Der Stempel ist schnell aufgedrückt: Nur „asoziales Pack“, das am Bahnhof rumhängt – „außer herumlungern und rauchen tun die doch nichts!“ Die Fronten zwischen Jugendlichen und der Erwachsenenwelt sind auch in Holzkirchen oft verhärtet. Zu viele Vorurteile. Dabei spricht Peter Unterholzner, ehrenamtlicher Jugendarbeiter am Ladehof in Holzkirchen, von einer „Cliquenkultur“, die die Familien inzwischen oft ersetzt.
„Junge Menschen wollen sich halt mit Freunden treffen, um sich auszutauschen. Dabei ist der Suchtmittelgenuss nicht immer vordergründig“, erklärt er weiter. Ihnen stellt sich bloß die Frage „wo?“. In ortsansässigen Lokalen sind Jugendliche in größeren Gruppen nicht willkommen, berichtet Unterholzners Kollegin Claudia de Carlo. Und nicht für alle von ihnen wären ein ausgeprägtes Vereinsleben oder sportliche Aktivitäten das Richtige.
So trifft man sich, vor allem am Freitagabend, an allen möglichen öffentlichen Plätzen zum „Abchillen“, sagt Unterholzner. Bahnhof, Herdergarten, HEP-Parkplatz und Krankenhauspark sind beliebte Treffpunkte. Die schiefen Blicke der Anwohner sind den Jugendlichen dabei oft sicher. Das Team der Kreuzbund-Jugendgruppe, Streetworker Christian Probst und seine Kollegen Unterholzner und de Carlo, wünschen sich daher das Ladehof-Areal als Alternative.
Weitere Investitionen in die Jugend vertagt
„Hier zwischen Bahnhof und Schrebergärten würde sich nämlich niemand gestört fühlen“, meint Unterholzner und zeigt auf das brache Gelände neben dem Vereinsheim des “Vorbild Jugendlicher – Leitbild Mensch e.V.” am Ladehof. Vor ein paar Jahren kündigte die Gemeinde Pläne zur „Jugend-Freizeitmeile“ an. Die Skateanlage folgte 2011 und ist seitdem gut besucht. Ferner waren auch noch eine Grünfläche und ein Hartplatz angedacht – doch bisher ist nichts passiert.
„Der Ausbau der Freizeitmeile ist vorerst raus aus dem Haushaltsplan“, weiß Geschäftsleiter Robert Haunschild. Ob sie wieder aufgenommen werde, könne er vorerst nicht sagen. „Momentan ist das Geld nicht vorhanden“, bestätigt er auf Nachfrage. So wirkt das Vereinsheim, das bereits seit eineinhalb Jahren am Ladehof steht, noch immer trist und wenig einladend für Jugendliche.
Für de Carlo und Unterholzner ist die Stagnation des Projekts ein Unding. Zumindest ein Sicherheitszaun für die Bahngleise müsste her, doch der ist laut Haunschild „nicht ganz billig“. Ein paar Meter Zaun am Vereinsheim entlang, bringe schließlich wenig – deshalb wartet die Gemeindeverwaltung ab, bis das ganze Gelände erschlossen wird. Die „Jugendmeile“ hätte man auf lange Sicht aber noch nicht aus den Augen verloren, meint der Holzkirchner Geschäftsleiter.
Bis dahin soll sich das Vereinsheim der mobilen Jugendarbeit durch sein Programm weiter in Holzkirchens Jugendszene etablieren. Ganz ungezwungen treffen sich hier schon wöchentlich eine Bewältigungs- und eine Sportgruppe sowie die Kreuzbund-Jugendgruppe. Nach Ferienende sollen zudem auch am Freitagabend die Türen offenstehen: für DVD- und Kochabende, kleinere Bandauftritte, Outdoor-Workouts oder auch einfach nur um neue Freundschaften zu knüpfen oder sich zu unterhalten.
Peter Unterholzner will nach und nach ein „festes Angebot“ für Jugendliche jeden Alters schaffen, das sie jederzeit ungezwungen wahrnehmen können. Claudia de Carlo ist außerdem klar, dass es einfach „immer wieder Dinge gibt, mit denen man nicht zu den Eltern geht“. So soll der Freitagabend also auch für Alltagsprobleme der Jugendlichen da sein:
Jeder kann hier so sein wie er ist und wird nicht verurteilt. Grundsätzlich gibt es bei mir kein Tabuthema: der eine profitiert von den Erfahrungen des anderen. Dabei setze ich auf Respekt und Ehrlichkeit – und darauf, dass nichts nach ‚Außen‘ getragen wird.
Ein weiterer Wunsch der beiden Jugendarbeiter ist, dass am Freitagabend auch mal Erwachsene in der Vereinshütte vorbeischauen. Jung und Alt wären schon viel zu weit auseinandergedriftet, so Unterholzner, dabei könnten beide Fronten aus dem Austausch miteinander einen Nutzen ziehen. Vorurteile könnten aus dem Weg geschafft werden.
Auch auf die Ideen der Jugendlichen wollen Unterholzner und de Carlo eingehen: Ausflüge, ein Erste-Hilfe-Kurs, ein Selbstverteidigungskurs sowie die weitere Zusammenarbeit mit der Regens-Wagner-Stiftung wären in Planung. Für Jugendliche, mit oder ohne Probleme, soll die Vereinshütte am Ladehof nicht nur Zuflucht oder „zweite Familie“ sein, sondern auch ein Ort zum Wohlfühlen – wo man ihnen auf Augenhöhe begegnet.
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