Heimat auf dem Teller

Frische Erdbeeren aus dem eigenen Garten im Glas als Marmelade konserviert. Der Schweinekrustenbraten, der schmeckt wie damals bei der Oma. Rot karierte Tischdecke auf dekorativen Vollholztischen.

Heimatgefühle stehen hoch im Kurs, wenn es darum geht, den Verbrauchern Essen schmackhaft zu machen. Auch am Tegernsee. „Regionales“ liegt im Trend. Doch warum eigentlich?

Produkte, die in der Theke der Naturkäserei verkauft werden, stammen aus nächster Nähe
Produkte, die in der Theke der Naturkäserei verkauft werden, stammen aus nächster Nähe.

„Regional ist erste Wahl.“ Mit diesem Slogan fordert der Bund Naturschutz (BN) dazu auf, sich möglichst von Lebensmitteln aus der näheren Umgebung zu ernähren. Während 95 Prozent der Menschen dies vor hundert Jahren noch taten, können heute viele der Versuchung nicht widerstehen, die die Nahrungsmittelvielfalt aus aller Welt im Supermarktregal bietet.

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Alles wird immer verfügbarer. Geht man im Supermarkt einkaufen, dreht man sich schnell im Karussell der Werbeindustrie um die eigene Achse. Doch die globalisierte Beschleunigung verunsichert viele Verbraucher.

Wiedererwachte Heimatgefühle

Die Sehnsucht nach beständigen Werten, nach Gewissheit wird immer größer. Laut Ökobarometer kaufen immer mehr Verbraucher direkt beim Erzeuger. Dies legt den Schluss nahe, dass kurze und nachvollziehbare Wertschöpfungsketten beliebter werden. Eine Tatsache, die auch die Werteproduzenten im Tal freut.

Wiedererwachte Heimatgefühle sind Alltag geworden. Die Kunden wollen wissen, woher die gekauften Produkte kommen und sie vertrauen eher den Erzeugnissen aus ihrer Heimat. Ein Vorzeigebeispiel dazu ist die Naturkäserei Tegernseer Land. Hans Leo und sein Team haben es geschafft, eine höhere Wertschöpfung zu erzielen, die traditionelle Landwirtschaft zu stärken und die heimischen Landschaftsstrukturen ein Stück weit zu erhalten. Er ist auch selbst überzeugter Verbraucher seiner eigenen Produkte.

Wie die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft festgestellt hat, hat sich das Thema Regionalität in den letzten Jahren zu einem Trend-Thema in den Lebensmittelmärkten entwickelt. Gastronomie, Handel und Erzeuger haben diesen Trend für sich entdeckt und versuchen, ihn durch entsprechende Inhalte zu besetzen. In den Regalen und auf den Speisenkarten findet man deshalb Marken und Produkte, die regional sind oder dies zumindest suggerieren wollen.

Im vom Stress geplagten Alltagsleben

Eine großartige Werbung hat die Fischerei Tegernsee nicht nötig. Der Verkauf erfolgt direkt aus der Ladentheke. Dort gibt es zwar auch Fischspezialitäten von weiter her. Doch das Meiste ist einmal im Tegernsee geschwommen, was hier verkauft wird. Weil viele seiner Grundzutaten aus der Region stammen, präsentierte Starkoch Walter Leufen aus der Rottacher Genusswerkstatt sein letztes Kochbuch „Cucina casalinga“ direkt in der Fischerei. „Das ist einer meiner wichtigsten Lieferanten“, betont er.

Neben den beiden Paradebeispielen, wie Regionalität funktionieren kann, engagieren sich auch beim Verein der Solidargemeinschaft Oberland aktive Menschen, denen viel an einer lebenswerten Zukunft in ihrer Heimat liegt.

Über seine Produkte mit der Fischerei verbandelt: Küchenkünstler Walter Leufen (re.)
Über seine Produkte mit der Fischerei verbandelt: Küchenkünstler Walter Leufen (re.)

So wird die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und besonderen regionalen Produkten – wieder – eine gemeinsame Sache. Viele Produzenten, auch solche, die vielleicht nicht direkt aus dem unmittelbaren Umfeld stammen, bedienen sich der Regionalität als Zugpferd für ihre Produkte. In der Kommunikation setzt man deshalb häufig auf den Konsumenten, der eher Bauch- als Kopfentscheidungen trifft. Der sich im vom Stress geplagten Alltagsleben nach einem kleinen Stück Idylle sehnt.

Da sind die Früchte im Marmeladenglas, die vielleicht nicht aus dem heimischen Garten stammen. Oder die Hühnereier, deren Herkunft weit weg vom Freiland liegt. Wie viel Heimat kauft man wirklich? Wer würde in der Orangensaftflasche hinter dem Etikett „Heimische Früchte“ das Obst aus Mittelamerika erwarten? Oder die Erdbeeren für die „Hofladen Marmelade mit heimischen Früchten“ aus dem Baltikum und Südosteuropa?

Das Geld bleibt in der Region

„Heimat“ scheint also ein dehnbarer Begriff zu sein. Der Anteil heimischer Rohstoffe in den regionalen Produkten schwankt zwischen zehn und 100 Prozent. Wie ein aktueller Artikel vermeldet, dürfen das die Vermarkter selber entscheiden. Für regionale Lebensmittel gibt es nämlich keine genauen Vorschriften. Es reicht, wenn die Erzeugung oder Verarbeitung in der Region erfolgten. Solange ein Teil der Produktion in Deutschland ist, kann man den Spargel aus Rumänien getrost als Deutschen Spargel verkaufen.

Auch wenn in der Werbung auf dem Kaffeetisch im Wald gefundene Deko-Stücke stehen, deren Rinde noch feucht ist oder selbstgebackene Plätzchen aus Omas Ofen. Wer sichergehen möchte, dass sein Produkt wirklich wenige Kilometer auf dem Rücken hat, kauft am besten direkt beim Erzeuger oder Hofladen um die Ecke. Und das Beste daran: Ein großer Teil des Geldes bleibt in der Region.

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