Jeder Unfall ist einer zu viel. Da sind sich die Miesbacher Verkehrsexperten einig. Trotzdem freut sich Peter Schiffmann vom Landratsamt (LRA) Miesbach über den „positiven Trend“, als er die neue Unfalltypenkarte vorstellt. In dieser Karte werden bayernweit sämtliche Unfälle über jeweils drei Jahre erfasst. Häufen sich die Unfälle an gewissen Stellen, geht die Unfallkommission von einem strukturellen Problem aus und sucht nach Lösungen.
„Der Rückgang der Unfälle hier in der Region ist auch der Kommission zu verdanken“, betont der Verkehrsexperte. Oft könnten Risiken mit kleinen, vergleichsweise kostengünstigen Maßnahmen wie Tempolimits, Ampelschaltungen, Verbesserung der Sicht oder der Lesbarkeit von Schildern entschärft werden.
Weniger Unfälle am Tegernsee
Deutlich reduziert habe sich die Unfallquote rund um den Tegernsee, so Schiffmann, besonders bei schweren Blech- und Personenschäden. Fahrfehler durch nicht angepasste Geschwindigkeit und Kontrollverlust seien hier die Hauptursachen, wenn’s jetzt mal wieder kracht.
Auch an der Naturkäserei in Kreuth hat sich die Situation entspannt. Weniger schwere Unfälle werden auch vom Waakirchner Löwen und den neuen Kreiseln an der früheren Kammerloher und Mariensteiner Kreuzung gemeldet. Ebenso gehören die Sichtverbesserung auf der B13 westlich von Kurzenberg und die Spurensignalisierung am Holzkirchner Marktplatz zu den Meilensteinen der regionalen Unfallverhütung.
Sorgenkind Gmunder Kreuzstraße
Doch trotz der Erfolge bleibt die To-Do-Liste lang. Eines der Sorgenkinder ist die Kreuzstraße in Gmund mit 14 Verkehrsunfällen im Untersuchungszeitraum. Meist handelt es sich um Auffahr- und Abbiegeunfälle, wie sich an den gelben und roten Punkten in der Karte ablesen lässt. Als zusätzlicher Schritt wurde kürzlich eine neue Ampelschaltung für alle vier bestehenden Links-Abbiegespuren installiert. Mittlerweile fertiggestellt ist der Linksabbieger auf der B318 zum Gewerbegebiet an der Krottenthaler Alm.
Nach wie vor hoher Druck am Dauerbrenner B318
Auch wenn es in der Öffentlichkeit oft anders wahrgenommen wird, konnte die Unfallhäufigkeit zwischen Warngau und der Reithamer Kurve von 40 auf 26 gesenkt werden. Das Landratsamt verspricht sich Verbesserungen durch kleinere Maßnahmen wie Schilder, die auf die vor der Kurve befindliche Kreuzung hinweisen. Doch angesichts des hohen Verkehrsvolumens von durchschnittlich 18.000 Autos pro Tag und den zahlreichen Abbiege- und Überholunfällen auf diesem Streckenabschnitt der B318 würde letztlich nur ein drei- bis vierspuriger Ausbau helfen. Doch der, bedauerte Schiffmann, „scheitere am Geld“.
Große Hoffnungen verbinden sich mit der geplanten Tieferlegung der B318 bei Warngau. Noch bis Jahresende sollen die Rodungen beginnen, als Baubeginn wird Februar 2016 angepeilt. Als Weihnachtsgeschenk für die Warngauer soll die Baustelle bis Jahresende 2016 abgeschlossen und die tiefergelegte Straße verkehrsbereit sein. Allerdings ist die Baumaßnahme mit rund 4,3 Mio. Euro, so die Schätzungen laut Stefan Hoppe vom Staatlichen Bauamt in Rosenheim, ein teures Geschenk.
Mit 26.000 Fahrzeugen täglich, darunter auch Schwerverkehr, hat sich die sogenannte „Spinne“ bei Holzkirchen zum absoluten Hotspot gemausert. Hier gibt es das Problem, dass Autofahrer aus Oberlaindern kommend oft auf die B318 schauen, dadurch den Vordermann übersehen und auffahren. Als Lösung schlägt die Kommission einen dauerhaften Sichtschutz vor, sei es als Wand oder als Bepflanzung. Zur Zeit wird eine Übergangslösung getestet.
Erfolg durch neue „Einschleifspur“
30 Crashs, davon sechs mit Schwerverletzten, gab es auf der B472 zwischen der Abzweigung Thalmühl bis Wachlehen. Dabei häufen sich die Unfälle an der Einmündung der MB 10 aus Wall und dem Steigungsbereich von Müller am Baum nach Wachlehen. Besonders für linksabbiegende aus Wall, die Richtung Miesbach wollen, sei die Sicht Richtung Brücke massiv behindert. „Wir glauben, dass eine ‚Verschwenkung‘ der Straße um rund 60 Meter nach Westen das Unfallrisiko reduziert“, so Hoppe. 250.000 bis 300.000 Euro werden für die Verlegung veranschlagt. Die Verlegung der Straßeneinmündung ist bereits im Bau.
Ziel der 2000 gegründeten bayerischen Unfallkommissionen ist es, „effektive Maßnahmen“ einzuleiten. Das heißt, eine möglichst große Wirkung bei möglichst geringen Kosten zu erreichen. Ein Musterbeispiel dafür ist die neue „Einschleifspur“ von Miesbach kommend auf die B472. Seit der Neugestaltung gab es keinen einzigen Unfall mehr, berichtet Hoppe.
Eine große Anerkennung wäre es für die Kommission, zu der neben Landratsamt und Bauamt auch die örtliche Polizei gehört, wenn sie für das “Miesbacher Modell” einen Preis des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV) bekäme. Allerdings bedeutet das auch, dass drei Jahre lang kein einziger Unfall passieren darf. Ein Jahr steht noch aus.
Hier noch alle 17 Unfallhäufungen im Auswertungszeitraum 2012 – 2014 im Landkreis Miesbach im Überblick:
Bundesstraßen:
– Hausham-Agatharied: B 307 Behamkurve/Zufahrt Krankenhaus
– Schliersee-Neuhaus: B 307 / Spitzingauffahrt
– Bayrischzell: B307 Sudelfeldstraße mit Kuppe
– Gmund-Kreuzstrasse: Kreuzung B 472 / B 318
– Waakirchen / Warngau: B 318 Krottenthaler Alm
– Warngau: B 318 Reithamer Kurve – Reitham – Warngau
– Holzkirchen B 318 / St 2073 „Spinne“
– Gmund: B 472/Einmündung St 2365 Ri. Festenbach
– Miesbach / Warngau / Gmund: B 472 Wachlehen – Müller am Baum – Thalmühler Berg
– Miesbach: Kreuzung B 472/St 2010 („Polizeikreuzung“)
– Miesbach: B 472 Potzenberg – Riedgasteig
– Irschenberg: B 472 / Abzw. St 2077 Jedling
– Irschenberg: B 472/ AS zur A8 Salzburg + Abz. Wendling
Staatsstraßen:
– Hausham: St 2076 Fehnerschmiede – Freudenreich
– Fischbachau: St 2077 Höhe Unterwartbichl
– Fischbachau: St 2077 Salitersäge – Funkkurve
Kreisstraßen:
– Fischbachau: Kreisstraße MB 22 Feilnbacher Berg
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