Eine Art von Motiven erfreut sich dabei wachsender Beliebtheit: Das „Heimat-Tattoo“. Die Tätowiererin Julie Magen erklärt, warum der „Tegernsee auf den Rippen“ keine rein bayerische Modeerscheinung ist.
Die Tradition des Tätowierens hat sich bei verschiedenen Völkern rund um den Globus unabhängig voneinander entwickelt. Es gab sie bereits vor 7.000 Jahren in Chile. Besonders großformatig fiel sie bei den Skythen in der Eisenzeit aus. Und die Kelten, die auch auf dem heutigen bayerischen Gebiet lebten, trugen Tätowierungen unter anderem als Zeichen ihrer Stammeszugehörigkeit. Die Körperornamente waren zugleich Ausdruck der Verwurzelung ihrer Träger in deren Heimat.
Und auch heutzutage geht es vielen Menschen, die sich Tattoos stechen lassen, nicht allein darum, ihre Individualität auszudrücken. Der bleibende Körperschmuck zeigt ebenso ihre Verbindung zu den Dingen, mit denen sie sich schmücken. Das können Personen sein, Tiere, Gegenstände oder Länder. So verschieden wie die Menschen sind, wählen sie Motiv, Größe und Platzierung für ihre Tattoos. Der Phantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt.
Kindernamen am Körper verewigt
Eine Frau, die solchen Phantasien täglich Leben einhaucht, ist Julie Magen. Seit mehr als 15 Jahren arbeitet sie als Tätowiererin, seit 2008 betreibt sie ihr eigenes Studio in Gmund. Dass der bleibende Körperschmuck inzwischen die verschiedensten Gesellschaftsschichten erobert hat, kann sie bestätigen. „In den letzten zwei Jahren haben sich unglaublich viele Menschen die Namen ihrer Kinder stechen lassen“, erzählt sie. „Da kamen auf einmal Leute, die vorher nie ein Tattoostudio betreten hätten.“
Die Stars machen’s vor – und schon ist es Trend. Die Namens-Tattoos sind offenbar auch keine vorübergehende Modeerscheinung, denn sie erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Weniger neutral als die Namen von Familienangehörigen sind hingegen bleibende Heimatmotive auf der Haut. Und die sind schon seit einiger Zeit stark im Kommen, wie Julie erklärt:
Heimat-Tattoos sind eigentlich in jedem Land gefragt. In Bayern gibt es aber in den letzten vier Jahren definitiv eine steigende Tendenz. Auch im Tegernseer Tal werden solche Motive vermehrt und gerne getragen.
Den Tegernsee auf den Rippen
Julie fotografiert ihre Arbeiten in der Regel, sobald sie fertig sind, und hat im Laufe der Jahre ein umfangreiches Archiv angesammelt. Daraus zeigt sie ein paar schöne Heimatmotive.
Da prangt eine farbenfrohe „Pinup“-Version des Münchner Kindls auf einer Männerwade, ein Adler fliegt vor der Bayernflagge erhaben auf einer Schulter oder die Silhouette des Tegernsees ziert in Blau-Weiss die Rippen eines jungen Mannes. Die Vielfalt der gewählten Motive ist erstaunlich und zeugt von viel Liebe zum Detail.
Damit immer alles gut gelingt und sie ebenso wie ihre Kunden entspannt bleibt, tätowiert die in Israel geborene Wahl-Bayerin pro Sitzung in der Regel maximal drei Stunden. Ist das Motiv dann noch nicht fertig, was bei größeren Formaten nicht selten ist, arbeitet sie an einem anderen Tag weiter daran.
Wünscht es der Kunde, stellt sie es aber auch in einer längeren Sitzung fertig. „Das ist individuell ganz verschieden und kommt auf den jeweiligen Menschen an“, weiß die erfahrene Tätowiererin.
Dem ersten Tattoo folgt oft ein weiteres
Doch damit endet es in der Regel nicht, denn „die meisten wollen nach ihrem ersten Tattoo irgendwann noch eins“, verrät Julie. Es gesellt sich also schnell ein weiteres Motiv an anderer Stelle hinzu. Und welche kurzfristige Modeerscheinung hat sie bei den Motiven in letzter Zeit beobachten können? Julie muss nicht lange überlegen:
Flügel mit Federn waren sehr beliebt und chinesische Schriftzeichen. Das flaut jetzt aber wieder ab.
Ganz im Gegensatz zu den Heimatmotiven, die weiterhin gerne gewählt werden. Gerade hat Julie ein Brauerwappen gestochen. Auf eine Männerwade. Echte Heimatverbundenheit, die bleibt und gerne auch unter die Haut gehen darf.
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