An die 400 Asylbewerber sind momentan im Landkreis Miesbach untergebracht. Im Tegernseer Tal sind es derzeit fast 60 Menschen. Rund um den See hat sich die Anzahl der Flüchtlinge in diesem Jahr vervielfacht. Während bis August 2013 noch kein einziger Asylbewerber untergebracht war, ist Stand jetzt beispielsweise die Tegernseer Turnhalle mit 40 Menschen voll bis unters Dach.
Der Landkreis ist zur Aufnahme der Asylsuchenden verpflichtet. Durch einen bestimmten Verrechnungsschlüssel – den sogenannten „Königssteiner Schlüssel“ – ergibt sich die Zahl der Menschen, die über den Bund auf Bayern, auf die Landkreise und damit auf die Gemeinden verteilt werden. Wie und wo die Menschen untergebracht werden, bleibt zum Schluss dem Landkreis überlassen. Die Behörden sind darauf angewiesen, dass Unterkünfte von den Bürgern beziehungsweise Gemeinden angeboten werden.
Wenn plötzlich Menschen vor der Tür stehen
Weil die von Vermietern zur Verfügung gestellten Wohnungen auch im Tal nicht ausreichen, war man ab diesem Herbst dazu gezwungen, Turnhallen als Notunterkünfte zur Verfügung zu stellen. Weil es den Flüchtlingen dort vor allem an Privatsphäre fehlt, ist das eine nicht sehr glückliche Lösung. Aber eben nicht vermeidbar, weil die Anzahl der Flüchtlinge stetig zunimmt.
Eine weitere Herausforderung für Landratsamt und Kommunen stellt die Tatsache dar, dass die Menschen sehr kurzfristig ankommen. „Wir erwarten zwölf weitere Asylbewerber“, damit sah sich der Tegernseer Geschäftsleiter Hans Staudacher Anfang November konfrontiert. Wann und wie die Flüchtlinge in Tegernsee eintreffen sollten, darüber konnte die Stadt zu dem Zeitpunkt keine genauen Angaben machen.
Mehr als 20 Flüchtlinge waren bis dato in der alten Turnhalle untergebracht. Nachdem am 17. Dezember weitere 17 Personen überraschend aus der Erstaufnahmestelle in Garmisch-Partenkirchen eingetroffen waren, war die Maximalbelegung der Tegernseer Halle erreicht.
Zuständig für die Verteilung der Flüchtlinge in die verschiedenen Unterkünfte in der Region ist die Regierung von Oberbayern. Doch es scheint ein gewisses Kommunikationsdefizit zwischen den Behörden zu geben. „Das Ganze ist etwas eigenartig organisiert“, hatte der Sprecher des Landratsamts Miesbach, Gerhard Brandl, erklärt.
Eigentlich ist angedacht, dass die für den Landkreis Miesbach vorgesehenen Asylbewerber von den Erstaufnahmestationen zunächst an das Landratsamt weiter verwiesen werden. Dort sollen die Personalien aufgenommen und die Papiere überprüft werden. Doch so recht klappen will das in der Praxis nicht immer. Einmal hatten die Verantwortlichen des Landratsamts vergeblich gewartet, wie Brandl erklärte. So geschehen, als die Regierung von Oberbayern Asylbewerber gleich zur Turnhalle nach Tegernsee schickte.
Damals waren ein Mann und eine Frau aus Syrien abends gegen 21:15 Uhr am Tegernseer Bahnhof angekommen. Weder das Landratsamt noch die Stadt waren vorher informiert worden. Das Prozedere ist dabei etwas verwirrend: Zwar werden in der Regel die Flüchtlinge mit einem gültigen Bayernticket und einer Wegbeschreibung zu ihrer Unterkunft ausgestattet. Den Flüchtlingen wird jedoch nicht vorgeschrieben, auf welchem Weg sie anreisen beziehungsweise welchen Zug sie nehmen sollen.
Tegernsee trägt momentan die Hauptlast
In Tegernsee hat man sich inzwischen mit den diffusen Anreiseverhältnissen arrangiert. So wurden die Kontaktdaten der städtischen Ansprechpartner am Bahnhof hinterlegt. Für alle Fälle, falls demnächst wieder spätabends Asylbewerber am Bahnhof ankommen, ohne dass die Behörden vor Ort informiert wurden, kann man sich dann direkt an Hans Staudacher wenden.
Während Tegernsee die Hauptlast in der Flüchtlingsunterbringung trägt, hat man in den anderen Talgemeinden zumindest eingesehen, dass man bei der Bewältigung des Menschen-Ansturms zusammenstehen muss. Doch Plätze gibt es nicht überall genug.
Zumindest in Bad Wiessee gibt es derzeit einen Lichtblick. Dort leben aktuell sieben Asylbewerber in der Gemeinde. Nachdem bestimmte Gebäude wie etwa die Wandelhalle als Unterbringung ausgeschlossen wurden, haben die Verantwortlichen im Rathaus mit dem Kauf von „Haus Rheinland“ den Boden bereitet für eine weitere Aufnahme. 25 Menschen können dort voraussichtlich ab Februar einziehen.
In Rottach-Egern hat die katholische Pfarrgemeinde immerhin eine Flüchtlingswohnung zur Verfügung gestellt – nachdem im Gemeindegebiet lange kein einziger Flüchtling lebte. Eigentlich müsste die Gemeinde laut Bürgermeister Christian Köck aber 22 Asylbewerber aufnehmen. Zumindest, wenn es nach dem Königssteiner Schlüssel geht. Die 200 Gemeindewohnungen sind derzeit aber belegt und es gab auch keine Wohnungsangebote von Vermietern.
In Kreuth wurden bis dato fünf Flüchtlinge aufgenommen. Ob in der Gemeinde weitere Plätze geschaffen werden sollen, ist derzeit nicht bekannt.
Ansturm ungebrochen
Dagegen ist man in Gmund laut Bürgermeister Georg von Preysing gut auf einen möglichen Ansturm von Asylbewerbern vorbereitet – obwohl sich ein Einfamilienhaus in Dürnbach als Aufnahmemöglichkeit zerschlagen hatte. Monatelang hatte es ein Tauziehen gegeben um die Unterbringung von Asylbewerbern in dem Wohngebiet.
Im Juni folgte dann eine überraschende Wendung, als der Eigentümer mitteilte, dass er sein Angebot für die Unterbringung von zwölf Flüchtlingen zurückziehen wolle. Stattdessen haben die Gmunder nun die alte Seeturnhalle als Notunterkunft zur Verfügung gestellt, in der bis zu 25 Menschen untergebracht werden können. Auch freiwillige Helfer stehen laut Bürgermeister von Preysing schon in den Startlöchern.
Der Wunsch nach einem koordinierteren Ablauf im Tegernseer Tal ist da, wenn es um die Anreise von Asylbewerbern geht. Ob das jedoch in nächster Zeit in Erfüllung gehen wird, ist fraglich. Eines ist sicher: Es werden noch mehr Flüchtlinge an den Tegernsee kommen. Im Landratsamt in Miesbach rechnet man mit einem landkreisweiten Anstieg auf 700 im Jahr 2015. Und spätestens dann sollte die Solidarität unter den Talgemeinden kein bloßes Lippenbekenntnis mehr sein.
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