Viele Firmen im Tegernseer Tal verkaufen ihre Produkte ins Ausland. Bei einigen liegt eine lange Tradition zu Grunde. Und das vermeintliche Exportgut Nummer eins bleibt in der Heimat.
Mit dem umgangssprachlichen Begriff “Exportregion” sei sicherlich ein Gebiet gemeint, in dem der Verkauf von Waren ins Ausland eine herausragende Rolle spielt, so die Definition von Dr. Jochen Wiegmann von der IHK München. Trifft das für das Tegernseer Tal also auch zu?
An bestimmten Schwellenwerten für den Anteil am Umsatz, der im Ausland erwirtschaftet wird, mache die IHK diesen Begriff allerdings nicht fest, so Wiegmann. Eine besondere Rolle spielt die Exportwirtschaft für Oberbayern allerdings schon. Denn 59,6 Prozent der Umsätze werden im Ausland gemacht. Der Anteil ist höher als die Quote für Bayern mit 52,2 Prozent.
Hauptsächlich Tourismus als Umsatzbringer
Im Landkreis Miesbach liegt die Exportquote bei 41 Prozent. Die 50 von der IHK gelisteten Unternehmen erzielen 347 Millionen Euro Umsatz im Jahr durch ihr Exportgeschäft – bei einem Gesamtumsatz von 847 Millionen Euro. Über die Quote der Unternehmen im Tegernseer Tal machen weder die IHK noch das statistische Landesamt Angaben.
Allzu hoch dürften diese jedoch nicht sein, schätzt Alexander Schmid, Geschäftsführer der Standort Marketinggesellschaft Miesbach (SMG). Hauptsächlich, so Schmid, würden die Unternehmen hier von Tourismus und Dienstleistungen leben. Auch wenn Gäste und Patienten aus der ganzen Welt kämen, würde man diese Einnahmen klassischerweise nicht als Export bezeichnen. Von Export spreche man folglich nur, wenn Güter produziert und anschließend ins Ausland verkauft werden, so Schmid weiter.
Vorreiter in China für Geldtaschen
Aber auch diese Firmen gibt es im Tal. Unternehmen, deren Produkte in aller Welt nachgefragt werden. Beispielsweise die Büttenpapierfabrik Gmund. Der “Star” der Produktion heißt beispielsweise “Gmund Treasury” und verpackt seit Jahren beispielsweise die Karten für die Oscar-Verleihungen oder die VIP-Einladungen zu den Filmfestspielen in Cannes.
Andere Länder, andere Wünsche: In China seien vor allem die “Hong Bao” aus Gmund bekannt, sagt die Sprecherin der Büttenpapierfabrik Caroline Pastor. Das seien Geldtaschen, die man sich zum chinesischen Neujahrsfest überreicht. Mit dem Produkt hat sich das Unternehmen in China etabliert. Mittlerweile sei die Firma am chinesischen Markt Vorreiter für diese Art der Geschenkverpackungen.
Grundsätzlich sind die Export-Erfolge nicht neu für die Büttenpapierfabrik. Seit 1920 verkauft das Unternehmen seine Produkte ins Ausland. Anfangs vorwiegend nach Norwegen und Hongkong. “Die Kunden aus Hongkong kamen zur Sommerfrische nach Gmund”, weiß Pastor. Damit lag die Exportrate im Jahr 1970 noch bei 30 Prozent – dann zogen die Ausfuhren an. Mittlerweile werden 75 Prozent des Umsatzes des Gmunder Vorzeigeunternehmen im Ausland erwirtschaftet.
1.000-Tenge Note mit Technik aus Louisenthal
Durch noch viel mehr Hände gehen die Produkte der Papierfabrik Louisenthal. Die Firma beliefert Banknotendruckereien mit Hochsicherheitspapieren weltweit. Der überwiegende Anteil gehe hierbei an internationale Kunden sowie an die Druckstandorte des Mutterkonzerns Giesecke & Devrient, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit.
Im Jahr 1878 in Gmund gegründet, wurde die Firma im Jahr 1964 von dem Konzern Giesecke & Devrient aus München übernommen. Kurz darauf wurde hier Papier für die D-Mark-Scheine und für Auslandswährungen hergestellt. Heute finden sich die Produkte von Louisenthal beispielsweise in der 1000-Tenge-Note in Kasachstan oder auf der bulgarischen 20-Lewa-Note.
Aber das Bier bleibt “hier”
In Asien erfreuen sich derzeit die Produkte von Gertraud Gruber Kosmetik wachsender Beliebtheit – vor allem in Taiwan und Südkorea finden sich viele Abnehmer. “Hauptsache Made in Germany”, sagt Geschäftsführer Roland Schäfer. Überwiegend vertreibt die Kosmetikfirma ihre Produkte zwar nach wie vor an Schönheitssalons im Inland sowie nach Österreich, in die Schweiz und zunehmend nach Italien.
Die Nachfrage aus Asien habe aber auch ihn überrascht, sagt Schäfer. Vielleicht locke die Menschen dort die Geschichte des Unternehmens. Nämlich: Dass die heute 93 Jahre alte Gründerin im Jahr 1955 die erste Schönheitsfarm Europas eröffnet hatte, um Frauen über mehrere Tage kosmetisch zu behandeln.
Möglicherweise habe dieser Ruf dem Institut einen halbseitigen Eintrag in einem japanischen Hotelführer beschert. Schäfer erinnert sich an einen Gast aus Japan: “Der Mann hatte den Eintrag gesehen und kam dann nach Deutschland geflogen – direkt an den Tegernsee. Ich habe ihn damals an der BOB abgeholt”, sagt er. Anschließend habe der Kunde die Farm besucht, fotografiert und sie im gleichen Stil in Tokio nachgebaut.
Nachgebraut wird das Tegernseer Bier im Ausland nicht. Zwar gibt es das Bier der Herzoglichen Brauerei in ganz Deutschland zu kaufen. Doch obwohl etwa das “Max Josef I.”-Bier den Namen “Export” trägt. bleibt man in der Brauerei eisern: Auch wenn man bei einem solch heißbegehrten Produkt anderes vermutet hätte, heißt es dort auf Anfrage: “Wir exportieren nichts.”
SOCIAL MEDIA SEITEN