräften”, sagt Julia Ruthus, Personalleiterin im Seehotel Überfahrt, und erklärt weiter: “Es wird immer schwieriger, gute Leute zu finden. Vor allem solche, die direkt mit dem Gast zu tun haben.” Hier kommen für die Überfahrt nur Top-Leute in Betracht – egal ob In- oder Ausland. “Wir machen sehr gute Erfahrungen mit Mitarbeitern aus dem Ausland. Sie müssen bei uns aber Deutsch können, Englisch allein reicht nicht. Davon abgesehen gibt es keine Einschränkungen: Es gelten die gleichen Anforderungen wie bei Deutschen”, so Ruthus.
Gutes Deutsch ist Grundvoraussetzung
Dabei sei es aber durchaus möglich, dass Mitarbeiter eingestellt werden, die Deutsch noch richtig lernen müssen. “Je nach Bereich machen wir das schon. Wir haben zum Beispiel eine spanische Mitarbeiterin eingestellt, die derzeit im Housekeeping arbeitet und Deutsch lernt. Sobald sie sicher genug ist, wird sie andere Tätigkeiten im Hotel übernehmen.”
Bleibt die Frage, wo die zugezogenen Mitarbeiter wohnen sollen? “Wir sind generell bemüht, bei der Wohnungssuche mitzuhelfen. Außerdem haben wir zahlreiche Personalwohnungen, die wir zur Verfügung stellen. Aber der Wohnraummangel ist ein großer Punkt. Deshalb können wir leider niemandem eine Wohn-Garantie geben”, meint die Personalerin.
Generell sieht Ruthus in den nächsten Jahren einiges auf die Branche zukommen. “Natürlich haben wir da ein Problem. Die Branche muss attraktiv bleiben, um die besten Leute zu bekommen. Anders als früher sind es die Arbeitgeber, die sich um Bewerber bemühen müssen.”
Dem kann Sven Scheerbarth, Direktor des Hotels Das Tegernsee, nur beipflichten. Auch wenn in seinem Haus kein akuter Fachkräftemangel herrscht, will man das Thema anpacken – und zwar nicht auf eigene Faust, sondern möglichst branchenübergreifend. “Ich denke, wir sind gut beraten, Instrumente zu finden, mit denen sich die Region branchenübergreifend attraktiv präsentieren kann. Den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt müssen wir uns stellen. Aber das motiviert uns auch, weiter in die Richtung zu denken.”
Personal als wichtigster Qualitätsfaktor
Für den Hoteldirektor geht das aber nur in Kooperation – mit dem Unternehmerveband, mit anderen Spitzenhotels in Deutschland. Beim Personal zählt in erster Linie die Leidenschaft für die Sache. “Der entscheidende Punkt ist das Bewusstsein, dass Mitarbeiter das wichtigste Element in dem Produkt der Hotelleistung ausmachen, und daher auch als solche dementsprechend geschätzt und behandelt werden müssen. Nur so kann langfristig der hohe Anspruch an Qualität im Hotel gehalten werden”, so Scheerbarth.
Nicht nur internationale Patienten und Gäste, sondern auch internationales Personal hat der Medical Park in Bad Wiessee. Dabei hatte auch die renommierte Klinik in Abwinkl mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Nun sei das Problem aber weitestgehend gelöst, wie Geschäftsführer Christian Gores berichtet: “Einen akuten Mangel haben wir zum Glück nicht mehr.” Das liege zum einen an einer effizienten Personalstrategie, zum anderen aber auch an der Attraktivität des Medical Parks als Arbeitgeber.
Damals wie heute beschäftigt den Geschäftsführer und seine Kollegen vor allem, wie man die Mitarbeiter – egal woher sie kommen – am besten im Tegernseer Tal integrieren kann. Dabei spielt der Mangel an Wohnraum im Tal eine entscheidende Rolle.
“Das ist tatsächlich ein sehr schwieriges Thema, wir haben im Tegernseer Tal definitiv einen Mangel an Personalwohnungen. Dazu kommt, dass wir hier eben nicht in München sind, wo die Leute sowieso hinziehen wollen, sondern auf dem Land, meint Gores. Ähnlich wie einige große Hotels verfügt der Medical Park über ein eigenes Wohnhaus für das Personal. Dieses ist aber in der Regel ausgebucht, weshalb sich auch die Klinik nach Alternativen umschauen muss.
Für Gores ist die Wohnsituation ein absoluter Schlüsselpunkt. “Jeder, der zu uns kommt, fragt als erstes danach, wo er wohnen kann. Momentan können wir noch qualifizierten Wohnraum anbieten. Aber für die Zukunft fehlt uns noch ein konkretes Projekt, um dem Bedarf gerecht zu werden, so der Geschäftsführer. Man arbeite hier eng mit der Gemeinde zusammen und suche gemeinsam nach Lösungen, so Gores.
Beim Thema Integration von Mitarbeitern hat die Klinik bereits adäquate Mittel gefunden. “Auch das ist für uns ein ganz wichtiges Thema. Schließlich wollen wir, dass neue und etablierte Arbeitskräfte gut zusammenarbeiten.” Der Schlüssel zum Erfolg ist beim Medical Park der Mitarbeitersport. Ob Joggen, Nordic Walking oder Zumba – so sollen die Mitarbeiter einen guten Draht zueinander finden. “Da findet sehr schnell sehr viel Austausch statt. Viele, die sich im Mitarbeitersport kennenlernen, gehen dann auch privat zusammen laufen. Das führt zur Integration”, erklärt Gores abschließend.
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