Es war einmal ein Bürgermeister eines kleinen Ortes, durch den täglich sehr viele Autos fuhren. Die Bewohner und auch der Dorfvorsteher wollten dem Verkehrschaos endlich ein Ende setzen. So wurde eine Straße geplant, die außerhalb des Ortes vorbeiführte. Doch da die Straße durch ein Waldstück ging, kam die gute Fee der Waldfrösche und machte den Planern einen Strich durch die Rechnung. Was nun? Es wurde eine neue Straße geplant, die es sogar in das große Verkehrsbuch des Landes schaffte. Doch die neu geplante Straße gefiel nicht jedem.
Viele Bewohner zweifelten am Nutzen der Straße und fürchteten, dass ihr schönes Land dadurch “verschandelt” würde. Befürworter und Gegner stritten sich nun heftig, welche Lösung denn die bessere sei. Das Geschrei nach einem Machtwort des Bürgermeisters wurde immer lauter. Er sollte die Lösung bringen, mit der alle zufrieden sind. Doch der Bürgermeister war ebenfalls ratlos und versteckte sich in seinem Kämmerlein. Das viele Geschrei war ihm zu laut. Er wollte erst einmal abwarten.
Kein gemeinsamer Nenner
Märchen gibt es gerade bei heiß diskutierten Themen wie der Südumfahrung genug – zum Beispiel, wenn es um die Meinung der Bürger geht. Wir haben die Bewohner des kleinen Ortes mal gefragt, was sie sich für eine Lösung wünschen. Ein Holzkirchner etwa, der schon seit vielen Jahren hier lebt, schwelgt in der Vergangenheit und ist für die erstgeplante, ortsferne Umgehungsstraße:
Das geht jetzt schon lange so. Ich sehe den Verkehr und die Staus jeden Tag. Das ist eine Katastrophe. Vor allem der Fernlastverkehr, der ständig durch den Ort brettert, nur damit sie keine Markerl zahlen müssen. Die ortsferne Umgehung wäre ideal gewesen. Es kann doch nicht sein, dass ein paar Frösche so wichtig sind, dass wir hier jeden Tag im Stau ersticken.
Auch Mitbürger Karl-Heinz Klingohr ist davon überzeugt, dass Holzkirchen dringend eine Umgehungsstraße braucht. Doch in der Rolle des Bürgermeisters darüber zu entscheiden, finde er schwierig. “Dem sind doch die Hände gebunden”, urteilt Klingohr.
Doch nicht alle befürworten eine Umgehungsstraße – ob nun eine ortsnahe oder ortsferne. Basti Gritschneder hält eine solche Lösung für nicht zukunftsträchtig:
Ich sehe die Lösung nicht im Bau einer Umgehungsstraße, sondern im Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Ich finde Straßenbau generell sehr schwierig. Je mehr Straßen es gibt, desto mehr fahren die Leute auch Auto und nehmen immer seltener den Bus oder die Bahn.
Diese Meinung teilt Tobias Süssmann. Auch er sieht im Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs die Lösung für die Verkehrsbelastung in Holzkirchen. Laut Süssmann müsse man sich an Schweizer Modellen orientieren, die schon seit 35 Jahren einen vorbildlichen Nahverkehr pflegten.
Hier meint Süssmann eine stündliche Anbindung nach Holzkirchen in einem Umkreis von 20 Kilometern. “Damit bekommt man die Akzeptanz von den Leuten, sodass die öffentlichen Verkehrsmittel auch genutzt werden”.
Reinhardt Ludwig, Marktverkäufer in Holzkirchen, bekommt die Klagen über den Verkehr hautnah mit:
Die Anwohner schimpfen über den Lärm und den Schmutz. Die Umgehungsstraße hätte es schon vor zehn Jahren gebraucht. Ich denke, der Bürgermeister hat längst eine Position zu diesem Thema. Er gibt sie nur noch nicht bekannt, weil er nicht weiß, was seine Bürger denken.
Elfriede Eiler ist geborene Holzkirchnerin und sieht das Verhalten des Bürgermeisters etwas anders:
Die Umgehungsstraße ist dringend notwendig. Ich verstehe nicht, warum sich der Bürgermeister nicht eindeutig positioniert. Es muss ja irgendwann einmal eine Entscheidung fallen. Ich persönlich bin für eine Trasse, bei der Hartpenning und Kurzenberg dabei sind. Sonst ist das ja wieder nur eine halbe Sache.
Dabei hat Olaf von Löwis bereits mehrfach betont, dass er eine Südumgehung grundsätzlich befürwortet: “Wir sollten die Tür, die aufgemacht wurde, unbedingt nutzen”, sagte der Bürgermeister der HS kurz nach Bekanntwerden des BVWP-Entwurfs. Ein beiderseitiges Kommunikationsproblem also?
Laut dem Holzkirchner Hermann Marketsmüller muss in erster Linie der Bürger entlastet werden. Das Zögern des Bürgermeisters könne er jedoch verstehen. Es sei schwierig, in der Sache eine Entscheidung zu fällen. Jede Seite möchte etwas anderes. So geschlossen gegen die Südumfahrung, wie es vier gesammelte Bürgerinitiativen jüngst veranschaulichen wollten, sind die Holzkirchner jedenfalls nicht.
Und wenn sie noch nicht gestorben sind, dann streiten sie noch heute.
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