Nach dem Gasdesaster vor rund zwei Monaten steuert das Holzkirchner Geothermieprojekt auf die letzte Etappe zu. Wie der Holzkirchner Merkur berichtet, dockte der “Sidetrack” vor wenigen Tagen am sogenannten Malmkarst an, der den Hoffnungen aller Beteiligten zufolge das kostbare heiße Thermalwasser enthalten soll.
Damit ist der vierte Bohrabschnitt abgeschlossen und konnte bereits im Gestein verrohrt und zementiert werden. Bei der finalen Etappe wird das jedoch nicht möglich sein, wird der Leiter der Gemeindewerke, Albert Götz, zitiert:
Wir wollen uns ja möglichen Wasserzulauf nicht blockieren.
Deswegen setzt man stattdessen auf den letzten Metern auf perforierte Rohre. Bevor man endgültig weiß, ob das Thermalwasser und damit das Geld wie gewünscht sprudelt, muss jedoch die finale Sektion abgeschlossen werden – am Wochenende geht es los, schon in zwei Wochen könnte dann bei den Pumpversuchen die Millionenentdeckung erfolgen. Götz gegenüber der Zeitung:
Um zu wissen, ob die Bohrung fündig war, müssen wir leider bis zur letzten Sekunde warten.
Bei der Begleichung des Schadens, den die Fehlbohrung vor einigen Wochen verursachte, ist man indes optimistisch, dass die Versicherung die komplette Summe übernimmt. Es sei bereits Geld geflossen, heißt es von Götz.
Ursprünglicher Artikel vom 29. April 2016 mit der Überschrift: „Funktioniert der Plan B?“
Anfang April kam es beim Geothermieprojekt in Holzkirchen zu Problemen. Unerwartet stieß man auf Gas. Ein zweiter Bohrpfad musste eingerichtet werden. Jetzt zeigt sich, ob der Plan B funktioniert.
Seit Anfang des Jahres bohrt sich der Meißel auf dem Areal in der Alten Au in den Boden. Lange liefen die Arbeiten des Geothermie-Projekts gut. Stolze 4186 Meter hatte sich der Bohrmeißel vorgearbeitet. Doch dann die Überraschung: Anstelle von heißem Thermalwasser stieß man auf Gas – und zwar auf unerwartet viel.
Aufgrund des hohen Gasaustrittes wurde nun ein zweiter Bohrpfad eingerichtet, der circa 15 Grad von der ursprünglichen Strecke abweicht. Mit dem sogenannten „Sidetrack“ umgeht man mit einem Abstand von 400 Metern die gashaltigen Schichten, und hofft so das Bohrziel über einen Umweg erreichen zu können. Durch diese ungeplante Maßnahme kommt es nun zu Verzögerungen und einen haushohen Schaden im siebenstelligen Bereich. Die Rede ist von zwei bis drei Millionen Euro. Albert Götz, Leiter der Gemeindewerke Holzkirchen, verkündet jetzt zufrieden:
Wir sind fast wieder im Plan.
Mit dem Sidetrack konnte der gasführende Bereich erfolgreich umfahren werden. Anfang April wurde in dem unteren Bereich des bereits verrohrten Bohrabschnitts in zirka 2.400 Meter Tiefe ein Ablenkkeil ins Bohrloch gesetzt und ein Fenster in das Stahlrohr gefräst. Von dort ging es mit einer Ablenkung von zirka 13 Grad wieder in die Tiefe, diesmal Richtung Osten. Mittlerweile ist bei dem Sidetrack eine Tiefe von 4.311 Meter erfolgreich abgebohrt.
„Diese Bohrung des Sidetracks verlief super“, informierte Dietmar Flieder, Mud Logger der Firma GEO-data GmbH, die angehenden Bohrtechniker der Fachschule für Technik „Julius Weisbach“ aus Freiburg. Sie haben gestern zusammen mit zwei Lehrkräften im Rahmen einer Exkursion den Bohrplatz in der Alten Au besucht.
Das “Blut der Bohrung”
Einige der Exkursionsteilnehmer besuchten zum ersten Mal eine Tiefbohrung, so auch Tobias Matschke, der feststellte: „Die Praxis ist eindeutig anschaulicher als die graue Theorie.“ Wie ihr Berufsschullehrer, Dipl. Ingenieur René Richter, erzählte, gebe es leider nur wenige Möglichkeiten eine aktuelle Tiefbohrung zu besichtigen.
Rund zwei Stunden dauerte allein die Führung mit dem Toolpusher Andreas Bull von der Bohrfirma ITAG Tiefbohr GmbH über den Bohrplatz. Der Toolpusher ist für Koordination aller Arbeiten auf dem Bohrplatz verantwortlich und leitet die Bohranlage.
Viele Fragen stellten die Schüler bezüglich der Aufgaben des Spülungstechnikers, der für die Zusammensetzung der Bohrspülung verantwortlich ist. Diese ist ein wichtiger Bestandteil bei Tiefbohrungen und wird auch das „Blut der Bohrung genannt.“ Denn sie erfüllt viele wichtige Funktionen, wie z. B. die Kühlung des Meißels, die Bohrlochreinigung sowie -stabilisierung.
Großes Interesse zeigten die angehenden Techniker auch an der Arbeit des Mud Loggers. „Mud“ kommt aus dem Englischen und kann mit Schlamm übersetzt werden. „Loggen“ bedeutet das Sammeln von Daten. Wie Mud Logger Dietmar Flieder erläuterte, werde zwar immer noch fast wie vor 100 Jahren das Bohrklein (cuttings) mit einem Spatel von der Bohrung geholt und getrocknet und dann vom Mud Logger unter dem Mikroskop untersucht. „Dank der digitalen Datenverarbeitung haben nun alle Gewerke auf dem Bohrplatz aktuellen Zugriff auf die aufbereiteten Informationen“, so Flieder.
Thermalwasser bald erreicht?
Auch Gudrun H., Dipl. Ing. mit der Fachrichtung Bohrtechnik beim Planungsbüro Erdwerk, bestätigte den Schülern: „Der Rohreinbau bei der dritten Sektion ging ohne Probleme. Die Zementation ist bereits fertig. Nun muss der Zement 48 Stunden aushärten.“ Auch während der Aushärtungsphase werden immer wieder Proben entnommen, um zu sehen, wann die richtige Härte erreicht ist. Diese Wartezeit wird bereits zur Vorbereitung der Bohrung zur vierten Sektion genutzt.
Dazu gehören diverse Umbaumaßnahmen wie zum Beispiel die Vorbereitung des Bohrgestänges für den nächsten Abschnitt. Ab dem kommenden Wochenende wird die neue Sektion in Angriff genommen. Dieser vergleichsweise kurze Bohrabschnitt führt in eine Tiefe bis zirka 4.700 Meter. Ab voraussichtlich Mitte Mai wird dann der letzte Teilabschnitt, die fünfte Sektion, im Malm gebohrt. In diesem Zielreservoir, davon wird ausgegangen, befindet sich das heiße Thermalwasser.
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