Schon gestern konnten Schüler der Realschule Tegernseer Tal einen Eindruck aus erster Hand gewinnen. Ein ehemaliger Flüchtling berichtete über seine Erlebnisse.
Umes Arunagirinathan ist heute 36 Jahre alt, machte Abitur, studierte und arbeitet nun als Arzt in Hamburg. Dass sich sein Leben so gefügt hat, wie es heute ist, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Einst musste er aus seinem Heimatland Sri Lanka vor dem drohenden Bürgerkrieg flüchten. Seine bewegende Geschichte hat er in einem Buch aufgeschrieben und die Realschule Tegernseer Tal lud ihn ein, den Schülerinnen und Schülern vorzulesen und zu erzählen, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein.
Neun Monate Irrfahrt
„Nachdem meine Schwester im Bürgerkrieg in Sri Lanka ums Leben gekommen ist, haben meine Eltern all ihr Geld zusammengekratzt, um einen Schlepper zu bezahlen, der mich nach Deutschland bringen sollte“, erzählte Umes. Neun Monate lang dauerte die Irrfahrt quer durch die Welt, die für den damals zwölf Jahre alten tamilischen Jungen glücklich in Deutschland enden sollte.
Seine Kindheit war mit der eines zwölfjährigen Jungen aus dem Tegernseer Tal nicht zu vergleichen. Kaum ärztliche Versorgung, kein Kühlschrank, kein Fernseher. Mit elf Jahren eröffnet er einen „Laden“ am Straßenrand, wo er Obst und Gemüse verkauft, um die Familie zu unterstützen. Als der Bürgerkrieg und die Bomben immer näher rücken, schicken ihn seine Eltern weg, um in Deutschland ein besseres Leben zu finden. Eine bewegende Geschichte, die hinsichtlich der aktuellen Flüchtlingsproblematik aktueller ist denn je. Das fanden auch die Gmunder Realschüler, die den Ausführungen gebannt lauschten.
„Krass!“, so lautete der Kommentar einer Zehntklässlerin auf die Frage, wie sie die Erzählung fand. „Besonders schlimm fand ich, dass Deutschland ihn auch nach dem Abitur noch abschieben wollte.“ In der Tat mussten sich damals Mitschüler, Lehrkräfte und viele Eltern massiv für Umeswaran einsetzen, sodass er als Härtefall eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erhielt.
Als ein Sechstklässler fragt, wie er denn über die Asylbewerber denke, schluckt Arunagirinathan kurz. „Ich fühle mit ihnen. Niemand verlässt sein Land, seine Familie einfach so, um sich auf einen völlig ungewissen Weg zu machen.“ Auch er, erklärt er, wäre liebend gerne in Sri Lanka geblieben, wenn nicht der Krieg sein Land und seine Familie zerstört hätte.
Realschule zeigt sich solidarisch
„Zufällig haben wir davon erfahren, dass Herr Arunagirinathan am Tegernsee ist, um an seinem neuen Buch zu arbeiten. Wir haben ihn dann kontaktiert und freuen uns sehr, dass er spontan zugesagt hat, in unserer Schule zu lesen. Gerade vor den aktuellen Ereignissen bietet diese Begegnung für unsere Schülerinnen und Schüler eine tolle Chance, besser zu verstehen, was es bedeutet, Zuflucht zu suchen und auf die Hilfe der Mitmenschen angewiesen zu sein“, erklärte der Konrektor der Realschule Tegernseer Tal, Tobias Schreiner.
Die Schule nutzte den Anlass auch, um sich konkret mit den Zufluchtsuchenden im Tegernseer Tal solidarisch zu zeigen: Jede Familie wurde um einen Euro als Spende gebeten und so kamen 500 Euro zusammen, die die Vorsitzende des Elternbeirats Rosmarie Kohl als kleine Hilfe für die Flüchtlinge übergeben konnte, die in diesen Tagen in Tegernsee erwartet werden. Der Tegernseer Bürgermeister Johannes Hagn, der die Spende entgegennahm, zeigte sich sehr berührt: „Ein hervorragendes Engagement, das zeigt, dass wir ein Herz für Flüchtlinge haben. Ein großer Dank an alle Eltern. Wir werden das Geld sinnvoll einsetzen.“
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